Ich war nur kurz bei Paul
hat, erzählt uns der Ralf im Anschluss! Jedenfalls kam mir die Idee, dass es sich um einen Racheakt des Sohnes von Frau Luckner handeln musste. Er war ja während der Sommerferien nicht im Internat, sondern sicherlich zuhause in Lübeck und hatte damit Zugang zu den Geschäftsbriefbögen seiner Mutter, die meine Galeristin ist.« Nun wandte Paul sich an Ralf. »Junge, ich hätte dir das natürlich schon früher sagen sollen, aber ich alter Esel hatte Sorge, dass du beleidigt sein könntest, wenn du wüsstest, dass ich mit Maiks Mutter Geschäfte mache. Klingt ja auch irgendwie blöd. Aber vielleicht erzählst du uns jetzt einmal die Geschichte von Maik!«
»Muss ich wirklich? Ist das denn wichtig?«
»Wir wollen doch keine Geheimnisse vor deiner Mutter haben, oder?«
Und dann begann Ralf zu berichten. Nachdem seine zunächst stockende Erklärung zunehmend in Fluss kam, hingen die Augen seiner Zuhörer gebannt an seinen Lippen. Als die Rede dann auf die Begebenheit mit der Würfelzucker-Sabotage kam, lachten alle schallend, bis auf Ralfs Mutter. Paul beobachtete, dass sie den Ausführungen ihres Sohnes zwar aufmerksam, aber auch nachdenklich folgte. Sie unterbrach ihren Sohn jedoch nicht. Als Ralf schließlich erwähnte, dass er vor einigen Monaten beim Gassi-Gehen von Maiks Komplizen gesehen worden war, da fügte sich ein Puzzleteilchen ans andere.
Als Ralf fertig war, übernahm Frank Heise den Rest, den es zu erzählen gab. Die Kripo hatte bei der Durchsuchung im Atelier nichts Belastendes finden können, die Laboruntersuchung des Schriftstückes förderte zwar keine Fingerabdrücke von Maik zutage, es wurde aber eindeutig festgestellt, dass das Schreiben aus Maiks Computerdrucker stammte und nicht vom Geschäftsdrucker seiner Mutter. Die Untersuchung der Festplatte von Maiks PC bewies dann, dass der PC zum fraglichen Zeitpunkt einen Druckauftrag mit entsprechendem Inhalt verarbeitet hatte. Zudem wurden der SMS-Verkehr von Maiks und Todds Handys ausgewertet - und damit galt der Fall als aufgeklärt. Maik hatte von Todd das Kokain bekommen. Der Dealerring flog auf. Jetzt warten Todd und drei seiner Helfer in der Untersuchungshaft auf ihren Prozess. Ihre Drogengeschäfte wiesen doch einen beträchtlicheren Umfang auf als anfänglich angenommen worden war.«
»Und was ist aus Maik Luckner geworden?«, wollte nun Frau Hoffmann wissen.
Paul räusperte sich, bevor er antwortete: »Tja, dieser Maik Luckner. Tzz, tzz, tzz, ein ganz gerissenes Bürschchen, will ich meinen. Der hat doch glatt behauptet, dass er von Todd erpresst worden sei. Der hätte ihm angeblich gedroht, weil Maik noch Schulden bei ihm gehabt hätte. Diese sollten durch den erfolgreichen Schmuggel beglichen werden. Die Briten prüfen diese Version zurzeit noch. Ich glaub nicht, dass das stimmt. Das wird 'ne Ausrede sein, aber jedenfalls hat sie dazu geführt, dass Maik nicht in U-Haft genommen wurde. Fluchtgefahr bestünde bei ihm schließlich keine.«
Alle schwiegen. Schließlich seufzte Yvonne, die während der ganzen Zeit ihren Jungen nicht aus den Augen gelassen hatte. »Ralf, warum hast du mir denn nie etwas von deinen Schwierigkeiten erzählt? Das ist ja alles ganz fürchterlich! Hast du denn kein Vertrauen zu mir? Ich verstehe das nicht! Wir haben doch sonst immer über alles gesprochen, warum hast du mir nichts von diesen üblen Burschen erzählt, die dich und deine Mitschüler so gequält haben? Warum?«
Paul spürte eine sich aufbauende Spannung, die nun greifbar über ihnen zu schweben schien. Ralf guckte betreten auf seinen Teller, mochte seiner Mutter nicht in die Augen sehen.
Paul widerstand dem Impuls, seinem jungen Freund mit einer Erklärung beizustehen. Nein, da musste er jetzt durch und Farbe bekennen!
»Ralf... schau mich an und antworte mir! Warum hast du nichts gesagt? Ich hätte dir doch geholfen!« Nun blickte Ralf auf, seine Kiefer mahlten, dann atmete er tief durch und begann zu sprechen.
»Mama! Solche Dinge gibt es auf jeder Schule, an jedem Ort, in jedem Land, selbst schon - im kleineren Maßstab zwar - im Kindergarten! Das sind Situationen, da können einem Eltern nicht helfen, die muss man selbst regeln, sonst ist es mit deiner Anerkennung für immer vorbei. Hat man erst den Stempel eines Muttersöhnchens, dann ist es aus und vorbei; dann wird man nur noch verspottet, getreten und missachtet. Mittlerweile weiß ich, dass ich stark genug und kein Angsthase bin,
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