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Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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dass Frau Kruse dir die Tickets verkauft hat. Die gelten nur morgen! Das sollte reichen, meine ich, damit meine Kollegin, falls ich nicht selbst hier sitze, die Tickets akzeptiert.«
       Sie schließt ihre Kassette wieder ab, steckt sie umständlich in ihre braune Aktentasche, wirft noch einen prüfenden Blick auf den Plattformmonitor und schaltet dann eine Reihe von leuchtenden Schaltern aus, die in dem Schaltkasten an der Seitenwand des Kassenhäuschens untergebracht sind.
       Der Monitor flimmert weiterhin, zeigt jetzt aber Dunkelheit, nur von Leuchtpunkten unterbrochen. Ralf erkennt, dass das die Lichter der Stadt und der vorbei fahrenden Autos sind. »So, fertig. Du musst jetzt auch gehen! Ich schließe hinter uns ab.«
       »Ja klar! Und vielen Dank noch!«
       »Ja, ja!«, brummt Frau Kruse, zieht sich ihre Jacke über und schaltet das letzte Licht im Turmfoyer aus. Die schwere Turmtür hallt beim Schließen dumpf wider. Sie schließt umständlich ab und prüft routinemäßig noch einmal, ob sie auch fest verschlossen ist. Dann geht sie ihrer Wege.
     
    Ralf sieht sich nach Julius um. Dieser steht im Hauseingang gegenüber. Rasch geht er zu ihm.
     
       »Und, was ist?«
       »Alles roger!«  
      
    Die Straße ist menschenleer. Schnell gehen sie zurück zur Turmtür. Julius schließt sie auf und sperrt hinter ihnen sofort wieder ab. Das Kassenhäuschen steht offen. Sie sehen, dass sich der Fahrstuhl in Betrieb setzt und auf dem Weg nach unten ist. Mit einem raschen Griff und im Lichte seiner mitgebrachten LED-Leuchte legt Julius den schwarzen Schaltknebel im Schaltkasten um, das Licht der Liftanzeigen erlischt. Ein weiterer Griff - und Julius trennt das Modem, welches mit dem Alarmknopf in der Kabine verbunden ist, von der Batterieversorgung und macht es damit stromlos. Dadurch ist es unmöglich, aus der Kabine die Notfallzentrale zu erreichen.
     
       »So, und jetzt lassen wir den Herrn doch mal einige Zeit da oben schmoren... Spielen wir ein bisschen Mau Mau?«
       Ralf nickt, gibt sich cool, obwohl er aufgeregt ist. Julius zieht gelassen sein Kartenspiel hervor. Fern von oben aus dem Turm hören sie schadenfroh gedämpfte Rufe und dumpfes Fäustehämmern. »Ja, schrei nur! Ich glaube, dem geht der Arsch jetzt schon auf Grundeis. Mal sehen, was er nach einer Stunde sagen wird.«
       »Meinst du wirklich, dass wir ihn so lange abhängen lassen sollten?«
     
       »Hast du etwa Schiss?«
       »Nee, ich mein ja nur.«
     
       Cool halten sie die Stunde durch, die sie sich vorgenommen haben zu warten. Im Turm ist es mittlerweile ruhig, nur vereinzelt hören sie Maik rufen und hämmern. Die Turmuhr schlägt zur vollen Stunde, Julius steckt die Karten ein und gibt damit das Signal, dass ihre vorbereitete Aktion beginnt.
    Er entnimmt seiner Jackentasche ein kleines Elektronikgerät, an welches er ein langes Kabel anschließt, das am anderen Ende eine Mikrofonkapsel trägt. Stimmenmodulator, erklärt Julius. »Er darf uns nicht an der Stimme erkennen. Hier, halte  dir das Gerät einmal ans Ohr!« Julius spricht zum Testen ein paar Worte in die Mikrofonkapsel. Ralf ist begeistert. 
       »Ist ja irre! Das klingt ja, als spräche Al Capone persönlich.«
       »Geil, was? Gibt's in jedem Elektronikversand, null Problemo!« Er biegt den Schwanenhals des Tischmikrofons ganz zur Tischplatte hinunter und positioniert das Gerät in kurzem Abstand davor. »Jetzt wollen wir doch mal sehen, wie gut die Nerven vom lieben Maiki sind. Das Spiel beginnt.«
     
    Ralf hält seinen MP3-Player in der Hand. Julius drückt die grüne Verbindungstaste zum Lift.
     
      »Hallo Maiki, mein Freund, wie geht es dir da oben? Ich hoffe, du hast es gemütlich?« 
     
    Ralf hört die beeindruckend modulierte Stimme aus dem kleinen Gerät - sie klingt beinhart. Julius lässt den Knopf los und nun hält Ralf seinen MP3-Player an das Lautsprechergitter auf dem Tisch; die Aufnahme-LED leuchtet rot.
     
    Sie hören die angstvolle Stimme Maiks:
     
    »Wer, wer ist denn da? Ich stecke im Fahrstuhl fest! HILFE!«
     
    »Ja, brüll nur, Maik Luckner, brülle so laut du kannst! Leider hört dich niemand. Sehr schade!«
     
    Julius lässt den Sprechknopf los, und Ralf nimmt wieder auf.
     
    »Wer seid ihr? Lasst mich runter oder ich rufe die Polizei. Ich hab mein Handy dabei!« (Maik blufft, denn er hat keinen Empfang in der Liftkabine)
     
    »Maiki, tz, tz, tz,... Hast du denn noch gar nicht auf den Empfang geachtet...

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