Ich war nur kurz bei Paul
machte komisch aussehende Verrenkungen, als wäre sie eine Zirkusartistin. Sicher hörte sie wieder ihre Ballettmusik und studierte Tanzfiguren. Es sah blöd aus.
Nadine war anscheinend beauftragt worden, auf die Kleine aufzupassen.
»Wo sind denn unsere Alten?«
»Zum Tennis!« Nadine sah nicht hoch, sondern quetschte die Worte Kaugummi kauend hervor. Hätte er sich denken können. Ralf lümmelte sich neben seine Schwester, die unwillig ihren Minirocksaum unter seinem Bein hervorzog und ihm dabei einen unwirschen Millisekunden-Blick gönnte. Dann fielen ihre langen Haare wieder wie ein Trennvorhang herab und verdeckten ihr Gesicht.
Ralf schielte in das Hochglanzmagazin, das Nadine auf ihrem Schoß liegen hatte. Er sah coole Boys mit nackten Oberkörpern und weibischem Gehabe aus den Fotos hervorblicken. Verächtlich schnaubte er: »Sag bloß, auf solche Weicheier stehst du?«
»Geht dich doch nichts an, Bübchen. Werd erst mal groß, dann kannst du mitreden!«
Blöde Zicke! Es blieb immer das Gleiche mit ihr, sie war noch nie nett zu ihm gewesen - nie!
»Kannst du mir mal deine Hand geben und mich ganz fest halten, damit ich die Figur noch einmal üben kann?« Lucie sah ihn mit ausgestreckten Armen bettelnd an.
»Das fehlte mir noch, Kleine! Halt dich an einem Baum fest, ich bin doch keine Schwuchtel.«
»Was?«
»Ach nichts, das verstehst du doch nicht.« Unzufrieden mit sich selbst, ließ er die Mädchen im Garten zurück.
Die nächsten Tage wurden etwas abwechslungsreicher. Entgegen seiner Befürchtung gestaltete sich das Zusammentreffen mit seiner alten Vereinstruppe unkompliziert. Sie bolzten ausgelassen auf der Dorfwiese und hatten sich auch sonst viel zu erzählen. Das waren jene Momente, in denen er sich wieder ganz zuhause und daheim fühlte. Da war auch keine Fremdheit oder so. Neugierig befragten sie ihn nach seiner neuen Schule, den Lehrern und der neuen Wohnung. Sie bedauerten ihn, dass er jetzt in der Stadt leben musste.
Für den Abend verabredeten sie sich dann bei Malte zum Netzen . Zwar hatte Ralf keinen PC mehr hier am Ort, aber sie würden sich gruppenweise an den Geräten abwechseln. Das machten sie oft so, denn nicht alle Jugendlichen bekamen von ihren Eltern die Erlaubnis, ihre Computer zum Haus der Freunde zu transportieren.
Seinem Vater war das egal. Dessen Meinung dazu war: Was soll schon passieren? Ein PC kostet doch heute nichts mehr, und falls mal etwas kaputtgeht, gibt's eben neu! Nur durch Spiel und Spaß lernen die Jungen den Umgang mit der Technik . Das war eigentlich das einzige, wofür er seinen Erzeuger bewunderte. Der hatte immer die neueste Technik und verstand etwas von Palms, Notebooks und Flatrates. Computerzeitschriften lagen bei ihm haufenweise herum.
An diesem Abend, als Ralf nach dem Fußballspielen zum Umziehen nach Hause fuhr und sich noch schnell ein Brot in der Küche zubereiten wollte, kam Barbara, die neue Freundin seines Vaters hinzu. Sie war viel jünger als seine Mutter, und er fühlte sich ihr gegenüber unsicher, wie er sich verhalten sollte. »Na, was treibst du denn heute so?«
»Wir haben gebolzt, und um sieben Uhr treffen wir uns bei Malte zum Netzen.«
»Zum was?«
»Netzwerkparty! Weißt du nicht, was das ist?«
»Nein, aber ich habe das schon mal irgendwo gehört. Was ist denn das?«
»Man verbindet mehrere Computer miteinander und spielt dann im Team counter-strike oder so etwas«
»Das sind bestimmt diese Ballerspiele, vor denen die Schulpsychologen immer warnen, stimmt's?«
»Was du immer hast! Die Erwachsenen verstehen von solchen Dingen doch gar nichts!«
»Glaubst du! Ich habe über die Wirkung dieser Kriegs-Spiele schon einiges gelesen. Die sind überhaupt nicht gut, und außerdem finden diese Netzpartys immer kein Ende. Du bist schließlich erst dreizehn! Schlag dir das aus dem Kopf. Das kommt nicht in Frage!«
»Du hast mir gar nichts zu sagen!« Schlagartig flammte in Ralf der kalte Zorn auf, seine Stimme kickste komisch in seiner Aufregung »Ich frag meinen Vater, der erlaubt es!«
»Kann er nicht, denn er ist noch bei Kunden und solange er nicht da ist, bestimme ich, was du tust oder nicht tust. Verstanden? Und ich sage dir: Du bleibst hier und gehst da nicht hin, basta!« Sie drehte sich ruckartig um und verließ die Küche.
Blöde Kuh! Die sollte sich doch um ihren eigenen Scheiß kümmern! Er
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