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Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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würde zu Malte fahren; er wollte sich doch nicht lächerlich machen und sich bei seinen alten Kumpels eine Blöße geben. Außerdem waren Ferien. Garantiert kannte sie counter-strike überhaupt nicht. Immer diese Weiber mit ihrem Halbwissen!
       Er stopfte sich die Scheibe Schwarzbrot in den Mund, schlich dann lautlos aus der Tür und schwang sich auf sein Fahrrad. Er dachte nicht daran, sich von ihr etwas sagen zu lassen, außerdem würde sein Vater ihm das erlaubt haben - wenn er da gewesen wäre. Mit diesen Gedanken im Kopf versuchte er sein Gewissen zu beruhigen.
       Die Netzparty wurde jedoch nur ein mäßiges Vergnügen: Immer wieder hatte Ralf seiner Mannschaft Punkte versemmelt, weil er nicht richtig bei der Sache war. Er ahnte, dass sich über seinem Kopf Unheil zusammen braute und versuchte vergeblich, seine Unsicherheit zu verstecken. »Mensch, Ralf! Was machst du bloß für 'nen Scheiß! Pass doch mal auf! Diesen War    (engl.: Krieg) haben wir wieder nicht gewonnen, nur wegen deiner Schusseligkeit!« Malte schob ihn beiseite. »Lass mal den Meister ran! Was ist Jungs, spielen wir noch einen ganzen War ?« Alle nickten zustimmend.
       Mit rasender Geschwindigkeit huschten Maltes Finger über die Tastatur und ein Treffer nach dem nächsten wurde per gewaltiger Geräuschkulisse angezeigt. In Ralf stellte sich ein klägliches Gefühl des Versagens ein. Gegen Mitternacht steckte Maltes Mutter den Kopf zur Tür herein. »Wir gehen jetzt schlafen, ihr müsst zu einem Ende kommen! Und seid beim Gehen bitte leise! Gute Nacht!« Dann schloss sich die Tür wieder.
       Nur noch diese Schlacht ; sie waren zu dicht dran diesmal zu gewinnen, als dass sie sofort hätten aufhören können. Endlich hatten sie nach einer weiteren Stunde ihr Ziel erreicht, fuhren die Geräte herunter und packten ein. Draußen schlug die Kirchturmuhr einmal - es war bereits ein Uhr. Ralf fuhr missvergnügt nach Hause, hatte er sich doch beim heutigen Gamen nicht gerade mit Ruhm bekleckert, und darüber hinaus befürchtete er, auch zuhause noch Stress zu bekommen, weil er trotz Barbaras Verbots einfach losgefahren war. 
     
    Das bei Tage schmucke Einfamilienhaus lag nun im Dunkeln. Die Straßenbeleuchtung des Dorfes war zu dieser späten Stunde auf Sparschaltung eingestellt, so dass nur eine einsame Laterne am Ende der Straße einen fahlen Lichtschein durch den herbstlichen Dunst erahnen ließ.
       Ralf stellte sein Fahrrad hinter den Schuppen und hangelte nach seinem Schlüssel. Er war leise, wollte niemanden wecken und führte den Schlüssel geräuschlos ins Schloss. Es sperrte und ließ sich nicht drehen. Scheiße! Barbara, diese Kuh, hatte den Schlüssel von innen stecken lassen! Sie wollte ihn bestimmt auflaufen lassen, wollte, dass er klingeln musste, wollte das ganz große Theater! Diesen Sieg würde er ihr nicht überlassen. Er überlegte, was er tun konnte:
    Zurück zu Malte? Dort konnte er jetzt nicht mehr klingeln, seine Eltern waren schon zu Bett gegangen.
    Zu Justin? Ging auch nicht.
    Seine Mutter anrufen, dass sie ihn abholen käme? Unmöglich!
     
    Blöde Situation - Barbara diese Mistkuh! Sie war bösartig, wie konnte sich sein Erzeuger bloß mit der einlassen? Aber jetzt zu klingeln kam auch nicht in Frage. Es war empfindlich kühl um diese Zeit mitten im Oktober. Er ging langsam zu seinem Fahrrad zurück - ganz in Gedanken versunken. Beim Schuppen kam ihm die rettende Idee: Er würde im Schuppen übernachten und warten, bis sein Vater am Morgen zur Arbeit fuhr. Mit Barbara allein würde er schon fertig werden. Die sollte bloß die Klappe halten; sie hatte ihm doch gar nichts zu sagen!
       Die Schuppentür war unverschlossen, klemmte aber ein wenig. Ralf hob sie geräuschlos in ihren Angeln an, dann schwang sie auf. Die Bodenfläche des Schuppens war vollgestopft mit Geräten. Ein Hinlegen war nicht möglich; deshalb kauerte er sich mit dem Rücken an den Gasgrill. Bequem war's nicht gerade, aber es half nichts. So saß er da und starrte grimmig in die Dunkelheit. Seine Augen gewöhnten sich an die Finsternis und die Umrisse seiner Umgebung traten langsam deutlicher zutage.
       Er lauschte, kein Geräusch zu hören - oder doch? War da nicht eben ein Knacken? Beunruhigt wandte Ralf den Kopf, da wieder! Jetzt hörte er es ganz deutlich! Aus der Ecke hinter ihm kam ein tippelndes Geräusch. Ratten?
       Ralf fuhr empor, sitzen mochte er nicht mehr. Hatte er nicht schon einmal gelesen, dass Ratten Menschen

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