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Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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tröstend in den Arm. Nun flennten sie beide. Verlegen stand Ralf daneben, nicht wissend, was er tun sollte.
       Da kam Nadine, drückte sich an ihnen vorbei und raunte ihm ins Ohr, dass sie mit ihrem Vater reden wolle. Er solle sich um Barbara kümmern. Dann war Nadine auch draußen, ihren Vater suchen. Hilflos nahm Ralf sich ein Herz und fasste Barbara, die noch immer kniete, um die Schultern, mit dem anderen Arm umfasste er die kleine Lucie. Ihm war hundeelend.
       Er versuchte, passende Worte der Entschuldigung für seinen Erzeuger zu finden. »Der meint es bestimmt nicht so, wie er das gesagt hat. Der ist noch wütend über mich und die Polizeivernehmung, deshalb ist er ausgerastet.« Nun sah Barbara ihn aus mit Tränen gefüllten Augen an. »Oh, Ralf. Du musst ihn wirklich nicht verteidigen. Das hat er nicht verdient. Er hat mir so wehgetan, das kann ich ihm nicht verzeihen. Wir, Lucie und ich, reisen jetzt sofort ab!«
       »Aber das geht doch gar nicht, Barbara! Wir sind mit Vaters Auto hier. Von hier mit dem Zug heimkehren? Das klappt nie! Entweder, wir müssen jetzt alle fahren oder wir halten die paar Tage bis zum Samstag noch durch und fahren dann gemeinsam.«
       »Ralf, es tut mir so leid, dass ich euch, dir und Nadine den Urlaub versaue - aber es geht nicht. Wir reisen ab!«
       »Du hast daran doch keine Schuld! Der Alte hat es doch wieder einmal vermasselt. Bitte bleibt hier, alles andere wäre doch totaler Quatsch!«
     
    Es half nicht. Barbara packte - zu allem entschlossen! Lucie schluchzte Herz zerreißend. Nadine kam zurück - ohne ihren Vater! Betroffen und still half sie Barbara beim Packen. Das Taxi fuhr vor, wer immer es gerufen hatte, und nach wenigen Minuten blieben Ralf und Nadine allein vor dem Hauseingang auf den Stufen sitzend, zurück. Nadine weinte jetzt auch, wenn auch lautlos. Ralf schnürte es den Hals zu. Er hatte so eine Wut! Am liebsten würde er auf seinen Erzeuger losdreschen, so wie heute Vormittag auf seinen Kontrahenten. Immer machte der alles kaputt. Immer... !
     
    Jetzt fing er ebenfalls das Flennen an. Als ihm die Nase zu lecken drohte, schniefte er und fühlte nun, wie ihm Nadine den Arm um seine Schultern legte. Nie hatten sie beide sich so nah wie jetzt gefühlt. Nach einer Weile hörte er Nadine, wie zu sich selbst sprechen. »Ich geh nicht wieder mit zurück nach Silberstedt, ob ich mit zu Mutti kommen kann?«
       »Weiß nicht, wir haben doch nur eine kleine Wohnung in Lübeck.«
       »Trotzdem! Dann schlaf ich eben auf der Couch. Papa ist so blöd und so gemein! Warum ist er nur so, kannst du mir das sagen?«
       »Er denkt eben nur an sich, an sich, an sich! Er ist einfach ein Arsch!« Nadine nickte zur Bekräftigung. »Er ist ein Ober-Arsch!«
     
    Der Urlaub war verdorben. Sie hörten, wie ihr Vater spät in der Nacht betrunken nach Hause kam und im Schlafzimmer fluchte und randalierte. Die Geschwister bereiteten am nächsten Morgen gemeinsam das Frühstück und legten für ihren Vater einen Zettel auf den Tisch, mit der Nachricht, dass sie gemeinsam zum Strand gegangen seien.
       Als sie am frühen Nachmittag zurückkehrten, saß Siegfried Jensen gefasst auf der Terrasse und las Zeitung. Gespannt auf das, was kommen würde, setzten sie sich zu ihm und schauten ihn fragend an. »Was guckt ihr so? Neue Lage: Barbara ist weg! Über alle Berge! Na und? Wir kommen auch allein zurecht, oder?« Sein nachfolgendes Lachen klang aufgesetzt. »Wir werden uns die letzten beiden Tage hier noch nett einrichten, Kinder. Tut einfach so, als ob nichts wäre. Ihr habt damit ja auch nichts zu tun, das ist eine Sache zwischen uns Erwachsenen.« 
       »Papa!« Nadine sah ihn entsetzt an. »Barbara ist weg! Sie hat uns verlassen! Begreifst du das nicht? Du machst immer alles kaputt!« Mit schneller Handbewegung holte ihr Vater aus und schlug ihr mit dem Handrücken auf den Mund. »So nicht Prinzessin! So redest du nicht mit deinem Vater, verstanden!« Nadine stürzte in ihr Zimmer.
     
    Ralf wandte sich ab - die Hände heimlich zu Fäusten geballt.
     

Kapitel 16
     
     
    Du heiliger Strohsack! Was war da nur wieder los? Paul blickte besorgt auf Ralf. »Und die Barbara war wirklich schon ausgezogen, mit Sack und Pack, als ihr den Samstag aus Dänemark zurückkamt?« Der Junge nickte. »Und nicht nur das! Auf dem Anrufbeantworter war eine Nachricht vom Pflegeheim, dass Oma mit einer Lungenentzündung ins Krankenhaus überwiesen worden ist. Wir konnten sie nur

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