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Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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durch eine Glasscheibe sehen, weil sie auf der Isolierstation liegt. Da waren lauter Schläuche, an denen sie angeschlossen war, und erkannt hat sie uns auch nicht.«
       »Das ist arg. Lungenentzündungen sind für alte Menschen gar nicht gut. Welch ein Glück, dass man es rechtzeitig erkannt hat. Du sollst mal sehen, sie wird wieder gesund werden!«, versuchte Paul den Jungen zu trösten, obwohl er im Innern keineswegs so zuversichtlich empfand. Zu viele ältere Menschen, die er gekannt hatte, waren im Alter einer Lungenentzündung erlegen. Aber das durfte er dem Jungen natürlich nicht sagen. »Und dann, wie ging es weiter?«
       »Nadine hat kein Wort mehr mit unserem Erzeuger gesprochen, das hat ihn ganz wild gemacht, so dass er ihr drohte, dass es ihr ganz ähnlich wie Barbara ergehen könne, wenn sie nicht wieder normal würde. Mutti ist dann gekommen und hat uns beide aus Silberstedt abgeholt. Dabei gab es auch noch Streit zwischen ihr und ihm.«
       »Du meinst mit ihm sicherlich euren Vater, stimmt's?«
       »Er ist nicht mehr unser Vater, er kann uns gestohlen bleiben! Sagt Nadine auch!«
       »Jetzt wohnt also euer ehrenwerter Vater allein in dem großen Haus in Silberstedt, und ihr drei müsst euch in der kleinen Mietwohnung zusammendrängen? Da kann doch etwas nicht stimmen, so kann das nicht laufen!« Paul merkte, wie zornig er gerade wurde. Dieser Siegfried Jensen! Hatte der denn gar kein Verantwortungsgefühl im Leib? Der konnte doch jetzt nicht alles auf Ralfs Mutter abwälzen und ansonsten so tun, als ob ihn das alles nichts weiter anginge. »Hat deine Mutter denn jemanden, mit dem sie sich besprechen kann? Das kann doch so nicht gehen.«
        »Sie wollte zu einer Beratungsstelle gehen, um sich zu erkundigen, wie die Rechtslage aussieht.«
       »Recht so! Es gibt bei der Stadtverwaltung eine Bürgerberatung, da kann man sich günstig Auskunft holen. Mit deiner Schwester muss es doch auch irgendwie weitergehen. Wie alt ist sie jetzt?«
       »Weiß nicht genau, glaub sechzehn.«
       »Hat also den Realschulabschluss nicht geschafft und muss noch eine Ehrenrunde drehen?«
       »Hm«
       »Kinder, Kinder! Das ist ja auch überhaupt kein Wunder, dass sie sich nicht auf die Schule konzentriert, wenn um sie herum alles in Scherben zerfällt. Und diese Barbara, mit der seid ihr doch ganz gut zurecht gekommen, oder nicht?«
       »Doch, schon. Sie war in Dänemark sogar richtig Klasse, hat nicht 'rumgenörgelt und sich nicht aufgespielt, sondern war ganz okay. Und du hättest sie einmal beim Kite-Surfen sehen sollen. Da war sie der Super-Champion!«
       »Was ist das denn?«
       »Surfen mit einem großen Lenkdrachen - das ist richtig schwierig!«
       »Kam Nadine auch gut mit ihr aus?«
       »Doch, sie hat sogar geweint, als sie jetzt weg war.«
       »Das kann ich mir vorstellen. Ist das denn bewiesen, dass euer Vater etwas mit der Nachbarin hatte?« Ralf druckste herum. »Naja bewiesen... Man merkt doch, ob da etwas läuft, oder?«
       »Soso, und woran wollt ihr das bemerkt haben?«
       »Ich hab gesehen, wie sie sich an den Händen hielten, wenn sie sich unbeobachtet fühlten und wie mein Vater beim Grillen mehrfach seine Hand auf ihren Oberschenkel legte.«
       »Und das habt ihr Barbara erzählt?«
       »Nein, natürlich nicht. Nadine und ich beschlossen dann aber, künftig zu verhindern, dass die beiden allein zum Tennis fahren. Als es dann aber am nächsten Tag wieder einmal soweit war, schlug Nadine vor, dass Barbara doch mitfahren solle. Und als sie nicht wollte, hat sie eine unbedachte Bemerkung fallen lassen, so in der Art: Ich würde meinen Freund aber nicht allein mit einer anderen zum Tennis fahren lassen . Da muss der Barbara dann ein Licht aufgegangen sein, und sie hat mich gefragt, ob da etwas im Gange sei, das sie wissen sollte? Ich hab natürlich nein gesagt, aber ihr hat's dann doch gedämmert. Ich hab sogar noch versucht, meinen Alten herauszuhauen, indem ich ihr sagte, dass er wohl nur so sauer reagiert habe, weil er wegen der Polizeivernehmung wütend auf mich war.«
       »Was für eine Polizeivernehmung? Das wird ja immer bunter!« Daraufhin hörte Paul die Geschichte von Ralfs Balgerei. »Junge, ich kenn dich nicht wieder. Du hast dem die Nase gebrochen?«
       »Hab ich ja nicht gewollt, aber der hat angefangen mir ins Gesicht zu boxen, und da hab ich das dann auch gemacht.«
       »Manchmal muss man sich tatsächlich wehren, und in

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