Ich war nur kurz bei Paul
Zelt im Schlafsack schlief. Frank hatte ihm noch den Rat gegeben, am besten nur in Unterhose in den Schlafsack zu kriechen, denn nur so würde es durch die Wärme, die sein Körper abstrahlte, schnell kuschelig warm darin werden. Und so war es auch. Überraschend warm und gemütlich war es durchaus.
Ralf lauschte in die Nacht. Außer dem leisen Glucksen des Lake Mjosas war es still. Es dauerte trotzdem eine ganze Weile bis er einschlief. Zu viele neue Eindrücke musste er erst verarbeiten. Und dann dieser Frank, der war ja echt schon grenzwertig!
Ralf war gespannt darauf, wie seine Mutter mit dieser Art von Abenteuerurlaub fertig werden würde. Heute hatte sie sich aber wacker gehalten, das musste er ihr lassen.
Stimmen drangen an Ralfs Ohr. Er fuhr hoch, registrierte erstaunt, dass es draußen schon hell war und erkannte erst dann die Stimmen von Frank und seiner Mutter. Ralf zog den Reißverschluss des Zeltes hinunter und hatte vor sich den See. Frank war doch tatsächlich schon wieder im Wasser! Er stand bis zu den Schultern im See und shampoonierte sich die Haare. Seine Mutter war schon fertig angezogen und deckte gerade den Frühstückstisch. Ralf kroch hervor und reckte sich ausgiebig. Ihm taten die Glieder vom ungewohnten Schlafen auf der Luftmatratze weh. Dann tat er es Frank gleich.
»Ist das nicht Umweltverschmutzung, was du da machst?« Ralf deutete auf das Shampoo.
»Nein! Du solltest mich doch langsam schon ein wenig besser kennen. Ich bemühe mich, die Umwelt möglichst wenig zu belasten. Das hier ist Spezialshampoo, für die Kaltanwendung gedacht und biologisch abbaubar. Das kannst du ruhigen Gewissens auch benutzen.«
Dass das stimmen musste, merkte Ralf wenig später, denn anders als gewohnt, brauchte es Geduld, um die weiße Brühe wieder aus den Haaren heraus zu spülen. Später, als sie am Tisch saßen, grinste Frank wie ein Honigkuchenpferd. Mit breitem Lächeln sah er Ralf und dessen Mutter an.
»Also, ihr beiden: Alle Achtung! Ich muss ja sagen, ihr habt euch gut gehalten. Wollte euch mal ein wenig überraschen und auf den Zahn fühlen und sehen, wie ihr mit der ungewohnten Situation umgeht. Yvi, Liebling, guck nicht so! Ich bin kein Monster! Keine Angst, wir werden nicht jeden Tag so einfach logieren wie heute. Es gibt an der Strecke einige gute Campingplätze mit supermodernen Waschhäusern und allem Erdenklichen, was der Zivilisationsgeschädigte so braucht. Wir können auch einige Nächte in Hotels oder Pensionen verbringen. Ganz wie ihr wollt - ich bin da völlig offen!«
Das war jetzt eine wirkliche Überraschung! Ralfs Mutter schien ein Stein vom Herzen zu fallen. »Frank, du Schuft! Ich hab mich schon ernsthaft gefragt, auf was für einen Verrückten wir uns da mit dir eingelassen haben? Aber du scheinst ja doch einzusehen, dass man uns ein solches Leben, wie du es liebst, nur in homöopathischen Dosen verabreichen darf, sonst gibt es Bauchschmerzen.«
»Wieso Mama? So schlecht war's doch gar nicht! Wenn wir das nicht jeden Tag so machen müssen, finde ich es prima!« Ein erlösendes Gelächter entspannte die Situation, und es sollte ein sehr abwechslungsreicher Trip ohne einen einzigen Regentropfen werden.
Sie fuhren eine Rundtour durch Südnorwegen von Larvik aus über Oslo, Lillehammer, Bergen, zurück über die Hardangervidda, landeten dann schließlich nach zwölf Tagen wieder an der Ostseeküste in Kristiansand und verbrachten die restlichen beiden Tage in diesem idyllischen Städtchen mit den schmucken, weißen Holzhäusern. Ralf bestaunte die Vielzahl kleiner Boote, die an Bojen vertäut im Wasser lagen oder von den Menschen zum Spazieren fahren genutzt wurden. Jeder Norweger schien sein eigenes Boot zu haben. Unglaublich!
Paul würde Augen machen, wenn er von den Abenteuern erfuhr, die Ralf hier erlebte. Schwärmerisch dachte er zurück an den Angeltörn mit Frank auf dem Fjord. Sie hatten nur eine Schnur mit zehn blanken Haken hinab gelassen, als nach kurzem Warten die Hölle losbrach: Ein Schwarm Fjordlachse befand sich unter dem Kanu und plötzlich bissen die Fische wie verrückt. Vier auf einmal waren beim Einholen an der Schnur, und dann noch mal zwei, dann drei und so ging es weiter, bis Frank diese Fischernte beendete: Genug sei genug! So viele Fische könnten sie schließlich nicht essen und die Tiere sinnlos zu töten, kam für Frank nun einmal nicht in Frage. Sie hatten natürlich trotz alledem
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