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Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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zu viele Fische und verschenkten einige an andere Camper. Es war ein großartiges Erlebnis, das er so schnell nicht vergessen würde.
       Oder: Wie sie mitten im Sommer über eine tief verschneite Hochgebirgsebene fuhren, wo Skilangläufer mit entblößten Oberkörpern, die Frauen sogar mit Bikini-Oberteil unterwegs waren. An den Straßenrändern türmte sich der Schnee des Winters noch teilweise bis zu sieben Meter hoch. Die Fotos davon waren beeindruckend.
       Was wohl seine Freunde dazu sagen würden? Und dann dieser Frank: Ein toller Kerl - immer gutgelaunt, praktisch veranlagt, für jedes Problem eine Lösung zur Hand.
       Der Urlaub schien seiner Mutter unglaublich gut zu tun; so fröhlich und unbeschwert hatte Ralf sie nie erlebt. Frank hielt sein Wort: Sie übernachteten, je nachdem, wie sie es zuvor beschlossen, mal an einsamen Stellen, dann wieder auf Campingplätzen und zwei Nächte sogar in einem noblen Hotel.
       Das beeindruckendste Naturerlebnis hatten sie, als sie für Käthe einen günstigen Stellplatz an einem unglaublichen Wildwasserfluss fanden. Er war von solch unnatürlich heller Bläue und reißender Quirligkeit, dass es Ralf unwillkürlich die Sprache verschlug.
       Frank lud das Kajak ab, zog seine Ausrüstung an, und gab ihnen eine kleine Kostprobe seines Könnens als Wildwasserkanute; Mann, das war der schrille Wahnsinn! Ralf war unglaublich beeindruckt davon, mit welcher Geschicklichkeit, Kraft und Ausdauer Frank den Gewalten trotzte und das Boot mit eisernem Willen dahin manövrierte, wohin er es haben wollte.
       Es gab auch viele gute Gespräche zwischen ihnen. Frank erklärte, beschrieb, demonstrierte und unterhielt sie auf seine unbeschreibliche Weise. Bald kam es Ralf so vor, als sei dieser Mann schon viel länger bei ihnen und würde in seinem Gepäck das Glück bringen, welches vor allem seiner Mutter dringend bedurfte.
       Die zwei Wochen schienen einerseits sehr schnell, fast zu schnell vergangen zu sein, aber in der Rückschau andererseits auch sehr lang gewesen zu sein. Zu viele Erlebnisse und Eindrücke nahmen sie aus diesem urwüchsigen Land mit, und Ralf war sich sicher, dass er nicht das letzte Mal dort gewesen war. 
     
    Daheim erwartete sie eine Überraschung:  Karlchen war immer noch bei Frau Hoffmann, obwohl er vereinbarungsgemäß schon vor drei Tagen hätte abgeholt werden sollen. Paul hatte sich nicht gemeldet. Frau Hoffmann zeigte sich beunruhigt. Sie nahm Ralf beiseite und bat ihn in ihre Wohnung. Während Ralf noch arglos damit beschäftigt war, sich von Karlchen freudig die Hände abschlecken zu lassen, begann sie: »Na, Ralf, hattet ihr einen schönen Urlaub?«
       »Ja, das war ganz prima in Norwegen! Da fahr ich bestimmt wieder hin, das ist sicher! Schade nur, dass Karl nicht mitkommen konnte. Hat er sich gut bei Ihnen benommen?«
       »Ja, es gab überhaupt keine Probleme. Er ist ein unkomplizierter Bursche. Na, ist ja auch kein Wunder; sein Herrchen ist ja ebenfalls ein ganz ein Netter -- wir kannten uns übrigens schon. Er muss mal als Paketbote gearbeitet haben. Ich erinnere mich noch genau: Er gab damals das Geburtstagspaket deines Vaters bei mir ab. Allerdings mache ich mir jetzt doch ein wenig Sorgen um ihn. Herr Schmitt hat sich nicht gemeldet.« Sie sah Ralf besorgt an. Ralf kramte in seinem Hirn und schaltete nicht gleich. Er wusste im Moment nicht, von wem sie sprach.
       »Was für ein Herr Schmitt ? Kenne ich den?«
       »Ralf, na ich meine Karlchens Besitzer; der heißt doch Schmitt, oder? So hat er sich mir jedenfalls vorgestellt. Paul Schmitt heißt er, hat er gesagt.«
       Nun dämmerte es Ralf, wen sie meinte, und er bemerkte erst jetzt, dass Karlchen gar nicht mehr hätte hier, bei Frau Hoffmann, sein dürfen.
       »Paul hat sich nicht gemeldet?«
       »Nein, ich habe schon versucht, ihn anzurufen. Aber bei der Telefonauskunft kennt man seinen Namen nicht.«
       »Paul hat ja auch kein Telefon! Ich fahre sofort zu seiner Wohnung und schau nach ihm!« Böse Bilder flammten in Ralfs Kopf auf. Seiner Mutter, die noch mit dem Gepäck hantierte und Frank, der ihr dabei half, rief er zu: »Ich muss dringend kurz zu Paul! Ich glaube, da ist etwas passiert!«
       Schon war er wie der Blitz auf seinem Fahrrad und wenige Minuten später bei Pauls Wohnung. Auf sein Klingeln hin geschah nichts. Es war unheimlich - diese Stille - kein Gekläffe (logisch), kein Geräusch des elektrischen Türsummers. Noch zu deutlich

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