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Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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standen Ralf die Bilder von Pauls letztem Besäufnis vor Augen.
       Was sollte er machen? Er klingelte bei einem Namensschild, bei dem er sich zu erinnern meinte, dass das der Name des Nachbarn gegenüber Pauls Ateliertür war. Es wurde ihm geöffnet und Ralf lief die Stufen bis ganz nach oben. Niemand erwartete ihn an der Tür. Das Namensschild stimmte aber; es war der Nachbar, gegenüber Pauls Atelier.
       Er drückte jetzt erneut den Klingelknopf, daraufhin dauerte es einen Moment, dann wurden schwere Schritte hörbar und die Tür wurde von einem untersetzten Mann in Unterhemd geöffnet. Die schwarzen Koteletten verliehen dem fremdländisch anmutenden Bewohner eine aggressive Note. Zwei schwarze Knopfaugen starrten ihn nun musternd von oben bis unten an. »Was du wollen?«
       »Äh, ich suche Paul Schmitt, Ihren Nachbarn!« 
       »Nicht da«
       »Wissen Sie, wo er ist?«
       »Weg! Er ist weg! Verreist!«
       »Ja, ja, ich weiß!« Ralf wurde ungeduldig. »Er sollte längst zurück sein. Ich mache mir Sorgen!«
       »Du fragen bei Großmutter Steinhaus, hat Schlüssel für Blumenwasser« Der Stämmige wies mit dem Daumen ein Stockwerk tiefer.
       »Danke!«
     
    Das war gut, wenn diese Nachbarin einen Schlüssel besaß! Frau Steinhaus blickte durch den Spalt der Tür - die Kette ließ nicht mehr Raum zu. Sie musterte ihn misstrauisch. Ralf erklärte sein Anliegen, da wurde ihr Gesicht entspannter, sie zog einmal die Tür zu, um die Kette zu öffnen, gab dann den Eingang frei. Ralf durfte eintreten. Im Flur erklärte er Frau Steinhaus die Lage. Auf seine Frage hin, ob sie einmal gemeinsam nachsehen könnten, ob ihm nichts passiert sei, da wehrte sie lächelnd ab.   
       »Nein, Junge, da brauchen wir nicht nachzusehen; ich war erst heute früh oben und habe nach den Topfblumen geguckt und ihnen Wasser gegeben. Da ist niemand. Ich finde es aber nett von dir, dass du dir um ihn Sorgen machst. Mir hat er auch erzählt, dass er für fünf Tage nach London reist, jetzt sind schon acht Tage vorbei - und kein Lebenszeichen von ihm. Bist du der Junge, der auf seinen Hund aufpasst!«
       »Ja« Ralf nickte. »Deshalb befürchte ich ja, dass er in Schwierigkeiten steckt, sonst hätte er doch angerufen und etwas gesagt.«
       »Ja, das ist schon seltsam. Wen könnten wir denn sonst fragen?«
       »Wenn ich das wüsste«
       »Wart mal, da fällt mir etwas ein; der Paul hat mir einen Zettel mit einer Kontaktnummer dagelassen, falls etwas sein sollte «
       »Aber, er hat doch gar kein Telefon.«
       »Ja, ich weiß, Moment mal. Hier ist der Zettel. Ich hab ihn an den Haken geklemmt, an dem auch der Atelier-Schlüssel dran hängt. Sie zeigte ihm einen Streifen gelblichen, dicken Briefpapiers. Es war der abgetrennte Briefkopf eines Geschäftsbriefes von einer Galerie Luckner , Inh. Margit Luckner , mit weiteren Kontaktdaten.
      » Über diese Frau , hat er gesagt, könne ich Kontakt zu ihm aufnehmen.« Ralf bat darum, die Daten abschreiben zu dürfen. Frau Steinhaus reichte ihm dazu Zettel und Stift. Dann notierte er sich zur Sicherheit auch Frau Steinhaus Nummer und ließ ihr im Gegenzug seine da, damit sie sich austauschen konnten. »Soll ich dort einmal anrufen, Junge? Was meinst du?«
       »Oh, ja bitte! Ich habe so ein komisches Gefühl.«
       »Die alte Frau ging zu einem überdimensionalen schwarzen Museumstelefon mit runder Wählscheibe, rückte ihre Brille zurecht und begann zu wählen. Mit sirrendem Geräusch lief die Wählscheibe zurück. Ralf sah fasziniert zu. Das hatte er noch nie gesehen, eine Wählscheibe! Und das sollte funktionieren?
       Konzentriert lauschte sie nun dem Freizeichen, das so laut war, dass Ralf es mühelos mithören konnte, obwohl er einen guten Meter entfernt stand. Es wurde abgenommen und eine junge Frauenstimme meldete sich. Frau Steinhaus erhielt von der Angestellten die Mitteilung, dass die Chefin zurzeit auf Auktionsreise sei. Es täte ihr leid, sie dürfe aber keine Handy-Nummer herausgeben. Frau Steinhaus bedankte sich höflich und legte auf.
       »Aber die Handy-Nummer haben wir doch, die steht doch auf dem Zettel!«
        »Ja, nur ruhig Blut. Aber ist das nicht sehr teuer, so ein Handy-Telefonat?«
       »Ich hab mein Handy dabei, dann nehme ich das. Das ist billiger!« Ralf vergewisserte sich, dass noch ausreichend Guthaben auf der Karte war. Dann wählte er und wartete. Es dauerte eine Weile, bis die Stille schließlich einem

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