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Ich war seine kleine Prinzessin

Ich war seine kleine Prinzessin

Titel: Ich war seine kleine Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelly
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Bett, verging sich an mir.
Er nahm mir meinen Körper und meine Stimme. Es passierte immer, wenn Mama nicht
da war oder wenn sie schlief. Und ich sagte nie etwas. Ich war sein Spielzeug,
seine Geisel. Er sah mich jedesmal so komisch an. Er war wie besessen. Jeder
Vorwand war ihm recht, um zu mir zu kommen und mich aufs neue zu bedrängen.
    Einmal war ich mit Freunden nach der
Schule in die Stadt gefahren. Sie kauften Präservative, bloß so zum Spaß, und
ich wollte auch eins haben, um mich wichtig zu machen. Ich steckte es in meine
Jackentasche, wo mein Vater, der die Angewohnheit hatte, in meinen Sachen
herumzuschnüffeln, es fand.
    Am gleichen Abend — Mama lag, mit
Schlaftabletten vollgestopft, schon im Bett — mußte ich mich zu ihm aufs Wohnzimmersofa
setzen, und dann zeigte er mir, wozu ein Kondom dient. Er hat es nicht in den
Müll geworfen, als er es fand. Er hat es auch nicht für Mama oder eine Freundin
aufgehoben, nein, er streifte es sich über sein Glied, bevor er mich, seine
Tochter, ein weiteres Mal vergewaltigte.
    Ich weinte. Aber ich sagte auch diesmal
nichts. Stumm wartete ich darauf, daß es vorbei war. Die Worte blieben mir
buchstäblich im Hals stecken. Ich wußte nicht, was ich hätte sagen, wie ich
hätte anfangen oder an wen ich mich hätte wenden sollen. »Papa zwingt mich, mit
ihm zu schlafen.« Kein Mädchen bringt diesen Satz ganz von allein über die
Lippen. Dazu braucht es die Hilfe, das Verständnis eines Erwachsenen, der seine
Notlage erkennt. Bei mir zu Hause ahnte niemand, welches Drama sich abspielte.
    Außerdem hatte ich Angst vor den
Folgen. Wie würde Papa reagieren, wenn ich redete? Wie würde es weitergehen? Er
hätte mich verprügelt oder umgebracht. Oder sich an Laury, Sandy oder der
kleinen Leila gerächt. Das wollte ich auf keinen Fall. Ich hatte die Jagdflinte
vor Augen, als ich auf dem Sofa lag, sie hing über mir an der Wand, während er
mich unter seinem Gewicht begrub... Ich sagte nichts.
    Es war eine Vergewaltigung, auch wenn
er mich nicht schlug. Alles spielte sich in meinem Inneren ab und blieb dort
drin. Auf der Haut sind Schläge nur eine Zeitlang sichtbar. Die Wunden von den
seelischen Prügeln, die ich bezog, heilen hingegen sehr viel schwerer. In
meinem Bauch hatte sich ein Klumpen gebildet. Dadurch, daß ich alles für mich
behielt, litt ich noch mehr. Wenn ich allein war, fing ich an zu weinen und
wünschte mir, ich wäre tot, soviel Haß hatte ich in mir, Haß, weil ich mich
nicht wehren, weil ich ihn nicht zurückstoßen konnte.
    Wer Angst hat — und die hatte ich in
diesen Momenten ist nicht zu einer vernünftigen Analyse der Situation fähig.
Ich fragte mich nicht: »Ist das gut? Ist das schlecht?«, sondern dachte nur:
»Was passiert mit mir? Was wird er mit mir anstellen?« Ich hatte keinerlei
Lustgefühle. Man empfindet keine Lust dabei, wenn man erst zwölf ist und vom
eigenen Vater vergewaltigt wird. Ich hatte damals noch nicht einmal meine
Periode. Ich wußte absolut nichts über Sexualität, ich war noch gar nicht
aufgeklärt. Im Grunde war an mir ein Junge verlorengegangen: Ich hatte
aufgeschürfte Knie von meinen Stürzen vom Rad, ich kletterte gern auf Bäume
oder half Papa bei der Maurerarbeit. So, wie ich daherkam, sah ich wie eine
kleine Göre aus. Nicht wie eine erwachsene Frau.
    Es war wirklich ein Überfall: Er kam in
mein Zimmer, mit einer Waffe, und nahm mir alles weg. Einfach alles. Ich konnte
nichts dagegen tun, konnte mich nicht einmal mit Worten zur Wehr setzen. Ihn
anzeigen? Unmöglich. Und er würde wiederkommen, wann immer ihm danach zumute
war. Er hatte das Recht dazu, denn er war der Stärkere, und vor allem war er
mein Vater. Das verlieh ihm Macht über mich. Hinzu kam, daß ich Schuldgefühle
entwickelt hatte.
    Für meinen Vater war es das perfekte
Verbrechen. Er konnte mir das alles antun, konnte mich zerstören, ohne groß
etwas zu riskieren. Ein kleines Mädchen wird niemals von sich aus den Mund
aufmachen. Ich habe genauso geschwiegen wie jedes andere Mädchen in meiner
Situation.
    Ich habe nichts gesagt, weil man von
einer Zwölfjährigen nicht verlangen kann, die Verantwortung zu übernehmen und
den eigenen Vater anzuzeigen. Zumal ich um jeden Preis verhindern wollte, daß
Mama etwas davon erfuhr. Es ging ihr gar nicht gut. Ich hatte Angst, wenn ich
jetzt auch noch mit meinen Problemen käme, wäre alles im Eimer und unsere
Familie kaputt. Und Laury und Sandy den Vater nehmen wollte ich genausowenig
wie Leila

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