Ich weiss, dass du luegst
ob es spezielle Persönlichkeitsmerkmale gibt, die mit diesem Phänomen in Verbindung stehen. Es gibt keine eindeutige Möglichkeit, herauszufinden, ob eine Erinnerung wahr, teilweise konstruiert oder ganz und gar erfunden ist. Allerdings existieren Methoden, die später beschrieben werden, um eine falsche Schilderung von einer wahren zu unterscheiden - aber nur dann, wenn die erzählende Person weiß, dass ihre Darstellung falsch ist.
Motive für Lügen
Interviews mit Kindern| 4 und Auswertungen von Fragebögen für Erwachsene legen neun unterschiedliche Motive für das Lügen nahe.
Um einer Bestrafung zu entgehen. Das ist das am häufigsten angeführte Motiv von Kindern und Erwachsenen gleichermaßen. Dabei kann sich die Bestrafung auf ein Vergehen oder auf einen unbeabsichtigten Fehler beziehen.
Um eine sonst nicht ohne weiteres zu erreichende Belohnung zu bekommen. Dieses Motiv steht an zweiter Stelle sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen.
Um eine andere Person vor einer Bestrafung zu schützen.
Um sich selbst vor drohendem körperlichem Schaden zu schützen. Dieses Motiv unterscheidet sich von der Angst vor Bestrafung, denn die Bedrohung körperlicher Unversehrtheit hat hier nichts mit einem Vergehen zu tun. So könnte beispielsweise ein Kind, das allein zu Haus ist, einem Fremden an der Tür erzählen, sein Vater schlafe grade und er möge später wiederkommen.
Um von anderen bewundert zu werden.
Um einer ungünstigen Situation in Gesellschaft zu entkommen. Man behauptet, Probleme mit dem Babysitter zu haben, um einer langweiligen Party zu entfliehen, oder man beendet ein Telefongespräch, indem man behauptet, es sei jemand an der Tür.
Um Verlegenheit zu vermeiden. Ein Kind behauptet zum Beispiel, der Sitz sei deshalb nass, weil Wasser verschüttet worden sei und nicht etwa, weil es in die Hose gemacht hat. Es hat keine Angst vor einer Bestrafung, sondern möchte der Verlegenheit entgehen.
Um die Privatsphäre zu bewahren, ohne die Absicht kundzutun, gewisse Informationen als privat für sich zu behalten.
Um Macht über andere auszuüben, indem man die Informationen kontrolliert, die die Zielperson hat.
Diese Motive ließen sich aus den gesammelten Interviewdaten herausfiltern; ob jede Lüge auf einem davon basiert, ist fraglich. Hinzu kommt eine Vielfalt trivialer Betrügereien sowie Lügen aus Höflichkeit und Taktgefühl, die sich nicht leicht unter diese neun Motive einordnen lassen. Nach meiner Definition sind dies keine Lügen, weil zu den Regeln der Höflichkeit gehört, etwas mitzuteilen. Ein schwierigerer Fall ist eine Lüge, die erforderlich ist, um eine Überraschungsparty zum Geburtstag zu organisieren. Vielleicht gehört er zu den Motiven, die die Privatsphäre schützen.
Neue Ergebnisse
In diesem Buch wurde wiederholt betont, wie schwierig es ist, von Verhaltensweisen auf Lügen zu schließen. Aktuelle Resultate bestärken und widersprechen dieser Ansicht gleichermaßen. In den Studien über Lügen, bei denen es um den Diebstahl von Geld und um Meinungen geht, kann man in mehr als 80 Prozent der Fälle allein auf der Basis von Gesichtsvermessungen erfolgreich Lügner von ehrlichen Personen unterscheiden. Würde man die Messungen von Körperbewegungen, Stimme und Sprache hinzufügen, wird man auf mehr als 90 Prozent korrekter Identifikationen kommen. Man sollte bedenken, dass diese Messungen viele Stunden in Anspruch nehmen. Auch bei diesen Untersuchungen traf zu - darauf wird später eingegangen werden dass die meisten Testpersonen, die die Videos nur einmal ansahen, bei der Unterscheidung zwischen Lügnern und ehrlichen Personen nur wenig besser abschnitten, als hätten sie ihre Entscheidung dem Zufall überlassen.
Wir| 5 haben den Beweis für eine allgemeine Fähigkeit gefunden, zwischen Lügner und ehrlicher Person zu unterscheiden. Die Genauigkeit beim Aufdecken der Lüge in dem Experiment mit dem Gelddiebstahl entspricht der Genauigkeit, mit der bei einer Meinungsäußerung gelogen wird. Wahrscheinlich ist das der Fall, weil sich die Verhaltenshinweise ähneln, wenn viel auf dem Spiel steht, unabhängig davon, worum es bei der Lüge geht. Natürlich unterscheiden sich die Lügen auch durch die Häufigkeit ganz bestimmter Hinweise. So gelangt man zum Beispiel bei der falsch dargestellten Meinung durch den Inhalt des Gesprochenen zu viel mehr Hinweisen, als das bei der Lüge über den Gelddiebstahl der Fall war. Dennoch: Je mehr Worte eine Person benutzte, egal bei welcher
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