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Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ekman
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anzupassen und den Einsatz für Erfolg und Scheitern so hoch wie möglich zu schrauben. Dafür gibt es zwei Gründe: Nur wenn beim Lügen viel auf dem Spiel steht, treten Emotionen im Zusammenhang mit der Lüge - Angst, Schuld, Aufregung oder Freude an der Überlistung - mit größerer Wahrscheinlichkeit auf, was die Lüge wiederum verraten kann. Mit dem Durchsickern dieser intensiven Emotionen gehen nicht nur Verhaltenshinweise auf Täuschungen einher, sondern sie können auch den Erkenntnisprozess des Lügners stören, sodass ausweichende, unglaubwürdige und holprige Schilderungen zustande kommen. Ein zweiter Grund zur Untersuchung von Lügen, bei denen viel auf dem Spiel steht, ist die gesellschaftliche Relevanz dieser Art von Lügen.
    In einem unserer experimentellen Szenarios untersuchten wir, wie gut Krankenschwestern die negativen Emotionen verbergen konnten, die sie beim Ansehen von Filmen empfanden, in denen Amputationen und Verbrennungen gezeigt wurden (siehe Kapitel 2). Sie waren hoch motiviert, erfolgreich zu lügen, weil sie glaubten, durch das Experiment bekämen sie die Möglichkeit, eine Fähigkeit zu erwerben, die für ihre künftige Arbeit mit genau solchen erschütternden Szenen nützlich wäre. In einem anderen Szenario bot sich den Versuchspersonen die Gelegenheit, 50 Dollar an sich zu nehmen und zu behalten, wenn es ihnen gelang, den Vernehmer zu überzeugen, sie hätten das Geld nicht genommen. Die Versuchspersonen, die das Geld nicht nahmen, konnten 10 Dollar verdienen, wenn der Vernehmer ihnen glaubte, dass sie die 50 Dollar nicht genommen hatten. In dem letzten Szenario fanden wir zunächst die gesellschaftlichen Themen heraus, für die sich unsere Testpersonen am meisten interessierten. Anschließend wurden sie gebeten, ihre Meinung ehrlich zu schildern (und dabei 10 Dollar zu verdienen, falls man ihnen glaubte) oder das Gegenteil ihrer Meinung zu behaupten (und im Erfolgsfall 50 Dollar zu bekommen).
    In einer jüngeren Arbeit ließen wir einigen Versuchspersonen die Wahl, zu lügen oder die Wahrheit zu sagen - wie im richtigen Leben. Es gibt viele Gründe, warum manche Menschen sich dafür entscheiden, nicht zu lügen. Ein Grund ist beispielsweise, dass sie die Erfahrung gemacht haben, fast immer dabei erwischt zu werden. Fügte man der Lügnergruppe solche schlechten Lügner hinzu - also Personen, die niemals lügen würden, es sei denn, der Versuchsleiter zwänge sie dazu -, könnte die Entlarvungsrate enorm steigen. Bei praktisch allen früheren Forschungsprojekten, sowohl bei zwischenmenschlichen Täuschungen als auch bei Lügendetektortests, ließ man den Versuchspersonen keine Wahl, zu lügen oder die Wahrheit zu sagen. Eine Ausnahme stellt die Studie über den Lügendetektor von Ginton, Daie, Elaad und Ben-Shakar dar, in der festgestellt werden konnte, welcher Polizist bei einem Qualifikationstest für eine Beförderung geschummelt hatte (siehe Kapitel 7). Stiff, Corman, Kritzek und Snider| 7 konnten auf ähnliche Weise in Erfahrung bringen, welche Studenten bei einem Test geschwindelt hatten. Auch Bradley| 8 überließ es seinen Testpersonen in einer Lügendetektorstudie, zu lügen oder die Wahrheit zu sagen.
    In unseren Experimenten drohten wir den Versuchspersonen erstmals eine empfindliche Strafe an, falls der Vernehmer sie der Lüge bezichtigen würde. Sowohl die ehrliche Person, die irrtümlicherweise als Lügner eingestuft wurde, als auch der entlarvte Lügner sollten die gleiche Strafe bekommen. Folglich konnten zum ersten Mal in der Lügenforschung der Ehrliche und der Lügner gleichermaßen Angst haben - nämlich beim Erzählen der Wahrheit auf Unglauben zu stoßen oder beim Lügen erwischt zu werden. Wenn es nur der Lügner ist, der Angst haben könnte, der Lüge bezichtigt zu werden, wird es für den Lügenermittler zu leicht, und es ist nicht wirklichkeitsnah. Wenn weder der Lügner noch die ehrliche Person sich vor Strafe fürchten müssen, hätte dies wenig Bedeutung für die Lügen, die in der Strafjustiz oder in Angelegenheiten der nationalen Sicherheit gang und gäbe sind, geschweige denn bei Ehestreitigkeiten, in Eltern-KindKonflikten und so weiter.
    Obwohl wir unseren aktuellen Experimenten eine größere umweltbedingte Stichhaltigkeit beimessen können als unseren älteren Studien oder als dem größten Teil der Literatur über zwischenmenschlichen Betrug und Lügendetektortests, waren die Ergebnisse über die Nachweisbarkeit (von Lügen) kaum anders. Die

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