Ich weiss, dass du luegst
erleichtern, die die Aufrechterhaltung des Betrugs bedeutet, um das Leiden an einer besonders ausgeprägten Angst vor Entlarvung zu beenden oder um sein Gewissen zu erleichtern.
Wenn es darum geht, wie der Einsatz die Furcht vor Entlarvung beeinflusst, darf man jedoch nicht nur Gewinn und Verlust aufseiten des Betrügers betrachten, sondern muss auch das Opfer berücksichtigen. Normalerweise gehen die Gewinne des Betrügers auf Kosten des Opfers. Wer Geld veruntreut, gewinnt, was der Arbeitgeber verliert. Aber nicht immer ist die Bilanz derart ausgeglichen. Die Provision, die ein Verkäufer erhält, wenn er ein Produkt geschönt präsentiert, kann viel geringer sein als der Verlust, den der gutgläubige Kunde erleidet. Die Einsätze für den Lügner und das Opfer können sich nicht nur in der Höhe, sondern auch in ihrer Art und Weise unterscheiden. Ein Schürzenjäger erlebt vielleicht Abenteuer, während die betrogene Ehefrau den Respekt vor sich selbst verliert. Wenn für Lügner und Opfer unterschiedlich viel auf dem Spiel steht, könnten die Einsätze beider Seiten bestimmen, wie groß die Furcht des Lügners vor Entlarvung ausfällt. Was natürlich davon abhängt, ob der Lügner den Unterschied erkennt.
Lügner sind nicht gerade die vertrauenswürdigste Quelle, wenn es darum geht, was für ihre Opfer auf dem Spiel steht. Sie haben ein begründetes Interesse, an das zu glauben, was ihren Zielen dient. Betrüger finden Trost in der Vorstellung, dass ihre Opfer von den Täuschungen genauso profitieren wie sie selbst oder sogar noch mehr davon haben. Das kommt tatsächlich vor. Nicht alle Lügen schaden dem Opfer, es gibt regelrecht altruistische Lügen:
«Ein blasser, knapp elfjähriger Junge wurde gestern verletzt, aber am Leben, aus dem Wrack eines kleinen Flugzeugs gezogen, das Sonntag an den Bergen im Yosemite Nationalpark zerschellt ist. Der Junge hatte mehrere Tage und Nächte in heftigen Schneestürmen bei eisigen Temperaturen in 3500 Metern Höhe überlebt, eingewickelt in einen Daunenschlafsack auf dem Rücksitz des im Schnee begrabenen Flugzeugwracks. Allein. , fragte der benommene Fünftklässler. Die Retter erzählten dem Jungen nicht, dass sein Stiefvater und seine Mutter tot waren. Sie saßen noch angeschnallt im zerschmetterten Cockpit des Flugzeugs, nur wenige Zentimeter von ihm entfernt.»| 8
Kaum jemand würde leugnen, dass dies eine altruistische Lüge ist, von der die «Zielperson» profitiert und die den Rettern keine Vorteile bietet. Doch auch wenn die Zielperson den Nutzen hat, heißt das nicht, dass die Furcht vor Entlarvung keine Rolle spielen würde. Ganz im Gegenteil: Wenn viel auf dem Spiel steht, ist diese Furcht groß, unabhängig davon, wer von der Lüge profitiert. Da sich die Retter Sorgen darüber machten, ob der Junge den Schock würde aushalten können, mussten sie sich ernsthaft Mühe geben, die Wahrheit zu verheimlichen.
Zusammengefasst ist die Furcht vor Entlarvung am größten, wenn:
die Zielperson den Ruf hat, schwer hereingelegt werden zu können,
die Zielperson anfängt, misstrauisch zu werden,
der Lügner wenig Übung hat und keine Erfolgsgeschichte vorweisen kann,
der Lügner vor allem anfällig ist für die Angst, ertappt zu werden,
viel auf dem Spiel steht,
sowohl Belohnung als auch Strafe auf dem Spiel stehen oder wenn ausschließlich die Strafe auf dem Spiel steht,
die Strafe für das Lügen selbst groß ist oder aber die Strafe für den Anlass der Lüge so groß ist, dass es keinen Anreiz gibt, ein Geständnis abzulegen,
die Zielperson in keiner Weise von der Lüge profitiert.
Schuldbewusstsein für den Betrug
Schuldbewusstsein für den Betrug meint ein Gefühl, das man beim Lügen empfindet. Es geht hier nicht um die juristische Frage, ob jemand schuldig oder unschuldig ist. Schuldbewusstsein für den Betrug muss man auch von Schuldgefühlen gegenüber dem Inhalt der Lüge unterscheiden. Nehmen wir an, im Winslow Boy hätte Ronnie tatsächlich die Zahlungsanweisung gestohlen. Für den Diebstahl an sich hätte er Schuldgefühle haben und sich selbst für seine Tat als schlimmen Menschen verurteilen können. Hätte Ronnie den Diebstahl vor seinem Vater verheimlicht, hätte er sich schuldig gefühlt, gelogen zu haben. Das wäre das Schuldbewusstsein für den Betrug. Man muss sich nicht für den Inhalt einer Lüge schuldig fühlen, um Schuldgefühle beim Lügen zu haben. Nehmen wir an, Ronnie hätte einen
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