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Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Titel: Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bas Kast
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größtenteils besser haben als die Generation meiner Mutter. Und doch heißt das nicht, dass mit immer steigenden Optionen das Glück automatisch in den Himmel wachsen würde.
    Vielleicht könnte man den Wandel der früheren Generationen zu heute wie folgt beschreiben: Einst befanden sich die Mauern, auf die man beim Versuch, seine Ziele und Wünsche zu verwirklichen, stieß, irgendwo da draußen, in Gestalt einer repressiven Gesellschaft oder eines autoritären Vaters. Die Hölle, das waren die anderen. Mit der Zeit aber bröckelten und fielen diese äußeren Mauern. Die Mauern, auf die wir seither zunehmend stoßen, liegen in uns . Das Problem, das es zu bekämpfen gilt, hat sich von außen nach innen verlagert, von den anderen zum eigenen Ich, von der Gesellschaft zum eigenen Gehirn oder Selbst. Heutzutage geht man kaum noch auf die Straße, um »die Zustände« anzuprangern, stattdessen geht man in sich , prangert sich selbst an, geht zu einem Therapeuten, greift zu einem Ratgeber oder gleich zu einem Antidepressivum: um die Biochemie im Oberstübchen, dort also, wo das zentrale Problem liegt, auf Trab oder in Balance zu bringen.
    So gesehen ist mit der gestiegenen Freiheit der Druck auf die Psyche nicht geringer, sondern paradoxerweise größer geworden. Einerseits sind unsere Ansprüche angesichts der vielen Optionen, die uns die gegenwärtige Welt bietet, hoch. Andererseits fällt jeder Fehlgriff unweigerlich auf uns zurück: Versauen wir unser Leben trotz der ganzen Möglichkeiten, die wir im Gegensatz zu unseren Eltern oder Großeltern haben, sind wir nicht nur unzufrieden. Wir fühlen uns auch noch schuldig.
    Verlieren ist nicht das Gleiche wie versagen
In dem Moment, in dem du Verantwortung
für deine Träume übernehmen kannst und dafür
haftest, ob du sie verwirklichst oder nicht,
wird das Leben ein ganzes Stück härter.
Steve Jobs [23]  
    Wie groß dieser Druck der Freiheit tatsächlich werden kann – und dass es sich dabei nicht um die gutgepolsterten Luxusprobleme einer allzu verwöhnten Jugend handelt –, legt eine Analyse australischer Epidemiologen nahe. In einem Versuch, die psychische Belastung junger Menschen auf ein objektives Maß zu bringen, griffen die Forscher gleich zum drastischsten Indikator, der sich dafür finden lässt, einem Indikator, der zweifellos Ausdruck extremer psychischer Not ist: die Selbstmordrate.
    Eine epidemiologische Studie kann nicht ergründen, was einen einzelnen Menschen letztlich zu einer solchen Verzweiflung treibt, dass er keinen anderen Ausweg mehr sieht, als sich selbst umzubringen. Sie kann bestenfalls gewisse Umstände, zum Beispiel bestimmte gesellschaftliche Faktoren, ausfindig machen, die die Neigung zum Selbstmord begünstigen.
    Mit diesem Ziel vor Augen verglichen die australischen Wissenschaftler die Suizidrate von Jungen [24]   zwischen 15 und 24 in Industriestaaten wie Deutschland, Japan und den USA. Gleichzeitig warfen sie einen Blick auf gesellschaftliche Verdachtskandidaten, von denen man vermuten kann, dass sie zur seelischen Not junger Menschen beitragen, etwa die jugendliche Arbeitslosenquote oder die Scheidungsrate des jeweiligen Landes.
    Zu guter Letzt zogen die Forscher die Ergebnisse internationaler Umfragen hinzu, die die jungen Menschen unter anderem danach abgeklopft hatten, welche Rolle Religion in ihrem Leben spiele, ob man seinen Mitmenschen grundsätzlich vertrauen könne – und schließlich auch, ob sie das Gefühl hätten, dass man frei über sein Leben entscheiden könne und Kontrolle über sein Schicksal habe. Je nach Land empfinden Jugendliche da durchaus unterschiedlich: Unter den jungen Finnen beispielsweise ist das Gefühl der Freiheit und Kontrolle deutlich stärker ausgeprägt als bei jungen Japanern, Franzosen oder Portugiesen (die Deutschen liegen im Mittelfeld zwischen den Extremen).
    Ergebnis der Analyse: Je stärker das Gefühl von Freiheit und Kontrolle unter den Jugendlichen eines Landes vorherrscht, desto mehr Jugendliche in diesem Land treibt es in den Selbstmord. Von allen untersuchten Verdachtskandidaten – Arbeitslosenquote, Scheidungsrate etc. – gehörte der des allgemeinen Freiheitsgefühls sogar zu jenen, die den stärksten Zusammenhang mit der Selbstmordrate aufwiesen. (Das heißt nicht, dass ein persönliches Gefühl der Freiheit und der Kontrolle über das Leben uns in Selbstmordgefahr bringen würde. Im Gegenteil, depressive Menschen haben ja eher das Gefühl, sie hätten keine

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