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Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Titel: Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bas Kast
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müssen. Je mehr Möglichkeiten einem die Welt bietet, desto größer fällt dieser kinderbedingte Verzicht aus. In einer Welt »unbegrenzter« Möglichkeiten stehen somit für jene, die ein Kind wollen, einmal mehr hohe Alternativkosten an. Unter diesem Gesichtspunkt wundert es vielleicht nicht, sondern es erscheint vielmehr als eine zwangslogische Folge, dass wir auch diese Entscheidung immer länger hinauszögern (oder es ganz bleibenlassen, oder wir zögern so lange, bis es irgendwann zu spät ist).

    All diese Statistiken [29]   stellen natürlich an sich keine große Neuigkeit dar. Trotzdem lohnt sich die kurze Rekapitulation vielleicht, weil sich, wie mir scheint, erst vor diesem Hintergrund die rätselhafte Situation der Frauen etwas besser verstehen lässt.
    Abgesehen davon nämlich, dass Frauen eventuell vielseitiger als Männer sind und somit eine Welt zahlreicher Optionen bei jedem Festlegen auf eine Option für sie einen größeren Verzicht bedeutet (Männer müssen auch verzichten, da sie aber etwas beschränkter zu sein pflegen, fällt für sie der gefühlte Verzicht geringer aus), kommt noch ein weiterer, entscheidender Umstand hinzu.
    Die Bemerkung meiner Bekannten Tanja damals am Grillabend mag undiplomatisch gewesen sein, sie war aber nicht falsch: Gerade im Hinblick auf jene Wahl, die sich nicht revidieren lässt, jene ja nicht ganz unwichtige Entscheidung für oder gegen ein Kind, gibt es tatsächlich eine fundamentale Asymmetrie zwischen Männern und Frauen. Während Männer in dieser Frage der zeitgemäßen Neigung des Nichtfestlegens folgen und eine Entscheidung auf die lange Bank schieben können, um so der heutigen Welt mit ihren zahlreichen Optionen möglichst gerecht zu werden und nichts zu verpassen, können Frauen das nicht. Einerseits fordert die freie Multioptionsgesellschaft uns dazu auf, unsere Freiheit und zahlreichen Möglichkeiten zu nutzen, uns also um Gottes willen nicht allzu früh auf eine Sache festzulegen. Andererseits fordert die biologische Uhr der Frau exakt das Gegenteil: sich nämlich sehr wohl festzulegen und eine Entscheidung zu treffen, die spätestens nach der zwölften Schwangerschaftswoche unumkehrbar ist.
    Könnte es sein, dass sich die belastenden Seiten der Freiheit bei keinem von uns so unerbittlich zuspitzen wie bei der heutigen Frau von, sagen wir, Mitte 30, während der Rush-Hour des Lebens? Etwas pathetisch formuliert: Obwohl die Welt es uns zunehmend schwermacht, uns auf einen bestimmten Lebensweg festzulegen, der andere Wege ausschließt, muss man als Frau bereits in einem Alter von Mitte 30 bis zu einem gewissen Grad dieses unmögliche Kunststück vollbringen. Du musst dir als Frau irgendwann um dieses kritische Alter herum einigermaßen darüber im Klaren sein, wie dein weiteres Leben aussehen soll, musst wissen oder erahnen, mit welcher heutigen Entscheidung du in fünf, zehn oder 50 Jahren am glücklichsten sein wirst. Die Möglichkeit, sich in dieser Sache eine längere Bedenkzeit auszuhandeln – eine, die der Tragweite der Entscheidung angemessen wäre –, ist ebenso ausgeschlossen wie die eines nachträglichen Umtauschs. Mutter Natur pflegt leider einen sehr unilateralen Verhandlungsstil.
    Und weil man ja auch nicht mit irgendwem ein Kind bekommen will, schon gar nicht bei dem sich stetig erweiternden Angebot, erhöht sich der Druck schon lange, bevor sich das Zeitfenster fürs Kinderkriegen mit Ende 30 langsam zu schließen beginnt. Das Problem stellt sich einer Frau eigentlich nur dann nicht, wenn sie sich absolut sicher ist, dass weder sie noch die Frau, die sie in Zukunft sein wird, Kinder will.
    Last, but not least kommt etwas hinzu, was in der Öffentlichkeit ja auch regelmäßig thematisiert wird und sich leider trotzdem nicht großartig zu ändern scheint: dass der Mann in unserer Gesellschaft – zumal in Deutschland, wo eine arbeitende Mutter bekanntlich schnell zu einer Rabenmutter abgestempelt wird – meist nach wie vor alles haben kann, Kind und Karriere, während es für sie oft immer noch heißt: Kind oder Karriere. Konzentriert man sich als Frau ganz auf die Karriere, fehlt einem unter Umständen irgendwann die Familie. Hat man umgekehrt nur die Familie, kommt man sich irgendwann blöd vor angesichts der besten Freundin mit internationaler Top-Karriere bzw. im Vergleich zum eigenen Mann. Das mag zumindest teilweise erklären, warum der Unglückstrend auch Frauen, die jener notorischen Doppelbelastung von Kind und

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