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Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Titel: Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bas Kast
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Dabei handelt es sich um ein regelrechtes Wundermittel, das es Ihnen ermöglicht, der Sympathie-Abhängigkeit Ihrer Mitwesen zu entkommen. Wie das Wundermittel funktioniert?
    Es hört sich fast zu schön an, um wahr zu sein: Man muss dieses magische Etwas lediglich auf den Tisch legen, schon bekommt man von seinen Mitwesen all das, was man zuvor nur unter der Voraussetzung der allgemeinen Anerkennung bekam, und man bekommt es auf der Stelle und ohne jeden Widerstand – Nahrung, eine sichere Unterkunft, Unterstützung in Notfällen, all das und noch viel mehr.
    Abgesehen davon, dass Sie wahrscheinlich wie alle andern Wesen anfangen würden, nach dem Besitz dieses Wundermittels zu streben: Wie würde das Wundermittel das Spiel und das soziale Leben auf dem Planeten verändern?
    Vielleicht so, wie Geld uns verändert hat. Geld hat es uns möglich gemacht, uns von der gegenseitigen Urabhängigkeit, die unser Schicksal als Säuge- und Gruppentiere ist, ein Stück weit zu befreien. Um in der Spielmetapher zu bleiben: Auf Level 1 mussten Sie sich noch ständig darum bemühen, die Zuneigung Ihrer Mitwesen zu erkämpfen, Sie mussten ein Netzwerk aus gegenseitiger Freundschaft aufbauen, um Ihr Überleben zu sichern, auch wenn die Pflege dieses Netzwerks viel Zeit und zuweilen einige Nerven kostete. Wenn zum Beispiel einer Ihrer Kumpels umziehen wollte, wurde Ihnen das Privileg zuteil, an einem Sonntagmorgen in aller Herrgottsfrühe aufstehen zu dürfen, um bleischwere Kisten zu schleppen. Manchmal kam es vor, dass ein Mitwesen Sie um Mitternacht anrief, um sich bei Ihnen darüber auszuheulen, dass es von seiner Freundin vor die Tür gesetzt worden war. Und Sie mussten wohl oder übel zuhören.
    Auf Level 2 können Sie sich solche Zumutungen sparen. Klar, Sie müssen das Wundermittel ergattern und es anhäufen, aber wenn Ihnen das gelingt, können Sie sich, was frühmorgendliches Kistenschleppen und spätnächtliche Trostgespräche betrifft, entspannen: Von nun an ist es nicht mehr überlebenswichtig, rund um die Uhr für Ihre Mitwesen da zu sein – mit Ihrem Wundermittel werden Sie sich auch so durchschlagen und Level 3 erreichen.
    Ihre neue Unabhängigkeit hat darüber hinaus viele weitere Vorteile. Beispielsweise können Sie auf dem Planeten herumreisen und sich überall niederlassen, wo es Ihnen gefällt, da andere Wesen Sie nicht mehr anerkennen, ja nicht einmal mehr kennen müssen, damit Sie überleben. Es reicht vollkommen, wenn man Ihr Wundermittel anerkennt.
    Natürlich ist das alles etwas vereinfacht dargestellt, natürlich bleiben wir auch mit Geld weiterhin vom Austausch mit anderen abhängig, sogar in sehr hohem Maße, nicht aber oder zumindest weniger von bestimmten anderen. In einer freien Marktwirtschaft gibt es so gut wie immer zahlreiche Anbieter einer gewissen Dienstleistung, und wenn uns einer nicht gefällt oder dumm kommt, wechseln wir einfach zur Konkurrenz, die sich nicht darum kümmert, ob wir ihr sympathisch sind, sondern ob wir sie bezahlen können.
    Da Sympathie und Beliebtheit in der Welt des Geldes höchstens eine untergeordnete Rolle spielen, werden wir so auch unabhängiger gegenüber dem Urteil , das andere von uns haben. Was unser Nachbar von uns hält, ist nicht mehr so wichtig, wenn wir im Notfall gar nicht auf unseren Nachbarn angewiesen sind und stattdessen auf Kräfte zurückgreifen können, die uns zwar behilflich sind, sich aber nicht im Geringsten für uns als Person interessieren, dafür umso mehr für unser Geld. (Wenn umgekehrt unser Nachbar in Not ist, soll er uns bitte schön nicht belästigen und sich die Lösung für sein Problem ebenfalls herbeikaufen.)
    So lockern Geld und Wohlstand (einschließlich Sozialversicherungen) das Band einer Gemeinschaft nach und nach auf. Übrig bleiben am Ende lauter Einzelkämpfer, die von jenem abstrakten und endlos distanzierten Oberhaupt namens Staat zusammengehalten werden, einem Staat, den keiner persönlich kennt, den aber alle finanzieren, damit er die Probleme der zunehmend anonymen Gesellschaft regelt. [94]  
    Hier, in dieser Entwicklung, liegt, wie mir scheint, einer der Hauptgründe dafür, warum noch mehr Wohlstand in unserer Gesellschaft nicht unbedingt zu noch mehr Wohlbefinden führt und uns stattdessen sogar aufs Gemüt schlagen kann. Es gibt nämlich, auch wenn unser Striatum da eine andere Meinung haben mag, eine Grenze bezüglich der gegenseitigen Austauschbarkeit von Geld und sozialer Anerkennung. Alles bekommt man für

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