Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)
Kopfnicken, wandten sich die Studenten aus den gutbetuchten Elternhäusern eher von ihrem »Partner« ab, spielten mit Gegenständen, checkten ihr Handy, kritzelten etwas auf Papier oder zupften an der mit Abstand faszinierendsten Gestalt im Raum herum: sich selbst. [83]
Geld distanziert, offensichtlich aber bewirkt es mehr als einfach nur physische Distanz, wie auch ein weiteres der Science -Experimente zeigte. Darin spielten die Testpersonen eine Runde Monopoly mit einem der Forscher. Nach dem Spiel legte man den Leuten in einer Version des Versuchs 4000 Dollar Spielgeld hin, in einer anderen 200 Dollar, während es in einer dritten Version gar kein Spielgeld gab. Gleich darauf führte man die Testpersonen unter einem Vorwand nach draußen auf den Flur, wo eine Mitarbeiterin des Wissenschaftlerteams eine Handvoll Bleistifte fallen ließ.
Wieder schien das Geld die Menschen verändert zu haben: Je mehr Geld man den Testpersonen hingelegt hatte, desto weniger Stifte hoben sie auf. [84] Geld distanziert also nicht nur, es senkt auch die Hilfsbereitschaft – ein Ergebnis, das zu dem Befund einer weiteren, kürzlich veröffentlichten Studie passt, die offenbarte, dass reiche Menschen paradoxerweise weniger spenden als Menschen, die nicht ganz so viel auf der hohen Kante haben (was einige berühmte Ausnahmefiguren, wie Bill Gates, George Soros etc., umso besonderer erscheinen lässt). [85]
In einer dritten Variante der Science -Versuchsserie schließlich legte man den Leuten eine Liste von jeweils zwei Aktivitäten vor und fragte sie, welche der beiden Aktivitäten sie bevorzugen würden. Beispiel: Würdest du lieber mit einem Freund in ein Café gehen oder allein zu Hause dein Lieblingsbuch lesen? Was bevorzugst du – drei deiner Lieblings-DVDs, die du allein zu Hause gucken kannst, oder stattdessen zwei Tickets fürs Kino für dich und jemand deiner Wahl?
Es zeigte sich: Hatte man die Testpersonen vorher unauffällig an Geld erinnert, entschieden sie sich deutlich häufiger für eine Einzel- statt für eine Gruppenaktivität mit ihren Freunden oder ihrer Familie. Geld distanziert somit nicht nur von fremden Leuten, sondern auch von jenen Menschen, die uns am nächsten stehen, von unseren Freunden und Familienmitgliedern.
Man hat diesen Versuchstypus in insgesamt mehr als einem halben Dutzend Varianten durchgespielt [86] , stets laufen die Ergebnisse auf ein ähnliches Fazit hinaus: Wer mit Geld konfrontiert und an Reichtum erinnert wird, verhält sich danach weniger sozial und mehr auf sich selbst bezogen. Geld-Leute sind weniger hilfreich, suchen aber auch umgekehrt weniger die Hilfe ihrer Mitmenschen. Stellt man sie vor die Wahl, eine anspruchsvolle Aufgabe alleine oder mit einem Partner zu erledigen, wollen sich die Geld-Leute lieber auf eigene Faust durchschlagen. Man könnte sagen: Geld kapselt ab, macht autonom, ja Geld macht tendenziell asozial.
Und warum eigentlich auch nicht? Wer Geld hat, ist ja auch weniger auf die Gunst seiner Mitmenschen angewiesen. Wer reich ist, kann es sich erlauben, sich abzukapseln. Sobald man etwas von seiner sozialen Umwelt braucht, muss man seine Mitmenschen nicht umständlich darum bitten – man kann es sich, zumindest in unserer Gesellschaft, einfach kaufen. Das heißt auch, dass Wohlhabende sich von allen am wenigsten um ihre Beliebtheit bemühen müssen. Zugespitzt formuliert: Wer Geld hat, kann es sich leisten, ein bisschen asozial zu sein.
Geld macht immun gegenüber dem Schmerz
einer Abweisung
Es gibt einige weitere Versuche, die man kürzlich im aufstrebenden China durchgeführt hat, die diese Überlegungen auf eindrucksvolle Weise bestätigen. Im ersten Versuch ließ man die chinesischen Testpersonen entweder 80 Geldscheine oder 80 Seiten Papier zählen. Danach gab’s eine Runde Cyberball.
Cyberball ist ein Computerspiel, das eigens entwickelt wurde, um zu ergründen, wie sehr und unter welchen Bedingungen Menschen unter sozialer Ausgrenzung leiden. Das Spiel ist denkbar einfach: Auf dem Bildschirm erscheinen zwei Figuren, die sich einen Ball zuwerfen. Angeblich handelt es sich dabei um reale Personen, die online zugeschaltet sind (in Wahrheit ist es ein Computerprogramm). Durch einen Arm ist man selbst ebenfalls auf dem Bildschirm repräsentiert. Der entscheidende Punkt ist, dass die beiden anderen Spieler einem eine Zeitlang den Ball zuwerfen – bis sie plötzlich damit aufhören und sich den Ball nur noch gegenseitig
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