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Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Titel: Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bas Kast
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meisten Frauen wiederum wohl oder übel ein Leben lang in einer Ehe hielt.
    Je freier und reicher wir wurden und je mehr wir uns von einer Industriegesellschaft, in der Arbeit nicht selten einem harten körperlichen Einsatz und/oder dumpfer Routine gleichkam, in eine Dienstleistungsgesellschaft entwickelten, desto mehr attraktive Jobs und Karrieremöglichkeiten eröffneten sich für Männer und zunehmend auch für Frauen. Die Arbeitsteilung löste sich auf, nun wurden alle, Mann und Frau, in wachsendem Maße vor die Wahl gestellt: Entweder man konnte sich zu einem gegebenen Zeitpunkt um eine Familie oder um eine Karriere kümmern. Arbeit und Familie ergänzten sich nicht mehr wie früher durch eine simple Arbeitsteilung der Geschlechter, sondern wurden zur Konkurrenz.
    Männer hielten dabei, flexibel und einfallsreich, wie sie sind, im Großen und Ganzen an dem fest, was sie immer getan hatten, und verfolgten weiterhin ihre Karrieren. Aber auch immer mehr Frauen trieb es aus dem Haus, in die Welt: ihre Ausbildungszeit verlängerte sich, ihre finanzielle Abhängigkeit verschwand, Beziehungen lockerten sich, Familiengründungen wurden nach hinten verschoben zugunsten der persönlichen Freiheit und Entfaltung.
    Heute bastelt jeder von uns erst mal eine ganze Weile an seiner Karriere, der Schwerpunkt unserer Investitionen gilt, statt einem gemeinsamen Wir, in erster Linie dem eigenen Ich. Selbstwertgefühle beziehen wir aus der eigenen Leistung, und wenn wir uns schließlich ernsthaft mit einem Partner zusammentun, hat jeder von uns schon ein recht selbstbewusstes Ego, das auf ein anderes, recht selbstbewusstes Ego stößt.
    Überflüssig zu sagen, dass diese Entwicklung viel Positives gebracht hat: Anders als noch in den 1950er Jahren begegnen sich Mann und Frau heute nicht als Träger einer vorgeschriebenen Rolle, sondern als freie, gleichberechtigte Persönlichkeiten – eigentlich schöne Voraussetzungen für die Liebe.
    Aber die Medaille hat eine Kehrseite. Da kaum etwas so sehr zu unserem Wohlbefinden beiträgt wie eine stabile Beziehung/Ehe und Familie auf der einen und eine anregende Arbeit auf der anderen Seite – beides sind ja auch hervorragende Quellen jener Aufmerksamkeit und Anerkennung, nach der wir uns als soziale Wesen so sehr sehnen –, sind mit der Zeit für jeden von uns zwei konkurrierende Hauptrouten zum Glück entstanden.
    Typisch modern ist es bekanntlich, wenn man sich primär für die Karriere als Glücksroute entscheidet. Die Vorstellung von einem gelungenen Leben lautet für Männer wie Frauen ja gleichermaßen: Kümmer dich erst mal um eine Ausbildung und einen Job, danach kannst du eventuell über eine Familie nachdenken. Mit dem Wohlstand hat sich unsere Glückssuche somit tendenziell von der kleinen, privaten Familien- in die »große«, öffentliche Karrierewelt verlagert. Diese Verlagerung könnte gut zu den folgenreichsten Veränderungen gehören, die die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts mit sich gebracht hat.

    Wie man an der obigen Grafik sieht, ist unsere moderne Glücksphilosophie insgesamt so fehlgeleitet nicht: Gesellschaften, die reich sind und in denen sich die Menschen folglich besonders stark um ihre Karrieren kümmern, gehören immerhin zu den glücklichsten der Welt – zugleich sind es natürlich die demokratischsten und politisch stabilsten Gesellschaften, was womöglich eine ausschlaggebendere Rolle spielt als der schiere materielle Luxus.
    Auffallend ist aber auch, dass es relativ arme Länder wie Kolumbien und Puerto Rico gibt, die in Sachen Wohlbefinden locker mit den reichsten Nationen, ja sogar mit dem globalen Spitzenreiter des Glücks – Dänemark – mithalten können. Bei allen Ländern, die sich oberhalb der gestrichelten Trendlinie befinden, könnte man sagen, dass es sich um Nationen handelt, in denen die Menschen glücklicher sind, als man auf Grund ihres Wohlstands erwarten würde. Außer Peru, das genau auf der Linie liegt, gilt dieses unerwartete Glücksplus bemerkenswerterweise für alle untersuchten lateinamerikanischen Staaten: Im Vergleich zu uns sind die Menschen dort zwar um ein Vielfaches ärmer – und doch sind sie recht glücklich, teilweise sogar erheblich glücklicher als wir. Deutschland dagegen gehört umgekehrt klar zu jenen Ländern, in denen die Leute w eniger glücklich sind, als man von ihrem Reichtum her eigentlich erwarten dürfte, auch wenn die Lage bei uns nicht ganz so trist ist wie in Hongkong (einer Stadt, die sich

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