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Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition)

Titel: Ich weiß nicht, was ich wollen soll: Warum wir uns so schwer entscheiden können und und wo das Glück zu finden ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bas Kast
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dürstet das heutige Gehirn nach Unterhaltung, Abwechslung, Neuem, Unterbrechung. Ein mittelalterlicher Mensch würde gewiss jeden von uns für einen ADHS-Patienten halten.
    Ein Feld, auf dem sich diese zunehmende Sucht nach Input besonders eindrucksvoll beobachten lässt, betrifft unsere Wahrnehmung. Vor allem unsere Sehgewohnheiten haben sich in den letzten Jahrzehnten drastisch verändert. Jeder, der hin und wieder einen alten Filmklassiker guckt, kennt das Gefühl, dass sich viele der Szenen häufig quälend lange hinziehen, oft passiert sekunden- oder minutenlang nichts, man kann mit gutem Gewissen in die Küche gehen und sich einen Pfefferminztee zubereiten – wenn man zurückkehrt, hat man nicht selten erstaunlich wenig verpasst. Wer es dagegen beim letzten James Bond wagt, sich auch nur schnell ein paar Erdnüsse und ein Bier aus dem Kühlschrank zu schnappen, dem sind unter Umständen drei Verfolgungen, zwei entscheidende Plot-Twists, vier Mordversuche und acht Schlägereien entgangen.
    Diese gefühlte Beschleunigung des Films lässt sich auch objektiv erfassen. Eine simple, zugegebenermaßen recht grobe Methode dazu besteht darin, die Entwicklung der durchschnittlichen Einstellungslänge von Filmen über die Zeit zu betrachten. Ich habe das einmal beispielhaft für die Spielfilme des großen Regisseurs Martin Scorsese gemacht, zu denen es Daten einer unabhängigen Quelle gibt. [136]  

    Wie man sieht, konnte Scorsese das Publikum der 1970er Jahre noch mit einer mittleren Einstellungslänge von acht Sekunden bei der Stange halten. Bei seinen späteren Filmen hat der Regisseur diese inzwischen antiquierte Schnittfrequenz sukzessive unseren steigenden Wahrnehmungsansprüchen angepasst. Mittlerweile muss er die Einstellung doppelt so häufig wechseln wie früher.
    Obwohl sich diese Entwicklung nicht bei allen Regisseuren so konsequent zeigt wie bei Scorsese, kommen Studien, in denen man der Sache systematisch auf den Grund gegangen ist, zum gleichen Ergebnis: Im Laufe der Jahrzehnte sind Spielfilme immer rasanter und nervöser geworden. [137]   Dabei ist die Verkürzung der Einstellungslänge nur eines von vielen Mitteln, unsere immer anspruchsvollere Aufmerksamkeit bei Laune zu halten. Heutzutage muss die Kamera bekanntermaßen ein Dauerwackeln an den Tag legen ( 24 , Cloverfield etc.) und noch während einer zweisekündigen Einstellung ein paarmal ein- und auszoomen, damit wir dabeibleiben. Der letzte Schrei zur Erhöhung der Informationsdichte – 3D – liefert uns sogar buchstäblich eine ganz neue optische Dimension.
    Der Film spiegelt einen Trend, der sich beileibe nicht auf den Film und auch nicht auf unser Freizeitleben beschränkt. Vielmehr zeigen sich unsere Informationssucht und die damit einhergehende Unfähigkeit, sich für längere Zeit auf ein und die gleiche – schnell langweilig werdende – Sache zu konzentrieren, in praktisch allen Bereichen des Lebens, auch in unserem Arbeitsverhalten.
    Um ein kleines persönliches Beispiel zu bringen: Erst kürzlich fiel bei mir auf Grund eines Brandanschlags auf eine Kabelbrücke am Berliner Bahnhof Ostkreuz einen ganzen Arbeitstag lang das Internet komplett aus. Ich saß vor meinem Computer und versuchte zu schreiben, konnte mein Gehirn dabei aber gar nicht mit Google, Facebook, E-Mails, Spiegel-Online etc. ablenken. Der Tag zog und zog sich hin. Als endlich gegen Mitternacht das Internet wieder da war, fühlte es sich herrlich an, geradezu befreiend, wie der erste Schluck Bier nach einem Cold Turkey. Durch den Ausfall hatte ich schlagartig zu spüren bekommen, wie häufig ich mich beim sogenannten Arbeiten selbst unterbreche, ja wie süchtig ich offenbar nach Unterbrechung und Zerstreuung geworden bin.
    Und damit scheine ich nicht alleine dazustehen. In einer Studie haben Forscher einmal den Arbeitsablauf von Mitarbeitern einer kalifornischen Vermögensverwaltungsfirma genauer unter die Lupe genommen. Mit einer Stoppuhr folgten sie den Business-Analysten, Software-Entwicklern und Managern auf Schritt und Tritt, tagelang, von morgens bis abends.
    Der Befund: Die Mitarbeiter beschäftigten sich im Schnitt gerade mal elfeinhalb Minuten mit einem Thema, bevor sie zum nächsten Thema wechselten. Beschäftigung mit einem Thema heißt dabei nicht, dass die Leute, sagen wir, ganze elf Minuten am Stück ein Dokument gelesen und nichts anderes gemacht hätten. Nein, es heißt vielmehr, dass sie während der Beschäftigung mit diesem einen Thema (der

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