Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast
worden war. Dass das Mädchen, von dem man geglaubt hatte, es würde einen über alles lieben, ihn in Wirklichkeit nach Strich und Faden betrogen hatte.
»Helen hat ein paarmal angerufen und sich nach dir erkundigt«, hatte sein Vater ihm heute Morgen erzählt.
»Sie hat sogar die Frechheit besessen, am Montagabend mit einem jungen Mann hier im Krankenhaus aufzutauchen, nachdem sie in den Fernsehnachrichten erfahren haben, was passiert ist«, hatte seine Mutter hinzugefügt.
»Mit einem jungen Mann?«, hatte Barry nachgehakt.
»Na, ich nehme an, er war ihr Freund. Dunkelhaarig. Nicht besonders groß. Sie hat ihn uns als Collingsworth vorgestellt. Seinen Nachnamen habe ich vergessen. Jedenfalls wirkten sie sehr vertraut miteinander.«
Sie hatte mitfühlend nach seiner Hand gegriffen.
»Ich weiß, dass das jetzt eigentlich nicht der richtige Zeitpunkt für dich ist, um so etwas zu erfahren, Schatz, aber gibt es so etwas wie den richtigen Zeitpunkt überhaupt? Ich möchte nur nicht, dass du an einer Beziehung mit einem Mädchen festhältst, das es allem Anschein nach mit der Treue nicht so genau nimmt.«
»Es gibt keine Beziehung «, hatte Barry betont gleichgültig erwidert. »Helen kann tun und lassen, was sie will.« Aber innerlich hatte er vor Wut gekocht.
Ich fasse es nicht, hatte er in Gedanken getobt. Spielt die Schlampe zwei Jahre lang die liebende Freundin, tut so, als könne sie ohne mich nicht mehr leben, dabei hat sie offenbar die ganze Zeit diesen anderen Typen in petto. Das verlogene Miststück! Und dann ist sie auch noch so unverschämt, ihn ins Krankenhaus mitzubringen!
Wäre er ihr doch bloß zuvorgekommen. Er hätte derjenige sein sollen, der die Sache beendet, am besten noch mit einem anderen Mädchen im Arm, während Helen tränenüberströmt um eine letzte Chance bettelt. Stattdessen hatte er diesen Schritt aus Angst, ihr zu sehr wehzutun, immer wieder hinausgezögert. Gott, was war er bloß für ein verdammter Idiot gewesen. Und jetzt lag er hier an die ses Scheißbett gefesselt und hatte es zähneknirschend hinnehmen müssen, dass seine Mutter ihm mit sichtlicher Genugtuung von Helens »Freund« erzählte.
»Werfen Sie sie weg«, hatte er zu der stämmigen, rotgesichtigen Schwester gesagt, die Dienst gehabt hatte, als Helens Rosen gekommen waren. Aber sie hatte ihn einfach ignoriert und sie stattdessen hinter ein paar andere Blumensträuße auf die Fensterbank gestellt, wo er sie immer noch sehen konnte und sie ihn in ihrer rosafarbenen Unschuld zu verhöhnen schienen. Hätte er aufstehen und durchs Zimmer gehen können, er hätte sie aus der Vase gerissen und in den Müll gestopft.
Aber noch nicht einmal das konnte er. Er war dazu verdammt, hier zu liegen, vor Wut zu kochen und alle zu hassen – Helen, ihren Freund, die Ärzte und die ganze verdammte Welt, einschließlich seiner Mutter. Endlich konnte sie ihn wieder unter ihre Fittiche nehmen und er war ihrer Fürsorge wehrlos ausgeliefert. War sein Vater auch da, war es nicht ganz so schlimm, aber heute Morgen hatte er nur kurz hereingeschaut, war nach einem »Wie fühlst du dich heute, mein Junge?« ins Büro aufgebrochen und hatte ihn mit seiner Mutter allein zurückgelassen. Sie hatte sich wie eine Glucke, die zu ihren Küken ins Nest hüpft, auf den Stuhl neben das Bett gesetzt, und nach zwei Stunden war er kurz davor gewesen, nach einer Beruhigungsspritze zu schreien, damit er sich ihr unerträgliches Geschnatter nicht mehr anhören musste.
»Wir werden dein altes Zimmer für dich herrichten, Schatz«, säuselte sie mit glücklich leuchtenden Augen, was Barry angesichts der Tatsache, warum er in den Schoß der Familie zurückkehrte, extrem unangemessen fand. »Ich habe mir überlegt, die Wände hellgrün streichen zu lassen. Das ist so eine hübsche, beruhigende Farbe, findest du nicht? Dad fährt morgen zur Uni und holt deinen Fernseher, den Computer und die anderen Sachen. Dein Freund Lou hat netterweise versprochen, sie für uns zusammenzupacken, dann hast du alles, was du brauchst, wenn du nach Hause kommst.«
»Du klingst ja gerade so, als würde ich für immer nach Hause zurückkehren.« Barry versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie panisch ihn dieser Gedanke machte. »Aber sobald dieses Loch in meinem Bauch verheilt ist und ich wieder feste Nahrung zu mir nehmen kann und einigermaßen fit bin, ziehe ich wieder ins Wohnheim. Außerdem habe ich immer noch vor, in den Semesterferien nach Europa zu fliegen, auch wenn
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