Ich weiss, wie du tickst: Wie man Menschen durchschaut (German Edition)
verändern zu können, dass er genauso ticke wie man selbst.
Beides funktioniert nicht! Insbesondere aus dem zweiten Fehler erwachsen viele überflüssige Konflikte, Missverständnisse, Probleme und Reibereien. Denn den anderen ändern zu wollen, läuft oft darauf hinaus, ihm Vorwürfe zu machen, ihm zu drohen oder ihm gar Anweisungen und Befehle zu erteilen, was er zu tun hat (Peitsche). Die harmlosere Variante ist der Versuch, den anderen mit Belohnungen zu ködern, ihm gut zuzureden oder ihn mit Argumenten zu überzeugen (Zuckerbrot). Peitsche und Zuckerbrot sind die vergebliche Aufforderung an den anderen: «Bitte sei so wie ich, dann wird alles einfach!», verbunden mit dem stillschweigenden Vorwurf: «Warum bist du nicht so wie ich?» Leider nur sind wir Menschen alle unterschiedlich. Wir haben nicht das Recht, andere Menschen zu verändern; nur uns selbst dürfen wir verändern. Wenn wir das mit Erfolg hinkriegen, werden immer auch die zwischenmenschlichen Beziehungen harmonischer und einfacher.
Es gibt eine unendlich große Anzahl von Motiven, die Menschen bewegen können, z. B. Selbstbestimmung, Macht, Kontakte, Selbstverantwortung, materieller Reichtum, Luxus, Gerechtigkeit, Harmonie, Gesundheit, Spaß/Freude, Information, Bequemlichkeit, Spielen, Herausforderungen, Sicherheit, Glaube/Spiritualität, Nächstenliebe, Kreativität, Leistung. Im Folgenden wollen wir uns einige herausragende Motive der drei Haupttypen ansehen.
Unter den Rotdominanten sind viele «Alpha-Menschen», die als «Nummer 1» den Ton in einer Gruppe angeben, z. B. als Chef oder Führungskraft in einer Firma, als Außendienstler, Reiseführer, Piloten usw. Daher motiviert den Rotdominanten alles, was Anerkennung von anderen verspricht: Dominanz, Status, Unabhängigkeit, Publizität. Alfred Adler bezeichnete es als «Geltungsstreben». Ein anerkennungsmotivierter Mensch ist stets darauf bedacht, sich ins beste Licht zu setzen. Daher ist er für Kritik oder Tadel nicht ohne Weiteres zugänglich und lehnt sie insbesondere dann ab, wenn er befürchtet, dadurch an Prestige zu verlieren. Umgekehrt greift er gern alles auf, was seinen Alpha-Status unterstreicht.
Den Gründominanten motiviert alles, was das zwischenmenschliche Leben bereichert: Vertrauen, Geborgenheit, Freude, Zuspruch, Hilfsbereitschaft. Wenn man ihn motivieren will, dann mit Dingen, mit denen sich die Lebensqualität verbessern lässt: soziale Einrichtungen, Gesprächskreise, persönliche Gespräche, gemeinsame Treffen und alles, was Lebensfreude, Vergnügen und Spaß bringt. Eine zwischenmenschliche Beziehung um einer Sache willen zu vernachlässigen, käme für ihn nicht infrage.
Beim Blaudominanten ist es umgekehrt: Ihn motiviert alles, was Qualität in eine Sache oder Situation bringt, nicht jedoch in eine Beziehung. Zu seinem Qualitätsanspruch gehören: Ordnung, Perfektion, Pünktlichkeit, Präzision, Systematik, Vollständigkeit, Sicherheit. Wenn man ihn motivieren will, kann man ihm zeigen, wie eine Sache (ein Plan, ein Schriftstück, die Produktion am Fließband, ein Gebäude, die Organisation der Firma usw.) optimiert werden kann. Da er jedoch eher ein Einzelkämpfer ist, kann man ihn nicht damit motivieren, zwischenmenschliche Beziehungen zu verbessern; das empfände er als langweilig oder als Zeitverschwendung. Es ist auch unmöglich, ihn zu etwas zu veranlassen, was er innerlich als gegen seine Prinzipien gerichtet empfindet.
Vor kurzem war ich auf einer Messe, auf der ein Schweizer Verband, in dem ich Präsident bin, mit einem eigenen Stand vertreten war. Unter anderem kam an unserem Stand ein Mann vorbei, den ich auf den ersten Blick als rotdominant einschätzte und den ich gerne als Mitglied für unseren Verband gewinnen wollte. Nach einer kurzen Begrüßung und ein paar einleitenden Sätzen sagte ich zu ihm: «Wissen Sie, bei uns sind all die wichtigen Leute Mitglied.» «Okay», lautete kurz entschlossen seine Antwort, «wo und wie muss ich mich anmelden, um dabei zu sein?» So einfach kann es sein, wenn man sein Gegenüber richtig einschätzen und entsprechend seinen Motiven ansprechen kann! Ich hatte bei ihm die Motive Anerkennung und Prestige richtig erkannt .
Wäre mein Gesprächspartner ein Blaudominanter gewesen, so hätte ich ihn mit meiner Aussage über die «wichtigen Leute» nicht hinter dem Ofen hervorlocken können, weil es ihn von seiner Motivlage her gar nicht interessiert hätte. Garantiert hätte er bei sich gedacht: «Wer hier für
Weitere Kostenlose Bücher