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Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)

Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)

Titel: Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne B. Ragde
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aus der Illustrierten schnitt. Er klebte sie dann immer mit Klebeband in einen großen Zeichenblock.
    »Wer ist es denn diesmal?«, fragte sie.
    »Animals und Twinkle und Dusty Springfield. Aber die mag ich nicht. Die singt auf so eine blöde Negerweise.«
    »Hat du nichts von ihr?«
    »Nein, will ich auch gar nicht.«
    Sie bat nicht darum, sich die Bilder ansehen zu dürfen, denn dann würde er nur sauer werden, weil sie ihn gestört hatte. Sie wusste, sie würde die Seiten später sehen dürfen, wenn sie fragte. Aber eben erst, wenn er die neuen Bilder eingeklebt hätte. Bis dahin wollte er den Zeichenblock für sich haben.
    »Die Platte gefällt mir sehr gut«, sagte sie. »Die, die du gerade laufen lässt.«
    »Wenn ich nur lauter stellen dürfte. Und sie gehen ja nie zusammen weg, ich bin, verflixt noch mal, nie allein.«
    »Aber ich bringe die Lieder manchmal ein bisschen durcheinander.«
    »Dieses hier heißt ›Can’t buy me love‹. Das bedeutet, dass man sich keine Liebste kaufen kann.«
    Sie schwieg. Es war seltsam, wenn Rickard solche Wörter benutzte. »Liebste« war kein Jungenwort. Es bedeutete zudem gar nicht Liebste, sondern Liebe. Aber das sagte sie nicht. Es passte Rickard nicht, dass sie Englisch konnte.
    »Bei uns hören wir nur Radio. Und Papa schreibt nur.«
    »Meiner hört nicht mal Radio. Das ist schlimmer. Er liest nur. Und er sieht fern.«
    »Ihr habt doch Glück, dass ihr Fernsehen habt.«
    Er hob schnell und ruckartig den Kopf und sagte: »Ich darf doch nichts sehen! Das entscheiden alles meine Eltern. Und dann muss ich dasitzen und über Familie Feuerstein grinsen! Ich hasse sie!«
    »Du hasst Familie Feuerstein ?«
    »Ja! Weil ich die mit ihnen zusammen ansehen muss!«
    Er gab ihr den Rest der Illustrierten, wie er das immer machte.
    »Danke«, sagte sie. Er wusste, dass sie diese Illustrierte nicht hatte, ihre Mutter kaufte eine andere. Er blätterte langsam in seinem Pop-Buch hin und her. Er tat ihr leid mit seinen Pickeln, und sie fragte sich, wann sie welche bekommen würde. Doch
dann fing sie an, nach den Papierpuppenkleidern zu suchen. In dieser Nummer gab es Bademäntel und ein Handtuch und sogar ein kleines Badeentchen. Die Bademäntel für die große Schwester und den kleinen Bruder hatten Kapuzen, und ihrer war rot. In der nächsten Woche würde es Wanderkleider für die ganze Familie geben, stand dort.
    Sie lief in die Küche und hörte, dass Frau Rudolf Tassen spülte. Frau Rudolf hatte wie immer eine Zigarette im Mund und eine Kaffeetasse neben sich auf der Anrichte. Die Tasse hatte Seifenschaum am Henkel, und die Fläche darunter war nass.
    »Frau Rudolf?«
    »Mm?«
    »Darf ich die Papierpuppenkleider ausschneiden?«
    Frau Rudolf packte die Zigarette mit ihren nassen Fingern vorsichtig ganz unten am Filter an.
    »Was ist denn auf der Rückseite?«
    »Etwas über ein weißes Auto an einem Strand, wo Leute baden, und dann die Anzeige mit Knut dem Kraftprotz und dem geheimen Stärketrunk.«
    Sie legte die Zeitschrift auf die Waschmaschine und blätterte zurück.
    »Dann von mir aus«, sagte Frau Rudolf und steckte die Zigarette in den Mund und die Hände ins Wasser.
    Sie ging zurück in Rickards Zimmer und zog die Tür hinter sich zu, ehe sie sich wieder aufs Bett setzte. Er konnte es nicht ausstehen, wenn die Tür offen war. Er konnte auch den Anblick seiner Eltern kaum ausstehen, das war schon seltsam. Sie wollte langsam durch die ganze Illustrierte blättern, ehe sie etwas ausschnitt, denn sie freute sich so darauf. Sie las gründlich die Anzeige für Yaxa-Deodorant, die war so schön und stand auch immer in der Illustrierten, die ihre Mutter kaufte.

    Vierzehn Jahre alt zu sein bedeutet, ungeküsst zu sein (fast), Shake zu tanzen, warme Würstchen mit Kartoffelpüree zu essen und Coca-Cola zu trinken. Es bedeutet, lieber Pop Weekly zu lesen als das Mathebuch. Es bedeutet, keinen engen Rock tragen zu dürfen (sagt Mama), keinen hellen Lippenstift benutzen zu dürfen (sagt Papa), keine pastellfarbenen Strümpfe mit Mustern anziehen zu dürfen (sagt die große Schwester) und keinen Nagellack benutzen zu dürfen (sagt die Lehrerin).
    Vierzehn Jahre alt zu sein bedeutet, zu behaupten, dass man fünfzehn ist (ist man ja auch – bald). Es bedeutet, nur ein Lieblingspronomen zu haben: ER. ER heißt Tommie (z.B.) und kann drei Akkorde auf der elektrischen Gitarre. Wenn er singt »I should have known better«, bekommt man keine Luft mehr. Man hat entdeckt, dass man ein Herz hat

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