Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)
weiß ich. Eigentlich müsste der doch sein Obst und sein Gemüse in einem Borgward ausfahren und nicht in dem Bedford. Die Markthalle hat im Krieg mit der Wehrmacht zusammengearbeitet, das wissen doch alle.«
»Aber Herrgott, da hatte Herr Rudolf ja noch nicht mal den Führerschein, da war er doch noch ein Junge! Und vielleicht stimmt es ja auch gar nicht. Vielleicht mussten sie zusammenarbeiten. Alle brauchten doch Kartoffeln und Kohl und Möhren. Du musst endlich mit deinem Nazigerede aufhören. Du weißt es doch nicht. Es ist gefährlich, so viel zu klatschen, Egil.«
»Pah. Wenn hier jemand Klatsch liebt, dann ja wohl du.«
»Keinen gefährlichen Klatsch.«
»Und was ist mit der Verwandtschaft, die im vorigen Sommer hier war? Aus Deutschland? Wenn ich fragen darf? In diesem Jahr kommen die bestimmt wieder. Die Deutschen lieben feste Gewohnheiten. Typisch Nazi.«
»Es gibt ja wohl viele Arten von Deutschen. Bestimmt auch normale Menschen. Die keine Nazis waren.«
»Sicher, sicher. Aber ein deutscher Kriegslastwagen würde besser zu ihm passen. Ein Borgward wäre das passende Fahrzeug für einen, der …«
»Dann würde es dich noch mehr ärgern, wenn er hier gleich vor unseren Fenstern parkte.«
»Dann würde ich ihm die Reifen aufschlitzen.«
»Aber Egil!«
Sie lachte laut.
»Das ist mein Ernst«, sagte er.
»Das weiß ich doch«, sagte sie. »Aber du würdest dich niemals trauen.«
Nationalität … italienisch oder tschechisch. Kleidungsstück … Anzug. Egil könnte einen neuen brauchen. Sie hob den Blick und schaute aus den frisch geputzten Fenstern. Der junge Mann mit dem Werkzeuggürtel radelte in wildem Tempo über den Plattenweg auf einem Rad, das für ihn viel zu klein und kindlich wirkte. Sie hatte ihn in letzter Zeit mehrmals gesehen, sicher war er bei der Hausverwaltung angestellt. Und da kam Hausmeister Pettersen, der in Aufgang C im Block gegenüber wohnte, er kam über den Gehweg, hielt einen Laubrechen in der Hand und trug den seltsamen blauen Stoffhut, den er immer aufhatte. Der Hausmeister rief dem Jungen etwas hinterher, sicher eine Ermahnung, er solle auf den Gehwegen nicht so schnell fahren. Es wurde auch wirklich Zeit, dass jemand diesen Knaben zur Ordnung rief. Auf den Fußwegen sollten sich alle sicher fühlen können, dass sie nicht über den Haufen gefahren werden würden.
Er hatte jetzt sicher gute Tage, der Hausmeister – kein Schnee mehr zu schippen, noch kein Rasen zu schneiden. Eine Art Zwischenperiode, dachte sie, fast wie eine Art Nebensaison. Jetzt harkte er hier und dort und fand die seltsamsten Dinge, nun, da der Schnee geschmolzen war. Handschuhe und Skistöcke, Rodelbretter, Mützen und Türschlüssel. Da Pettersen für alle fünf Blocks zuständig war, legte er alles, was er fand, auf das überdachte Trockengestell vor dem mittleren Block, damit die Mütter in regelmäßigen Abständen dort suchen und möglicherweise etwas wiedererkennen konnten. Das Reisig, das er zusammenharkte, verbrannte er fast jeden Abend in einem großen Feuer, während die Kinder herumjohlten, bevor sie zum Abendessen ins Haus gerufen wurden. Der Mann tat ihr leid. Er hatte
doch die herzkranke Tochter und wohnte ganz oben im dritten Stock. Sie lächelte immer freundlich, wenn sie ihm begegnete. An schönen Sommertagen trug er die Kleine nach unten, und dann konnte sie ein wenig auf einer Bank in der Sonne sitzen, eingehüllt in eine Decke. Sie hatte immer blaue Lippen und Nägel, würde aber erst operiert werden können, wenn sie älter wäre und ihr Herz nicht mehr wuchs.
»Der Arme«, sagte sie.
»Wer denn?«
»Der Hausmeister.«
»Ist der arm?«
»Seine Tochter.«
»Ja, die, ja. Die mit dem Herzen.«
»Alle haben ein Herz, Egil.«
Sein rechter Mittelfinger tat jetzt weh vom Schneiden, und die Muskeln in seinem Nacken brannten. Er schnitt jetzt seit fast zwei Stunden Garn, seit er von der Arbeit nach Hause gekommen war. Er wollte gern genug für drei Abende Knüpfen schneiden, denn dann würde er sich auf die abendliche Schicht mit der Knüpfnadel freuen können. Er liebte das Zierliche und Präzise an dieser Arbeit. Dem Muster folgen, sehen, wie der Teppich vor dem Hintergrund aus grobem und genau durchlöchertem Hanf entsteht. Und die Teppiche wärmten gut, wenn sie auf dem Boden lagen, die Wohnung war ja immer fußkalt, da sie im Erdgeschoss wohnten. Der Hobbyraum des Blocks lag unter ihrer Wohnung, und es stieg nur Wärme auf, wenn Herr Larsen dort unten war. Er
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