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Ich werde die Bilder im Kopf nicht los - mein Leben nach dem Missbrauch

Ich werde die Bilder im Kopf nicht los - mein Leben nach dem Missbrauch

Titel: Ich werde die Bilder im Kopf nicht los - mein Leben nach dem Missbrauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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immer wieder stelle, die mich wahnsinnig zu machen droht und die mich schlagartig zurück ins Verhörzimmer holt.
    Krause: »Hattest du in der Situation die Chance, dich zu wehren? Waren andere Lkws in der Nähe, in denen jemand was hätte hören können?«
    Ich: »Mann, klar hätte ich mich wehren können. Aber ich hab es nicht getan. Ich hab kein einziges Wort gesagt. Ihn weder getreten, gebissen, gekratzt oder sonst was. Bin ich deshalb doch selbst schuld oder wie? Weil ich Angst hatte, was zu tun? Oder was soll das heißen?«
    Krause: »Anna, nein, das hab ich doch gar nicht gesagt. Ich muss doch nur verstehen, wie die Situation war. Kannst du ungefähr sagen, wie lange das Ganze gedauert hat?«
    Ich: »Keine Ahnung. Mir kam es vor wie eine Ewigkeit. Aber ich weiß es nicht. Es könnten auch genauso gut nur fünf Minuten gewesen sein. Ich kann das wirklich nicht sagen.«
    Krause: »Nachdem er fertig war, sozusagen, entschuldige bitte, wenn ich mich so komisch ausdrücke, was ist dann passiert?«
    Ich: »Nichts. Er hat mir einen Kuss auf die Wange gegeben und ist dann auf das Bett über mir gegangen.«
    Krause: »Bist du einfach liegen geblieben?«
    Ich: »Zuerst ja. Aber als er angefangen hat zu schnarchen, bin ich aufgestanden und leise rausgegangen. Ich war auf Toilette und hab mich überall gewaschen. Ich fühlte mich so eklig und dreckig.«
    Krause: »Und weißt du da, wann das ungefähr war?«
    Ich: »Ja. Bei dem Bezahlautomaten bei den Toiletten war die Uhrzeit mit drauf und da war es zehn nach zwölf.«
    Auszug aus dem Vernehmungsprotokoll, 21. Juni 2011, 17:37 Uhr
    Ich erzähle Krause, dass ich eine Weile draußen bei den Toiletten geblieben war. Ab und zu gingen irgendwelche Fernfahrer an mir vorbei. Einige sahen mich komisch an. Wahrscheinlich habe ich ein bemitleidenswertes Bild abgegeben. Im Schlafanzug, mit zerzausten Haaren und einer zerstörten Seele. Obwohl es kalt war – es war ja mitten im Winter –, blieb ich einfach dort stehen. Ich wollte nicht mehr zurück. Nie mehr. Aber ich wusste, dass ich keine andere Wahl hatte. Meine Mutter hätte mir niemals geglaubt. Und sie hätte mich auch niemals hier abgeholt. Und sonst gab es ja niemanden, der mir hätte helfen können. Deshalb schleppte ich mich irgendwann zurück zum Lastwagen. Es war der schlimmste und schwierigste Gang meines bisherigen Lebens. Mit jedem Schritt musste ich meinen Ekel und meinen Widerwillen überwinden. Und spätestens, als ich hoch zur Fahrertür stieg, um wieder in die warme Kabine zu steigen, hatte ich verloren. Anstatt davonzulaufen und laut aufzuschreien, bin ich zu ihm zurückgegangen, damit er mich nach Hause brachte. Von da an muss er gewusst haben, dass er mich in der Hand hatte.
    Krause: »Und wann ist der letzte Vorfall gewesen?«
    Ich: »Ironischerweise einen Tag nach meinem 17. Geburtstag.«
    Krause: »Kam es in den vier Jahren zu regelmäßigen sexuellen Kontakten?«
    Ich: »Wenn, wenn er viel zu Hause war … Dann, dann eben öfter. Manchmal jeden Tag. Aber, aber dann auch wieder mal ein paar Tage nicht.«
    Krause: »Kam es bei diesen Kontakten auch zum Geschlechtsverkehr?«
    Ich: Kopfnicken.
    Krause: »Ich möchte dich heute gar nicht mit Fragen quälen, die ins Detail gehen. Es geht mir nur darum, dass ich ein paar wichtige Punkte brauche, die entscheidend für das weitere Vorgehen sind. Das ist immer ein bisschen von der Schwere der Tat abhängig und von den Begleitumständen. Ist das in Ordnung für dich?«
    Ich: »Ja.«
    Krause: »Hat er ein Kondom benutzt?«
    Ich:Schweigen. »Nicht immer.«
    Krause: »Und kam es bei den Kontakten zum Samenerguss?«
    Ich: Kopfnicken.
    Krause: »Das heißt, du hättest theoretisch auch schwanger werden können? Oder verstehe ich das falsch?«
    Ich: »Ich hab die Pille genommen.«
    Krause: »Wusste dein Stiefvater das?«
    Ich: »Ja.«
    Krause: »Wenn du die Pille genommen hast, gehe ich davon aus, dass du regelmäßig zum Arzt gegangen bist. Hast du dort nicht sagen können, was du erlebst?«
    Ich: »Nein. Wie man sieht, nicht.«
    Krause: »Darf ich fragen, warum nicht? Vier Jahre lang ist ja schon eine relativ lange Zeitspanne. Hat da niemand etwas bemerkt?«
    Ich: »Nein, verdammt. Natürlich haben mal Leute gefragt. Klar. Aber ich hab denen bestimmt nicht auf die Nase gebunden, wie das bei uns ist.«
    Krause: »Hattest du Angst?«
    Ich: »Ja, natürlich. Was denn sonst?«
    Krause: »Hat er dich denn auf irgendeine Art bedroht oder sonst unter Druck gesetzt?«
    Ich:

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