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Ich werde die Bilder im Kopf nicht los - mein Leben nach dem Missbrauch

Ich werde die Bilder im Kopf nicht los - mein Leben nach dem Missbrauch

Titel: Ich werde die Bilder im Kopf nicht los - mein Leben nach dem Missbrauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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um ruhiger zu werden … Und noch ein Glas. Die halbe Flasche. Allmählich macht mich der Wein schön schummerig. Und müde. Und endlich kann ich schlafen.
    Aber am nächsten Morgen sind die Bilder wieder da. Viel stärker als in den vergangenen Monaten. Sie lähmen mich, bringen mich komplett durcheinander, ich schaffe kaum mehr meinen Alltag.
    Am Abend vor der nächsten Vernehmung schreibe ich im Missbrauchs-Forum:
    »Seit ich diese Anzeige gemacht habe, ist alles schlimmer, obwohl der Beamte wahnsinnig einfühlsam war, auf mich eingegangen ist und wirklich nur Ansätze besprochen wurden. Seitdem erlebe ich immer wieder Flashbacks. Sehe Bilder vor mir. Noch mal Szenen. Dinge, die noch gar nicht angesprochen wurden. Die ich auch gar nicht in der Lage wäre auszusprechen. Bereue es so sehr, dass es so gekommen ist. Möchte nicht mehr … Ich kann das nicht. Ekel mich vor mir selber, diese Worte in den Mund zu nehmen. Dann da rauszugehen. Wieder ein normales Leben spielen zu müssen. Fühle mich von innen zerrissen. Angst vor der Nacht. Den Träumen. Angst vorm Tag. Vor Leuten. Und Fragen. Wie schaffen das denn andere? Ich zittere beim Schreiben und beim Gedanken daran am ganzen Körper.«
    Eintrag in ein Missbrauchs-Forum, 28. Juni 2011, 22:30 Uhr
    Aber ich bin zu unruhig, um vor dem Computer auf Antworten zu warten oder in anderen Themenbereichen zu lesen. Deshalb hole ich mir ein Glas Wein und tippe weiter:
    »Irgendwie habe ich das Gefühl, ich werde irgendwann verrückt. Merke, dass ich so verdammt müde bin und vom Gefühl her immer müder werde, wenn es denn geht – aber mittlerweile schon richtig Angst vorm Schlafen hab. Dauernd kommen irgendwelche Scheißbilder hoch. Wache dann zum Glück irgendwann schweißgebadet auf und kann erst gar nicht deuten, was los ist – ob ich im Hier und Jetzt bin oder eben nicht. Ganz schlaue Leute sagen immer, wenn man am Tag genug tut, kann man nachts auch schlafen. Sonst muss man eben mehr machen. Haha!
    Heute Nacht wieder. Mein beschissener Scheißstiefvater. Als wäre ich ein Stück Dreck oder sonst was. Oder eher etwas zu essen. Jeder kann mal probieren. Oder was auch immer. Benutzen eben. Fi**en, beschmutzen, zerstören und liegen lassen. Und verdammt, ja – ich weiß, dass es vorbei ist, aber es fühlt sich so real an … Versuche mitunter schon, mit Alkohol einzuschlafen. Ich weiß selber, dass das die Superlösung ist. Nützt auch nur zum Einschlafen. Aber irgendwann braucht auch mein Körper mal eine Erholungsphase. Ohne irgendwas … Ist das zu viel verlangt?«
    Eintrag in ein Missbrauchs-Forum, 28. Juni 2011, 22:50 Uhr

4. Dritte Vernehmung
    »Immer, wenn Kinder Opfer dieser schrecklichen Taten sind, berührt das auch die Kriminalisten im Besonderen. Hier ist es nicht immer leicht, eigene Gefühle zurückzuhalten. Der Umgang mit den Opfern ist eine sehr sensible Angelegenheit, die vernehmenden Kriminalisten müssen sich stets neu auf das Opfer einstellen. Wichtig ist es, Vertrauen zu erlangen und gegenseitig das Gefühl zu haben, dass die Wahrheit gesprochen wird.«
    Bund Deutscher Kriminalbeamter, Kriminalhauptkommissar Herman-Josef Borjans
    K rause: »Wir sehen uns ja heute das dritte Mal in diesem Raum und ich denke, jetzt bist … oder sind wir zusammen auch schon etwas vertraut, sodass das heute doch ganz gut gehen müsste. Du hattest beim letzten Mal von dem ersten Übergriff erzählt. Wie war es, als du danach nach Hause gekommen bist?«
    Ich: »Ich hab meiner Mutter nichts gesagt, falls Sie das meinen. Ich bin ausgestiegen, hab kurz Hallo gesagt und bin hochgegangen. Hab geduscht und mich dann ins Bett gelegt. Ich war auch den ganzen Abend nicht mehr unten.«
    Krause: »Hat deine Mutter denn mal nach dir geguckt?«
    Ich: Kopfschütteln.
    Krause: »Und war dein Bruder an dem Tag zu Hause?«
    Ich: »Ja. Gesehen hab ich ihn aber nicht. Er hat nur total laut Musik gehört, mehr hab ich nicht von ihm gehört. Und das war normal, falls Sie das gleich fragen wollen. So wahnsinnig viele Worte wurden bei uns nicht gewechselt.«
    Krause: »In Ordnung, ich verstehe schon, du möchtest nicht mehr so viel erzählen. Mensch, mir tut es doch auch leid, dich so quälen zu müssen. Hattest du am übernächsten Tag, das müsste ja ein Montag gewesen sein, wieder Schule?«
    Ich: »Ja. Eigentlich schon.«
    Krause: »Eigentlich?«
    Ich: »Ich war nicht da.«
    Krause: »Warst du krank?«
    Ich: »Nein. Natürlich nicht. Ich bin einfach im Bett liegen geblieben, bis mein

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