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Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Titel: Ich werde immer da sein, wo du auch bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Lacour
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möchte ein paar Minuten in der Zeit zurückreisen und mich dagegen entscheiden, Dylan hierherzubringen. Gleichzeitig möchte ich bei ihren Erkundungen mitmachen. Ich möchte nicht, dass Dylan ihr Gesicht gegen die Fenster drückt, so wie Ingrid und ich es tausendmal gemacht haben, und in den dunklen Vorraum mit seinem leeren Verkaufsstand schaut.
    Fühlt sich so Verrat an?
    Dylan läuft jetzt um das Kino herum, aber ich folge ihr nicht. Ich weiß ja, was sie sehen wird: Noch mehr Unkraut, eine verriegelte Hintertür, ein langes rechteckiges Fenster und dahinter ein dicker Vorhang, der jedes Hineinschauen unmöglich macht.
    Ich setze mich, lehne den Rücken ans Kassenhäuschen und warte auf sie. Ich fahre mit den Fingern an den Kanten des gefliesten Bodens entlang, sehe die vereinzelten Grasbüschel zwischen den Steinen, höre den Verkehrslärm von der übernächsten Straße.
    Dylan taucht auf der anderen Seite auf und lehnt sich auch an das Kassenhäuschen.
    »Ich würde gern wissen, welchen Film sie hier zuletzt gezeigt haben.«
    Ich sehe zu ihr hoch, und wieder ziept es in meinem Magen. Das haben Ingrid und ich uns auch immer gefragt.
    »Es ist schön hier«, sagt Dylan. Es klingt schlicht, ehrlich. »Gut, dass ich mir dich als Freundin ausgesucht hab.«
    Sie macht den Deckel von ihrem Kaffeebecher ab und sieht enttäuscht rein. Leer. Ich lege die Hand auf meinen Rucksack. In diesem Moment wird mir klar, dass ich heute nicht direkt von der Schule nach Hause gegangen bin, um in Ingrids Tagebuch zu lesen.
    Ohne nachzudenken, sage ich: »Wir haben oft hier gesessen.«
    Sie sieht über die Straße. »Deine Freundin ist gestorben, nicht wahr?«
    Ich nicke, obwohl ich weiß, dass sie mich gar nicht ansieht.
    »Schlimm«, sagt sie.
    Ich bin zwar daran gewöhnt, dass Leute so was zu mir sagen, aber sie sagt es so ruhig und ernst, dass ich am liebsten losheulen möchte.
    Ich denke daran, dass Ingrid immer umfangreiche, genau ausgetüftelte Pläne für alles und jedes gemacht hat. Einer hatte zum Ziel, irgendwie reich zu werden, das Kino zu kaufen und zu renovieren und es neu zu eröffnen und Spitzenfilme zu zeigen.
    Statt Limo sollte es Tee geben, und vielleicht hätten wir auch Fotos oder Bücher verkauft. Es wäre mehr als nur ein Kino geworden. Ein Zufluchtsort für Menschen, die all den Ladenketten oder ihren Klon-Häusern entfliehen wollen. Ich weiß nicht, warum Ingrid solche Pläne gemacht hat, wenn sie das alles gar nicht tun wollte.
    Dylan lässt sich an der Wand vom Kassenhäuschen runterrutschen, bis sie neben mir sitzt. Sie versucht nicht, mich zu umarmen, sie hält Abstand.
    Falls das wirklich eine neue Freundschaft ist, dann will ich von Anfang an ehrlich sein.
    Deshalb sage ich: »Es fühlt sich komisch an, mit jemand anderem hierherzukommen.«
    Ich weiß nicht, wie sich das anhört, aber ich hoffe, dass sie nicht denkt, ich wollte sie loswerden. Ich halte die Luft an, und sie sagt: »Kann ich mir vorstellen«, und sie klingt nicht beleidigt und steht nicht auf und geht, und ich bin ihr sehr dankbar, weil es einfach viel zu lange her ist, dass ich mit einem anderen Menschen zusammen gewesen bin. Ich habe gerade eine Stunde mit einem anderen Menschen verbracht. Und ich wünschte, sie wäre noch nicht zu Ende.

24
    Der Schulbeginn liegt schon viele Wochen zurück, aber Ms Delani sieht mich immer noch nicht an. Heute sitzen wir im Dunkeln und sehen uns Dias von berühmten Landschaftsaufnahmen an. Obwohl ich am liebsten alles hassen würde, was sie uns zeigt, bin ich von den Fotos fasziniert. Wir beginnen mit Ansel Adams, der mittlerweile ziemlich abgenutzt ist. Seine Bilder sind auf allen möglichen Postern und Kalendern. Trotzdem sind sie unglaublich gut. Wasserfälle, Wälder, Berge und auch das Meer. Riesengroß. Vor ihnen komme ich mir klein vor, aber auf eine gute Weise.
    Als Nächstes sehen wir Fotos von Marilyn Bridges. Ms Delani steht an ihrem Pult und konstatiert das Offensichtliche.
    »Dies ist eine Stadtlandschaft, ein Weichbild. Achtet darauf, wie die Sonne im Fokus am hellsten ist. Die umliegenden Gebäude liegen im Schatten.«
    Sie zeigt noch ein paar Dias, dann sagt sie: »Jetzt möchte ich euch einige Beispiele von Schülerarbeiten aus den letzten Jahren zeigen.«
    Sie setzt sich und öffnet auf ihrem PC eine Datei. Ich weiß, dass ich mir was Blödes wünsche, aber ich hoffe, dass eins der Fotos, die sie zeigen will, von mir ist. Ich weiß, dass sie mein Foto von Oakland nicht gut fand, aber

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