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Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Titel: Ich werde immer da sein, wo du auch bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Lacour
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beigebracht. Ich wünschte, ich wäre ihr nie begegnet.«
    Ich drehe mich um und schaue aus dem Fenster, aber es ist dunkel, und ich sehe nur unsere Spiegelbilder. Ein völlig untypisches Familienporträt. Meine Mutter hat eine Schürze über ihr Kostüm gebunden, Haarsträhnen sind ihr aus der Spange gerutscht, mein Vater lehnt am Herd und reibt sich genervt die Stirn, und ich sehe dem unsichtbaren Betrachter direkt ins Gesicht, während die Zwiebeltränen auf meinen Wangen trocknen. Ich überlege, wie ich ihnen die Situation erklären könnte, aber Mom quasselt pausenlos von den Gefahren und Konsequenzen des Schuleschwänzens, bis ich es total absurd finde, dass sie sich wegen so einer Kleinigkeit dermaßen aufregt.
    »Warum lachst du?« Meine Mutter klingt gekränkt und wütend.
    »Ich kann nicht anders.« Ich kichere. »Du benimmst dich total psychotisch.«
    Sie starrt mich zornig an, dann wischt sie sich die Hände an der Schürze ab. Sie dreht sich zu mir um, und ich stähle mich für eine Umarmung. Aber sie zischt an mir vorbei, hebt das Schneidebrett hoch und kratzt die Zwiebeln in den Mülleimer.
    »Ich geh schlafen«, sagt sie zu Dad und verlässt die Küche.

27
    Ich esse drei Wassereis zum Abendbrot, während ich ein paar Lieder von The Cure immer wieder und ziemlich laut abspiele, weil ich nicht mitkriegen will, ob meine Eltern über mich reden. Dass wir uns streiten, lässt mich kalt. Das ist doch total normal, oder? Ich kenne niemanden, der sich mit seinen Eltern immer gut versteht. Ingrid hat sich ständig mit Susan und Mitch gefetzt, obwohl ich die eigentlich ganz nett fand. Trotzdem warte ich auf ein Klopfen an meiner Tür, weil das bei uns sonst nie so läuft. Wir fauchen uns manchmal an, aber wir streiten nicht richtig.
    Das Klopfen kommt eine Stunde später, es ist so leise, dass ich es wegen der Musik zuerst nicht höre.
    »Caitlin?« Mom. »Hier ist jemand, der dich besuchen will.« Ich höre an ihrer Stimme, dass sie nur aus Höflichkeit mit mir spricht. Sie hat mir noch nicht verziehen.
    Ich gehe zur Tür und öffne sie. Moms Augen sind geschwollen, und ihre Wimperntusche ist verschmiert. Ihr Anblick tut mir weh.
    »Soll ich ihn hochschicken?«, fragt sie.
    »Okay.« Ich werfe einen skeptischen Blick auf meine Jogginghose und mein ausgeleiertes T-Shirt. Wer immer das ist, sieht mich nicht von meiner besten Seite.
    Mom tapert die Treppe runter.
    Ich höre sie sagen: »Sie ist oben. Letzte Tür links.«
    Ich ziehe schnell noch die Tagesdecke über mein Bett.
    »Hey«, sagt eine Jungsstimme.
    Ich drehe mich um.
    Taylor Riley.
    »Was willst du denn hier?«
    »Oh.« Er sieht verwirrt aus. »Na ja, wir schreiben morgen in Algebra einen Übungstest. Er hat es erst heute angekündigt und uns zur Vorbereitung 'ne Hausaufgabe aufgegeben, aber das weißt du ja nicht, deshalb hab ich mir gedacht, ich sag dir Bescheid. Für den Fall, du weißt schon, dass du dir alles noch mal anschauen willst oder so.«
    Ich antworte ihm nicht, weil ich sein Hemd anglotze. Da steht in Großbuchstaben WILL WORK FOR SEX .
    Er sieht mich an. »Stimmt was nicht? Ist da was auf …«
    Er sieht nach unten. Ich sehe sein Gesicht rosa, dann rot anlaufen.
    »Ach Herrje. Oh, du meine Scheiße. Ich hab total vergessen, dass ich das anhabe. Meine Güte – deine Mutter! Kaum zu glauben, dass sie mich in dein Zimmer gelassen hat.«
    Er sieht schrecklich verlegen aus, und ich hätte sicher gelacht, wenn ich nicht so total von der Rolle gewesen wäre, weil er extra zu mir nach Hause gekommen ist, um mir das mit den Hausaufgaben zu sagen.
    »Meinst du, sie hat es bemerkt?«, fragt er.
    »Es ist schwer zu übersehen.«
    »Trägt sie nicht sonst eine Brille? Eben hatte sie nämlich keine auf.«
    Ich sage: »Sie hat keine Brille«, und dann muss ich doch lachen, weil er sich so komisch benimmt und sein Gesicht zwischen den blonden Haaren und Koteletten so rot ist. »Was ist denn nun die Hausaufgabe?«
    »Seite siebenundachtzig bis neunundachtzig. Nur die ungeraden Aufgaben«, rasselt er runter.
    »Danke.«
    »Okay. Dann kannst du ja jetzt loslegen.«
    Jetzt zieht er sich das Shirt über den Kopf. »Was machst du da?«
    »Ich dreh mein Shirt um. Für den Fall, dass ich auf dem Weg nach unten deinem Vater begegne.«
    »Warum hast du überhaupt so ein Shirt?«
    Er zuckt die Schultern. »Jayson und ich haben es in Berkeley in einem dieser T-Shirt-Läden gesehen, und ich fand es witzig. Aber wahrscheinlich ist es total schwachsinnig.«
    Ich

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