Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Titel: Ich werde immer da sein, wo du auch bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Lacour
Vom Netzwerk:
Foto aller Zeiten geschossen habe. Wie würde ich dastehen?
    Deshalb sage ich: »Ich baue gern Sachen.«
    Ich achte beim Sprechen auf die Wörter und prüfe, wie ich mich anhöre.
    Maddy sieht interessiert aus, und Dylan schaut von ihrem Armband auf.
    »Aus Holz«, füge ich hinzu.
    »Phantastisch«, sagt Maddy. »Was baust du denn?«
    Ich würde gern die Wahrheit sagen, ohne dass sich das schwachsinnig anhört. Am besten, ich konzentriere mich auf die Zukunft. »Ich will ein Baumhaus bauen. Aber keins für Kinder.«
    »Wie die in dem Buch, das du ausgeliehen hast?«, fragt Dylan. Sie schlürft ihren Kaffee – die vierte Tasse heute Nachmittag.
    »Ja. Wir haben so einen Riesenbaum im Garten, da will ich es hineinbauen.«
    Maddy sieht begeistert aus. »Meine Eltern haben einen Freund in Oregon, der hat auch ein Baumhaus auf seinem Grundstück. Das ist wunderschön. Wenn wir ihn besuchen, sitz ich die ganze Zeit da oben. Ich würde deins wahnsinnig gern sehen, wenn du es gebaut hast.«
    »Klar«, sage ich. »Unbedingt, ganz bestimmt.«
    »Maddy ist Schauspielerin«, sagt Dylan und legt ihre Hand auf Maddys Rücken.
    »Das ist total cool«, sage ich. »Ich habe mal einen Halbjahreskurs Darstellendes Spiel belegt, aber das war nichts für mich. Ich hatte endlos Lampenfieber.«
    Maddy sagt: »Früher war ich vor den Aufführungen auch aufgeregt, aber heute ist das vorbei. Ich habe ein Ritual. Dann stelle ich mir einen Lichtkreis rings um mich vor, der mich vor dem Publikum beschützt. Das hört sich vielleicht bescheuert an, aber es funktioniert.«
    Ich frage: »Also, wirst du nach dem Schulabschluss nach L.A. ziehen?«
    »Oh, nein.« Maddy schüttelt den Kopf, und ihre weißen Muschelohrringe baumeln hin und her. »Ich interessiere mich nur fürs Theater.«
    Ich nippe an dem Espresso Macchiato und bereue die Bestellung. Ich mag die Tässchen, in denen er serviert wird, und diesen Schaum, aber das eigentliche Getränk ist schrecklich bitter.
    »Also, Dylan«, sage ich. »Was machst
du
am liebsten?«
    Dylan zuckt die Achseln. »Ich bin noch auf der Suche danach.«
    Maddy lacht. »Sie gibt nicht gern an. Sie ist unglaublich klug. Weißt du, wie sie die ersten fünf Sommercamps ihres Lebens verbracht hat?«
    Dylan lacht. »Halt die Klappe«, sagt sie liebevoll zu Maddy.
    »Mit Physikkursen!«, ruft Maddy. Dann wiederholt sie feierlich: »Mit Physikkursen.«
    Kaum zu glauben. Alle Naturwissenschaftsfreaks von unserer Schule hängen in den Mittagspausen in Grüppchen zusammen und beten sich den Numerus Clausus der verschiedenen technischen Hochschulen vor. Außerdem: Wer ist schon in Naturwissenschaften
und
Englisch gut.
    Dylan zuckt die Achseln. »Wir haben Elektromagneten gebaut und so Zeugs. Hat Spaß gemacht.«
    Wir sitzen noch eine Weile da und unterhalten uns, und ich frage mich, wie das ist, wenn man sich leidenschaftlich für etwas begeistert. Ich dachte mal, bei mir wäre das Fotografie. Ich dachte, ich liebte das und wäre gut darin. Jetzt hat sich gezeigt, dass ich es nur geliebt habe.
    »Ich bin gleich wieder da«, sagt Dylan.
    Sie steht auf, und Maddy lächelt ihr nach, ihrem Rücken, den langen, dünnen Gliedern, den knochigen Schulterblättern und dem wilden Haar.
    Als Dylan im Café verschwunden ist, sagt Maddy: »Ich bin froh, dass sie dich gefunden hat. Sie hatte echt Schiss, dass sie in Los Cerros keine Freunde finden würde.«
    Ich rutsche auf meinem Stuhl herum. »Ja. Es ist eine ziemlich kleine Schule.«
    »Das mit deiner Freundin tut mir leid.«
    Ich starre überrascht in meinen Espresso. Das Tässchen ist noch halb voll, und der Kaffee wird kalt.
    »Tut mir leid«, sagt Maddy. »Bestimmt höre ich mich bekloppt an, wenn ich das sage. Aber ich wollte, dass du weißt, dass Dylan auch jemanden verloren hat. Sie redet nicht darüber, deshalb sag bitte nichts. Aber du sollst wissen, sie versteht, was du durchmachst. Sie ist ein wunderbarer Mensch. Ich bin auch froh, dass
du sie
gefunden hast.«

33
    Auf der Rückfahrt sitze ich neben Maddy hinten im Auto von Dylans Mutter und frage mich, wie das wohl läuft, wenn Maddy bei ihnen übernachtet. Dylans Mutter weiß offensichtlich, dass die zwei ein Paar sind. Schlafen beide in Dylans Zimmer?
    Als wir vor unserem Haus halten, dreht Dylan sich auf ihrem Sitz um. »Wollen wir uns am Montag zum Essen treffen?«
    »Klar. Treffen wir uns bei den Spinden?«
    »Super.«
    Ich bedanke mich bei ihrer Mutter fürs Heimbringen und will gerade Maddy sagen, dass ich mich

Weitere Kostenlose Bücher