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Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Ich werde immer da sein, wo du auch bist

Titel: Ich werde immer da sein, wo du auch bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Lacour
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hier?« Sie neigt ihren Kopf zur Seite und sieht mich neugierig an.
    »Ich muss ein paar Kopien machen«, sage ich, als wäre das selbstverständlich.
    Maddy lacht. »Gibt es denn in Los Cerros keine Copy Shops?«
    Ich hole Ingrids Tagebuch aus meiner Tasche.
    »Hiervon.«
    Maddy nimmt das Tagebuch. Ich weiß nicht, ob Dylan ihr davon erzählt hat, ob es für sie irgendeine Bedeutung hat. Aber sie hält es in der einen Hand, legt die andere auf meinen Arm und sagt: »Klar, natürlich.«
    Sie denkt kurz nach. »Ich kann meinen Chef fragen, ob du das Hinterzimmer benutzen darfst. Da erledigen wir größere Aufträge, und du hättest mehr Ruhe.«
    Hier vorn strömt Licht durch die Schaufenster, leise Musik spielt, eine Frau mit Tattoos auf beiden Armen steht an einem Kopierer, ein grauhaariger Mann mit Ringen an jedem Finger hat Papiere auf einem Arbeitstisch ausgebreitet. An einer Fensterwand stehen ein freier Kopierer und ein Tisch.
    »Danke. Aber eigentlich geht es hier auch.«
    »Okay«, zwitschert Maddy. »Dann wollen wir mal.«
    Sie führt mich zu einem Ständer mit verschiedenen Papiersorten.
    »Warum nimmst du nicht das hier?« Sie nimmt einen Stapel von der oberen Reihe. »Das ist echt gute Qualität. Hier, fühl mal.«
    Es ist leicht strukturiert und dicker als normales Papier.
    »Es ist ziemlich teuer«, flüstert sie. »Aber du kannst meinen Mitarbeiter-Rabatt kriegen.«
    Ich sehe mich nach dem Chef um, aber alle Menschen, die hier arbeiten, sind jung und machen einen netten Eindruck.
    »In Ordnung«, flüstere ich zurück.
    Am Kopierer atme ich den Geruch von Toner und Papier ein.
    Maddy zeigt mir die richtigen Einstellungen, und als ich es kapiert habe, geht sie wieder hinter den Tresen.
    Draußen vor dem Fenster spazieren Leute vorbei, schieben Kinderwagen, führen Hunde Gassi, schlürfen Kaffee. Einige Paare warten entspannt vor einem Café. Ich schlage die erste Seite auf und überlege, wie viele Stunden ich sie schon angeschaut habe.
    Ich lege sie auf das erleuchtete Glas, klappe den Deckel drüber und drücke auf die Starttaste.
    Eine Sekunde später spuckt die Maschine eine perfekte Kopie aus. Ich nehme sie und halte sie hoch. Da ist das schiefe Lächeln, das gelbe Haar.
    Ich drücke wieder.

19
    Eine Stunde später bin ich fertig.
    Ich trage meinen dicken Stapel Kopien zum Tresen, und Maddy rechnet aus, was ich zu zahlen habe.
    »Hat Dylan in letzter Zeit mal von mir gesprochen?«
    Maddy nickt. Sie greift unter den Tresen und holt ein Stück dickes braunes Papier hervor, in das sie meine Kopien einschlägt.
    »Sie hat dir von Danny erzählt. Das ist unglaublich. Sie redet nie von Danny.«
    Sie schweigt, aber sie sieht nachdenklich aus, also warte ich, ob sie noch mehr sagt.
    »Es ist so eine Sache mit Dylan. Sie lässt nicht viele Menschen an sich ran. Aber sie mag dich sehr gern, und sie weiß, wie es ist, wenn man so etwas durchmacht.«
    Sie öffnet eine Tüte und legt meine Kopien hinein.
    Ich will sie eigentlich gar nicht nehmen, denn ich möchte nicht aus dem Laden gehen. Alles fühlt sich gut an – der Sonnenschein, die Musik, die Frau mit ihren Tattoos, die immer noch an einem endlosen Projekt herumlaboriert, Maddy, die mich freundlich anlächelt – und dann kapier ich es.
    So fühlt es sich an, wenn man Freunde hat.
    Das ist nichts Vorübergehendes. Das hört nicht auf, wenn ich durch die Tür gehe.
    Ich nehme die Tüte und hole die Kopie einer Zeichnung heraus, die Ingrid von einem Mädchenrock und Beinen gemacht hat. Darunter steht
Tapfer
.
    »Ich möchte dir das hier schenken.«
    Maddy hält das Blatt behutsam an beiden Seiten auf Augenhöhe.
    »Erzähl mir davon«, sagt sie, ohne den Blick abzuwenden.
    Ich beuge mich über den Tresen, damit ich die Zeichnung besser sehen kann. »Es ist aus der Mitte von ihrem Tagebuch, wo sie einen sehr verwirrten Eindruck macht. Aber es scheint so, als hätte sie damals noch Hoffnung gehabt.« Ich zucke die Achseln. »Ich weiß sonst wirklich nichts darüber.«
    Ich denke an meine Fahrt hierher, an den Mann auf dem Weg zur Arbeit, die alte Frau und ihren Pullover. »Wir könnten uns was ausdenken«, schlage ich vor.
    »Hm. Mal sehen. Sie saß draußen irgendwo in eurer Stadt.«
    »Auf der Treppe vor Starbucks.«
    »Und wartete auf dich. Sie hat die Leute beobachtet und sich so die Zeit vertrieben, bis du kamst.«
    »Und da hat sie dieses Mädchen gesehen.«
    »Eine Elfjährige.«
    »Und die hat ihr irgendwie imponiert.«
    »Aber sie wollte nicht,

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