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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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machten sich auf den Weg. Mühsam mußten sie gegen den Wind ankämpfen. Die Fahrbahnen waren wie ausgestorben. Kein Wagen überholte sie. Fußgänger waren kaum zu sehen.
    „Wir hätten es auf morgen verschieben sollen“, brummte Ernest Cropp pessimistisch. „Bis wir in Camberwell ankommen, sind wir restlos ausgepumpt. Mit unseren morschen Knochen werden wir da nicht mehr viel ausrichten.“
    „Klappe halten!“, zischte Rex Chapel. „Laß mich nur machen! Werden bald da sein.“
    Sie brauchten immerhin noch fast eine Stunde. Ihre Mäntel trugen dichte weiße Decken. Ihre Augen waren halb blind von dem stürmischen Schneetreiben. Dann endlich hatten sie den Love Walk in Camberwell erreicht. Vor dem Haus mit der Nummer sieben blieben sie stehen. Sie studierten das Glockenschild am Portal der hohen Umzäunung.
    „William Dudley“, stand da zu lesen. „Member of Parlament.“
    „Hier sind wir richtig“, grinste Rex Ghapel. „Der Mann hat Pulver. Schau dir sein Haus an.“
    Es war eine Villa wie im Märchenbuch. An den Mauern rankte sich dichter Efeu empor. Vor den Fenstern lagen weiße Rolläden. Ein breiter Kiesweg führte durch den Garten zum Portal. Rex Chapel und Ernest Cropp überstiegen die Mauer und pirschten sich langsam an das Haus heran. Sie kamen an einem Goldfischteich vorüber und an einem Wasserbecken aus schönstem Marmor. Aus einer silbernen Röhre plätscherte unaufhörlich Wasser in das Bassin.
    „Welch eine Verschwendung“, sagte Ernest Cropp ärgerlich. „Wohin mit all dem Wasser? Der Mann scheint einen Vogel zu haben.“
    „Ruhig jetzt!“, zischte Rex Chapel gereizt. „Kann sein, daß ein halbes Dutzend Leute in diesem Haus wohnen. Wir müssen höllisch aufpassen.“ Sie erbrachen ein kleines Treppenfenster im Erdgeschoß und stiegen lautlos ein. Minutenlang horchten sie in das stille Haus hinein. Als alles still blieb, drangen sie langsam in die Halle vor. Zu beiden Seiten gab es eine Menge Türen. In kühnem Schwung führte eine Treppe nach oben.
    „Wohin jetzt?“, fragte Ernest Cropp in heiserem Flüsterton. ,
    Rex Chapel ersparte sich die Antwort. Auf leisen Sohlen tappte er von Tür zu Tür.
    Hinter der ersten hörte er schwache Atemzüge. Auch hinter der zweiten. Hinter der dritten war alles still. Er drückte behutsam die Klinke nieder und huschte geräuschlos in das Dunkel des Raumes. Seine Hand glitt über die Wand, bis er den Schalter fand. Frech knipste er das Licht an. Es war die Küche, in die er geraten war. Er zog sich enttäuscht zurück. Die nächste Tür führte ins Speisezimmer, daneben war das Bad und eine Garderobe.
    „Wir müssen nach oben“, flüsterte Rex Chapel. „Hier unten ist nichts zu holen.“
    Sie öffneten ein Hallenfenster und machten die Rolläden auf, um im Notfall einen Fluchtweg zu haben. Dann erst stiegen sie langsam die Treppe empor. Vorsichtig vermieden sie jedes Knarren. Jedem ächzenden Brett gingen sie mit sicherem Instinkt aus dem Weg. Im Oberstockwerk hatten sie endlich Glück. Schon die erste Tür brachte sie ihrem Ziel näher. Sie kamen in das Studierzimmer des Hausherrn.
    Zahlreiche Bilder des Parlamentsgebäudes schmückten die Wände. Daneben hingen Degen und bunte Mützen, die noch aus der Studentenzeit William Dudleys stammten. Die Mitte des Zimmers nahm ein riesiger Schreibtisch ein. Daneben gab es noch Aktenkästen und Rollschränke. Auch diesmal machte Rex Chapel ungeniert Licht. Hell strahlten die vierzig Flammen des Lüsters auf. Der Raum lag in gleißendem Lichtschein.
    „Bist du wahnsinnig?“, zischte Ernest Cropp ängstlich. „Mach sofort die Lampe aus!“
    Aber alle seine Einwände blieben vergebens. Rex Chapel hatte sich nun einmal in den Kopf gesetzt, hier den starken Mann zu spielen. Er tat, als wäre er in diesem Haus geboren worden.
    „Ich nehme mir den Schreibtisch vor“, raunte er. „Was du machst, ist deine Sache.“
    Er ließ sich nicht länger aufhalten. Mit einem dünnen Rolldraht machte er sich über den Schreibtisch her. Die Schlösser waren leicht zu öffnen. Schon nach wenigen Sekunden sprang die erste Schublade auf. Rex Chapel wühlte hastig in den zahllosen Papieren herum. Parlamentsberichte, Aufsätze und Entwürfe fielen ihm in die Hände. Er blätterte jedes einzelne Schriftstück durch. Und ordnungsliebend wie ein Bürokrat legte er jedes Schriftstück wieder an seinen Platz zurück.
    „Glaubst du?“, grinste Ernest Cropp, „dieser Mann bewahrt ausgerechnet in seinem Schreibtisch einen

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