Ich werde schweigen Kommissar Morry
Chapels. Allein fühlte er sich völlig hilflos. Er wußte, daß die Polizei seit langem hinter ihnen her war. Er wußte auch, daß man ihre letzten Einbrüche verpfiffen hatte. Es war nur noch eine Frage von Tagen, bis ihnen die Cops das Gas abdrehten.
„Na, ich wußte es ja“, sagte plötzlich jemand mit befriedigtem Grunzen hinter ihm. „Die Sache geht in Ordnung. William Dudley war weich wie Wachs. Er will noch morgen nacht hierherkommen. Ich erwarte ihn draußen gegen Mitternacht am Fishmarket. Er will tausend Pfund mitbringen.“
Ernest Cropp drehte sich langsam um. Hinter ihm stand Rex Chapel. Sein Gesicht strahlte vor Zufriedenheit.
„Tausend Pfund“, ächzte Ernest Cropp in fassungsloser Begeisterung. „Ich werde verrückt, wenn das wahr ist. Wir werden über Nacht reiche Leute sein.“
„Vor allem Klappe halten“, tuschelte Rex Chapel eindringlich. „Lacy Acklam und Ben Hopkins dürfen nichts davon erfahren. Kapiert? Wir stauben dieses Beichtkind allein ab.“
Jetzt erst schmeckte es ihnen wieder. Sie machten ihre Teller leer, daß den anderen Gästen die Augen übergingen. Dazu tranken sie in wahrem Höllentempo.
„Na, was hältst du jetzt von deinem Freund?“, brummte Rex Chapel prahlerisch. „Wie habe ich das gemacht?“
Ernest Cropp blickte ihn bewundernd an. „Du bist das größte Genie seit Edison“, sagte er respektvoll.
Und da er noch nicht wußte, wie faul das Ei war, das sie da ausbrüteten, sprach er im Brustton tiefster Überzeugung.
6
Als der Abgeordnete William Dudley am nächsten Morgen den Frühstückssalon betrat, wurde er schon ungeduldig von seiner Gattin erwartet. Sie blickte ihm forschend und vorwurfsvoll entgegen. Mißtrauisch starrte sie in sein verfallenes Gesicht.
„Nun einmal ehrlich, William“, sagte sie energisch. „Warum willst du den Einbruch von heute nacht nicht der Polizei melden? Hast du etwas zu verbergen?“
William Dudley sah schief an ihr vorbei. Er war nicht mehr der Mann, wie sie ihn früher gekannt hatte. Seit seiner Rückkehr aus Brasilien war er vollkommen verwandelt.
„Vielleicht stimmt das Gerücht doch, das mir zu Ohren kam“, sagte Mrs. Dudley herb. „Vielleicht ist es wirklich wahr, daß du die Gastfreundschaft dieses Mr. Garden schamlos mißbrauchtest. Vielleicht hast du wirklich mit seiner leichtfertigen Frau eine Liebschaft angefangen?“
„Bitte, quäl mich nicht“, sagte William Dudley schwer atmend.
„Wie kannst du diesen boshaften Gerüchten glauben. Ich war mit Melanie Garden nicht näher befreundet als alle anderen. Ich kannte sie früher schon, als ich noch nicht mit dir verheiratet war. Es war eine Jugendfreundschaft, weiter nichts.“
„Und warum meldest du den Einbruch nicht?“, bohrte Mrs. Dudley hartnäckig weiter. „Man hat dich doch bestohlen. Man hat dir sechzig Pfund Bargeld beraubt und den Schreibtisch erbrochen. Vermißt du nicht irgendwelche Schriftstücke?“
„Nein, nein“, warf William Dudley hastig ein. „Mir fehlt nichts. Ich habe schon nachgesehen. Es ist alles in Ordnung.“
Er atmete erleichtert auf, als der Diener auf der Bildfläche erschien. „Die Morgenpost, Sir“, sagte er steif.
William Dudley nahm ihm rasch die Briefe aus der Hand. Ein kleines Päckchen war darunter, nicht größer als eine Zigarettenpackung. Die Adresse war mit Maschine geschrieben. Ein Absender war nicht angegeben. William Dudley drehte geistesabwesend die kleine Schachtel zwischen seinen Fingern. Sein Gesicht war noch immer erdfahl. Die Mundwinkel zuckten nervös.
„Na, so mach doch endlich die Schachtel auf", murmelte seine Gattin kopfschüttelnd. „Man kann dir fast nicht mehr Zusehen.“
Langsam entfernte William Dudley die Schnur und die Papierhülle. Ebenso langsam öffnete er die winzige Schachtel. Noch in der gleichen Sekunde quoll ihm eine Blume entgegen, eine dunkelrote Blüte mit weit geöffnetem Kelch und sichelförmigen Blättern. Ein betäubender Duft ging von ihr aus. Ein schwerer, herber Geruch, der so gespenstisch war wie die blutrote Farbe. William Dudley legte mit zitternden Fingern die mysteriöse Blume auf den Tisch. Umsonst durchsuchte er die Schachtel nach einem Brief. Er fand keine Zeile.
„Was hat das zu bedeuten, William?“, rief Mrs. Dudley schrill.
„Warum schickt man dir diese Blume? Es ist doch eine Tungasblüte, wenn ich mich nicht irre. Ich sah sie kürzlich in der Zeitung ab,gebildet. Man fand sie bei dem ermordeten Mark Vereston, nicht wahr?“
Der laute
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