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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Blumenstock auf? Schätze, du wirst eine gewaltige Enttäuschung erleben.“
    „Laß mich zufrieden", brummte Rex Chapel mundfaul. „Sieh lieber in den Schränken nach, ob dort kein Bargeld zu holen ist. Zum Faulenzen habe ich dich nicht mitgenommen.“
    Er öffnete Fach um Fach, Schublade um Schublade. Von Minute zu Minute wurde sein Gesicht länger. Eine mürrische Enttäuschung malte sich in seinen Zügen. Als er sich das unterste Fach vornahm, stellte er plötzlich fest, daß die Außenwand merkwürdig dick war. Das polierte FIolz hatte die Stärke einer Handbreite. Mit dem Instinkt eines Fuchses witterte Rex Chapel, daß er hier an der richtigen Stelle war. Er fingerte eine Weile an der glatten Holzfläche herum und entdeckte kurz nachher einen Schieber, den er ruckartig aufschob. Gierig tastete er mit beiden Händen in dem sdimalen Hohlraum herum. Seine Finger spürten ein großes Kuvert, das er hastig herauszog. Er hielt den braunen Umschlag in das Licht der Lampe.
    „An das Sonderdezernat Scotland Yards“, lautete die Adresse. Und darunter stand mit dünnen, zitterigen Buchstaben: „Erst nach meinem Tode zu öffnen.“
    Es kümmerte Rex Chapel nicht im geringsten, daß das Kuvert dreifach versiegelt war. Er erbrach es schon in der nächsten Sekunde und holte drei eng beschriebene Bogen heraus. Dann begann er an Ort und Stelle das Schriftstück zu studieren. Schon nach wenigen Zeilen begannen seine Augen aufzuleuchten. Das Testament enthielt eine Beichte, die weit mehr wert war als ein paar rote Blumenblüten.
    Rex Chapel las hochbefriedigt die Namen von zwei Abgeordneten, die von William Dudley eigens erwähnt waren. Mit soviel Glück hätte er nie gerechnet. Statt eines Opfers hielt er nun gleich drei in seinen schmierigen Händen. Es war ihm jetzt schon klar, daß sie alle eine Menge Geld berappen würden.
    „He!“, rief Ernest Cropp plötzlich mit aufgeregtem Hüsteln. „Was willst du mit dem albernen Papierkram? Komm hierher!“
    Rex Chapel hatte es nicht besonders eilig. Er wußte, daß er sein Schäfchen bereits im Trockenen hatte. Er faltete das kostbare Schriftstück sorgfältig zusammen und barg es in seiner Brusttasche. Anschließend sperrte er alle Fächer des Schreibtisches behutsam wieder ab.
    Erst dann ging er zu Ernest Cropp hinüber. „Was gibts?“, fragte er gleichgültig.
    Ernest Cropp hielt triumphierend ein Dutzend loser Geldscheine in den Händen. Es waren schätzungsweise fünfzig Pfund.
    „Heute werden wir nicht hungrig in die Federn kriechen“, stieß er freudig hervor. „Für diesen Mammon können wir uns eine Woche lang volllaufen lassen. Noch heute Nacht muß uns die Witwe Pattison das größte Steak servieren, das sie im Eisschrank hat.“
    Sie teilten die Scheine an Ort und Stelle. „Für heute reicht es“, murmelte Rex Chapel gut- gelaunt, „und ab morgen wird es Geld regnen wie im Märchen. Glaube, es kommen jetzt goldene Zeiten für uns beide.“
    Sie schwelgten derart in ihren Zukunftsträumen, daß sie das Klappen einer Tür in nächster Nähe völlig überhörten. Erst als sie rasche Schritte auf dem Korridor hörten, wurden sie sich schlagartig der drohenden Gefahr bewußt. Sie standen beide da, als wären sie zu Salzsäulen erstarrt. Atemlos horchten sie zur Tür hin. Die Schritte kamen näher.
    „Wo bist du denn, William?“, rief eine helle Frauenstimme.
    „Licht aus!", zischte Ernest Cropp mit brüchiger Stimme. „Verflucht, mach das Licht aus! Wenn sie hereinkommt, sieht sie uns in schönster Festbeleuchtung. Sie braucht dann nur der Polizei unsere Personenbeschreibung zu geben . . .“
    Rex Chapel wollte mit ein paar langen Sätzen zum Lichtschalter hasten, aber es war schon zu spät. Die Schritte waren nun unmittelbar vor der Tür. Sie hörten, wie draußen eine Hand nach der Klinke tastete. Der metallene Griff bewegte sich langsam nach unten. Eine halbe Sekunde später öffnete sich die Tür. Die notdürftig bekleidete Frau, die eben ahnungslos über die Schwelle schritt, mußte die Gattin William Dudleys sein. Sie tat zwei Schritte ins Zimmer, bevor sie die Sachlage begriff. Wie versteinert blieb sie plötzlich stehen.
    Ein schriller Aufschrei brach über ihre Lippen. Eine kalkige Blässe zog über ihr Gesicht. Sie streckte furchtsam die Hände vor, als wollte sie sich mit dieser rührenden Gebärde vor einer tödlichen Gefahr schützen. Noch in der gleichen Sekunde flüchtete sie gehetzt zur Tür und lief aufschreiend in die Halle hinunter. Ihre

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