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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Hilferufe gellten laut durch das stille Haus.
    „Verflucht“, knirschte Ernest Cropp verdattert. „Sie alarmiert die ganze Bude. Los, nimm die Beine in die Hand. Wir müssen türmen, noch ehe sie uns den Rückweg abschneiden.“
    Sie fühlten sich auf einmal verdammt unbehaglich zwischen den engen Mauern. Mit verzerrten Gesichtern jagten sie die Treppe hinunter. Sie zogen die Kragen hoch und schirmten mit den Händen die Gesichter ab, um auf keinen Fall von anderen Hausbewohnern erkannt zu werden. Zu ihrem Glück stand das Fenster noch offen, das ihre einzige Rettung bedeutete. Wie die Irren stürmten sie darauf zu.
    „Halt!“, schrie eine drohende Stimme hinter ihnen. „Bleiben Sie stehen! Ich schieße ohne weitere Warnung!“
    Rex Chapel und Ernest Cropp dachten nicht daran, sich zu ergeben. Während sie wie aufgescheuchte Hasen über das Fenstersims sprangen, peitschte der erste Schuß neben ihnen in die Scheiben. Klirrend fegten die Glasscherben nach allen Seiten. Eine zweite Kugel surrte durch das offene Fenster in die Nacht.
    „Polizei!“, gellte eine laute Stimme. „Haltet die Diebe auf!“
    Rex Chapel und Ernest Cropp liefen um ihr Leben. Sie hetzten wie irrsinnig durch den verschneiten Garten und schwangen sich in halsbrecherischem Tempo über die Mauer. In den Nachbarhäusern wurden zahlreiche Fenster hell. Die Hilferufe pflanzten sich fort. Irgendwo trillerte eine Polizeipfeife. Die Lage wurde immer bedrohlicher. Aber das launische Glück schien ausgerechnet den beiden Ganoven beistehen zu wollen. Das heftige Schneetreiben schützte sie vor jeder Sicht. Es hüllte sie ein wie weiße Watte. Die Schneedecke auf dem Boden dämpfte ihre Schritte.
    Die Rufe hinter ihnen wurden allmählich immer schwächer. Von der Polizeipfeife war nichts mehr zu hören. Das Anwesen William Dudleys lag schon weit zurück. Die drohenste Gefahr war vorüber.
    „Uff!“, stöhnte Ernest Cropp mit schwerem Keuchen. „Kein zweites Mal in dieses Haus. Um ein Haar hätten wir uns in die dickste Brühe gesetzt.“
    „Mumpitz!“, schnitt Rex Chapel das Gejammer ab. „Für ein solches Geschäft muß man schon etwas in Kauf nehmen. Bis jetzt ist ja alles gut gegangen.“
    Es ging auch weiterhin gut. Sie wurden nicht verfolgt. Sie nahmen an der Camberwell Station großspurig eine Taxe und ließen sich wie zwei bessere Herren zum Fishmarket fahren. Einige Minuten später tauchten sie mit dämlich grinsenden Gesichtern im Mitternachtssaloon auf.
    „Was wollt ihr denn noch hier?“, fragte die Witwe Pattison wegwerfend. „An Schnorrer wird hier nichts ausgeschenkt. Macht euch schleunigst auf die Socken.“
    Rex Chapel hielt der Alten einen Zehnpfundschein unter die Nase.
    „Mach rasch, Tante“, herrschte er die verblüffte Frau an. „Bring uns ein saftiges Steak. Aber dalli, verstanden? Dazu eine halbe Flasche Schnaps und zwei Krüge Bier.“
    Rex Chapel brachte tatsächlich Schwung in den Laden. Sein neuer Reichtum sprach sich schnell herum. Eine nach der anderen kamen die halbseidenen Damen an ihren Tisch herüber. Sie verdrehten die Augen und machten zärtliche Angebote. Aber Rex Chapel hatte im Moment nichts für die Freuden der Liebe übrig. Er dachte nur noch an Geschäfte. Und während sich neben ihm Ernest Cropp gierig den Magen vollschlug, las er zum zweiten Mal die Beichte William Dudleys durch.
    „Bleib mal ruhig hier sitzen“, zischte er nach einer Weile. „Ich werde rasch zu einer Telefonzelle gehen. Werde diesen Herrn einmal anrufen. Wir brauchen in Zukunft nicht mehr in sein Haus gehen. Er wird zu uns kommen. Verlaß dich darauf!“
    „Bist du wahnsinnig geworden?“, stotterte Ernest Cropp mit vollen Backen. „William Dudley wird uns die Polizei auf den. Hals hetzen, sobald er den Einbruch in seinem Schreibtisch entdeckt. . .“
    „Er wird sich hüten“, meckerte Rex Chapel belustigt. „Dieser Bursche weiß genau, daß er reif fürs Gefängnis ist. Er wird sein ganzes Geld zusammenkratzen, um dieses gefährliche Schriftstück wieder in die Hände zu bekommen.“
    Er nahm sich nicht die Zeit, noch mehr Worte zu verlieren. Er stürmte aus dem Lokal, als wäre jede Sekunde kostbar für ihn. Laut schlug die Tür hinter ihm zu. Wenn das nur gut geht, dachte Ernest Cropp unruhig. Das Steak schmeckte ihm plötzlich nicht mehr. Er schob hastig den Teller zur Seite. Nervös führte er den Krug zum Mund. Aber auch das Bier schmeckte ihm bitter wie Galle. In hämmernder Ungeduld wartete er auf die Rückkehr Rex

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