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Ich werde schweigen Kommissar Morry

Ich werde schweigen Kommissar Morry

Titel: Ich werde schweigen Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Sie. Sie werden ihm folgen, bis er den Schlupfwinkel Irving Bacons erreicht hat. Weiter haben Sie nichts zu tun. Sie kehren um und gehen in Ihre Behausung zurück. Morgen abend sagen Sie uns dann, was Sie erfahren haben. Verstanden?“
    „Verstanden“, wiederholte Mack Towarin listig. „So weit, so gut, Kommissar! Aber was ist, wenn ich Spesen habe, wenn ich zum Beispiel mit einer Taxe fahren muß?“ Hungrig streckte er die dürre Hand aus.
    „Zehn Pfund Vorschuß“, sagte Morry wortkarg. „Das andere rechnen Sie mit der Yardkasse ab. Seien Sie auf der Hut, Mr. Towarin. Kann sein, daß Sie einem Mörder begegnen. Meiden Sie alle dunklen Winkel und Mauerecken. Bis morgen Abend, dann. So long.“
    Während der Kommissar den Zettel an Richard Donally überbringen ließ, machte sich Mack Towarin zum Ausgehen fertig. Er hüllte seine zwergenhafte Gestalt in einen dünnen Rupfenmantel, stülpte eine Mütze auf den Kopf und schlang einen Schal um den faltigen Hals. Dann steckte er noch eine Lampe und verschiedene Sperrhaken ein. Kurz nachher schloß er seine Werkstatt ab und verlor sich im Gewühl der Salmon Lane.
    An der Stepney Station stieg er in einen Autobus und fuhr nach Kensington. Am Holland Park drückte er sich mit gebeugtem Rücken an den Häusern entlang und studierte die Glockenschilder.
    Hier war es. „Richard Donally“, las er mit befriedigtem Knurren. Er schloß die Augen und versuchte, sich das Aussehen Richard Donallys ins Gedächtnis zurückzurufen. Es gelang ihm. Er besaß ein schier unglaubliches Erinnerungsvermögen.
    Nach diesem kurzen Aufenthalt wanderte Mack Towarin auf die andere Straßenseite, verdrückte sich in einen Hauseingang und wartete. Er machte sich darauf gefaßt, mindestens zwei oder drei Stunden hier stehen zu müssen. Aber schon nach etwa dreißig Minuten tat sich drüben die Haustür auf. Ein schlanker, hochgewachsener Mann in aufrechter Haltung trat auf die Straße. Sein Gang war federnd und jugendlich; das Gesicht, das eben in den Schein einer Laterne geriet, wirkte markant und männlich.
    Das ist er, wußte Mack Towarin von der ersten Sekunde an. Er ließ dem anderen einen kurzen Vorsprung und heftete sich dann zäh an seine Fersen. Dabei verhielt er sich geschickter als alle Konstabler, die vor ihm dieses schwierige Amt übernommen hatten. Sooft sich Richard Donally umdrehte, drückte sich Mack Towarin blitzschnell in den Schatten einer Häuserwand. Er wurde nicht gesehen. Die Wanderung dauerte ziemlich lange. Dreißig, vierzig Minuten mußte Mack Towarin hinter dem ändern herlaufen. Dann ging es plötzlich in eine schmale Gasse hinein. Zur Linken lagen Fabriken und Werkstattschuppen, rechts stand ein halbverfallenes Haus, in dem früher ein Obstladen gewesen war. Vor diesem Haus ging Richard Donally ein paarmal auf und ab. Er witterte wie ein Spürhund argwöhnisch nach allen Seiten. Dann erst pochte er an eine Tür. Mack Towarin konnte aus einiger Entfernung beobachten, daß ihm geöffnet wurde. Er verschwand im Dunkel. Weiter konnte Mack Towarin nichts mehr beobachten.
    Aber er war auch so zufrieden. Das Geld ist diesmal billig verdient, dachte er. Ich werde morgen oder übermorgen mindestens noch zwanzig Pfund kassieren. Solche Aufträge müßte man immer haben. Inzwischen war Richard Donally die Kellertreppe hinuntergestiegen. Vor den Obstregalen machte er halt. Seine Blicke suchten Irving, der wie ein Nachtgespenst aus dem Dunkel tauchte. Seine Augen lagen entzündet in den Höhlen. Das Gesicht hatte die welke, kränkliche blasse Farbe eines Gefangenen. Bei jedem Geräusch, das in dem baufälligen Haus erklang, fuhr er erschreckt zusammen.
    „Was ist?“, fragte er mit mißtrauischer Stimme. „Was führt dich her? Ist man mir auf den Fersen?“
    „Du hast mich doch rufen lassen?", sagte Richard Donally achselzuckend.
    „Ich?“
    „Natürlich du. Wer denn sonst? Hier, hast du diesen Zettel geschrieben oder nicht?“
    Irving Bacon nahm den Papierfetzen hastig in seine nervösen Hände. Zerfahren las er die wenigen Worte. Unablässig glitt ein gehetztes Zucken über sein Gesicht.
    „Ja, das habe ich geschrieben', murmelte er verstört. „Ich glaube, ich bin nicht mehr ganz richtig im Kopf. Kann mich jetzt gar nicht erinnern, wann ich das schrieb. Das macht die ewige Dunkelheit... und diese entsetzliche Einsamkeit . . . und die Angst..."
    „Du mußt weg von hier“, sagte Richard Donally energisch. „Wenn ich dir raten darf, dann kommst du gleich jetzt mit in

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