Ich will doch nur küssen
sie überreif war für etwas mütterliche Fürsorge, aber Ethan hatte es offenbar gespürt.
Es war noch nie vorgekommen, dass jemand versucht hatte, ihre grundlegendsten Bedürfnisse zu stillen. Ihr Vater hatte ihr allerlei materielle Dinge geschenkt – und auch seine Zeit, aber wie sie mittlerweile wusste, hatte er einen großen Teil seiner Persönlichkeit vor ihr geheim gehalten, was ihre Beziehung im Nachhinein oberflächlich erscheinen ließ. Und Carter war diesbezüglich eine totale Niete gewesen. Ethan dagegen, der für sie praktisch ein Fremder war, hatte gewusst, was sie brauchte.
Sie schluckte schwer. »Danke.«
Er bedachte sie mit einem wissenden Blick, dann konzentrierte er sich wieder auf die Straße. »Gern geschehen. Ich hatte irgendwie den Verdacht, dass es dir heute Morgen nicht besonders gut gehen würde, und wie gesagt, ich wollte nicht, dass du einen triftigen Grund hast, unser Treffen abzusagen.«
Sie biss sich auf die Unterlippe. »Wenn du Rosalita nicht geschickt hättest, hätte ich mich wahrscheinlich nicht mehr daran erinnert.«
Er grinste sichtlich amüsiert. »Genau das hatte ich befürchtet.«
»Aber jetzt geht es mir blendend.«
»Das freut mich zu hören. Es liegt eine Menge Arbeit vor uns. Das Haus ist riesig, und wir werden Unmengen an Möbeln brauchen, bis es sich wie ein Zuhause anfühlt.«
»Dafür hast du ja mich.« Sie klopfte auf ihre Tasche, die einen Skizzenblock, ein Maßband und ein Notizheft enthielt.
Zunächst galt es, ein paar grundsätzliche Details zu klären, seine Vorstellungen rund um die geplante Einrichtung und seine Vorlieben und Abneigungen in Bezug auf Farben und Mobilar zu eruieren – modern, klassisch, traditionell usw. Dann würde sie Joel Carstairs, einen Innenarchitekten der Spitzenklasse, anrufen, der ihr geholfen hatte, ihr Penthouse in Manhattan einzurichten, und dabei ein enger Freund geworden war.
Sie hatte Joel über die Frau von einem von Carters Partnern kennengelernt und seine Exponate auf mehreren Designerausstellungen bewundert. Er hatte sie oft auf seine Einkaufstouren mitgenommen, und von ihm hatte sie gelernt, mit welchen Einrichtungshäusern man am besten zusammenarbeiten konnte und welche Lieferanten die hochwertigsten Stoffe und Möbel lieferten. Aber vor allem hatte er ihr während der Scheidung beigestanden, wobei er immer wieder betont hatte, warum er und sein Partner Paul, mit dem er seit fünfzehn Jahren zusammen war, keine Heiratsurkunde benötigten, um eine glückliche Beziehung zu führen. Außerdem hatte er ihr versprochen, sie beim Aufbau eines eigenen Geschäfts in Serendipity zu unterstützen, wenngleich der Besuch einer Kleinstadt »seinen Sinn für Flair ruinierte«, wie er immer sagte. Bei der Erinnerung daran musste sie grinsen.
»Was gibt’s denn da zu grinsen?«, fragte Ethan.
Ihr war gar nicht aufgefallen, dass er sie beobachtet hatte. »Ach, nichts.« Er würde es ohnehin nicht verstehen, weil er Joel nicht kannte.
Ethan zuckte die Achseln und bog in die lange Einfahrt zum Haus ein. Er steuerte den Jaguar langsam den Hügel hinauf und parkte in einer der vier Garagen, die ihr Vater hatte anbauen lassen, nachdem er das Haus vom Vorbesitzer erstanden hatte. In den Garagen rechts und links davon erspähte Faith ein Motorrad und einen Jeep.
Das Herrenhaus war ein Wahrzeichen im Herzen der Stadt. Es gehörte zu einer ganzen Reihe von Häusern, die sich die wohlhabenden Einwohner von Manhattan Anfang des 20. Jahrhunderts hatten bauen lassen, um der Sommerhitze in der Stadt entfliehen zu können. Die anderen Häuser waren inzwischen alle verfallen.
Nur ihr Haus nicht.
Dieses Haus.
Sein Haus.
Sie merkte erst jetzt, dass er den Motor abgestellt und um das Auto herumgegangen war, um ihr die Tür aufzuhalten. Er streckte ihr eine Hand entgegen.
»Bereit?«
Es kam ihr so vor, als würden zwischen ihnen die Funken sprühen, als sie die Hand in seine legte. Sie stieg aus und sah sich in der vertrauten Garage um.
»Alles in Ordnung?«
Sie nickte. »Ich habe nur gerade an die Autos meines Vaters gedacht. Dort drüben hat er immer seinen Aston Martin geparkt.« Sie zeigte auf einen der leeren Plätze. »Und hier stand das Mercedes-Cabrio.« Sie tätschelte den Jaguar. »Moms Auto stand immer dort, wo jetzt dein Motorrad steht.«
»Tut mir leid.« Ethan legte seine Hand auf ihren Rücken. »Als ich dich gebeten habe, mein Haus einzurichten, habe ich nicht an die emotionalen Auswirkungen gedacht, die dieser Auftrag
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