Ich will doch nur küssen
meinen Ex beim Sex mit seiner Assistentin erwischt. Er hat mich nur geheiratet, um an meinen Vater ranzukommen, und bei der Scheidung hat er behauptet, von unserem gemeinsamen Vermögen sei nichts mehr da. Ich bin im Grunde nur mit dem Stolz davongekommen.«
Lissa hob eine Augenbraue, schien ihr aber immerhin aufmerksam zuzuhören.
»Dass ich ein eigenes Geschäft eröffnen konnte, verdanke ich Freunden, die mir unter die Arme greifen, bis ich auf eigenen Füßen stehe. Und falls ich damit Erfolg habe, dann deshalb, weil ich hart dafür arbeite und einigermaßen talentiert bin.« Faith holte tief Luft und straffte die Schultern. Sie beschloss, diesem Hickhack ein für alle Mal ein Ende zu bereiten. »Offen gesagt geht es mir allmählich tierisch auf die Nerven, dass du mich immer noch so behandelst, als wäre ich von Beruf Tochter. Also lass mich gefälligst in Frieden und gib mir endlich den verdammten Kaffee!«, schloss sie mit erhobener Stimme und wappnete sich für den Gegenschlag.
Doch zu ihrer großen Verblüffung schnappte sich Lissa die Liste mit den Bestellungen und machte sich ohne ein weiteres Wort an die Arbeit. Gleich darauf stellte sie ihr drei Becher Kaffee hin.
»Hier.« Sie schob die Becher über den Tresen.
»Danke«, sagte Faith.
Lissa gab die Bestellung in die Kasse ein, Faith bezahlte und ließ das Wechselgeld in das Glas fallen, das neben der Kasse stand.
»Ich kann ja mal versuchen, in Zukunft etwas netter zu dir zu sein«, sagte Lissa schließlich.
»Wow, danke«, brummelte Faith, doch dann musste sie lächeln. Wie es aussah, war nun doch endlich das Eis gebrochen. Wer hätte das gedacht.
Sie nahm die drei Becher Kaffee und wollte gerade gehen, da bemerkte Lissa: »Wie ich höre, läuft da was zwischen dir und Ethan Barron.«
Faith seufzte. Verdammter Kleinstadttratsch. »Wo hast du das denn gehört?«
»Eigentlich habe ich es weniger gehört als mit eigenen Augen gesehen. Neulich beim Karaoke-Abend.«
Faith runzelte die Stirn. Sie wollte nicht, dass die Leute einen falschen Eindruck bekamen. »Tja, du irrst dich. Er hat mich nur nach Hause begleitet.«
»Ich wette, das war noch nicht alles. Ich hab doch gesehen, dass du dich wie eine läufige Hündin an ihn geschmiegt hast.« Die Selbstgefälligkeit, die in Lissas Stimme mitschwang, traf Faith wie ein Schlag in die Magengrube.
»Und ich hatte mich gerade mit dem Gedanken angefreundet, dass ich dich doch mögen könnte.« Faith schwirrte der Kopf in Anbetracht von Lissas Stimmungsschwankungen. Sie wirbelte herum und stolzierte zur Tür.
»Warte.«
Faith blieb stehen, drehte sich aber nicht um.
»Es tut mir leid. Ich bin eine Zicke.«
Jetzt wandte sich Faith doch langsam um. »Mir ist völlig schleierhaft, warum du überhaupt Freundinnen hast.«
Lissa lachte auf. »Mir auch. Hör zu, ich kenne Ethan von früher. Die Mädchen sind reihenweise seinem Charme verfallen, aber er hat es bei keiner lange ausgehalten.«
Faith verengte die Augen. »Sieh dich vor, Lissa. Das klingt ja beinahe wie ein freundschaftlicher Rat.« Oder wie eine eifersüchtige Gemeinheit.
Zu dumm, dass Lissas Worte tatsächlich ein Körnchen Wahrheit enthielten.
Faith verließ das Café und trat hinaus in die feuchtschwüle Hitze, aber die war ihr allemal lieber als Lissas Giftspritzen.
Das Thermometer war in den vergangenen zwei Tagen auf fast 40 Grad geklettert, und die Klimaanlage in Faiths Wohnung war defekt. Dazu kam, dass sie nicht aufhören konnte, an Ethan zu denken, was ihr die reinsten Hitzewallungen bescherte. Sie hatte letzte Nacht kaum ein Auge zugetan, sondern sich stundenlang schlaflos im Bett hin und her gewälzt und sich ausgemalt, was der gestrige Abend hätte bringen können.
Als sie nun um die Ecke bog, brachten Nick und der Monteur gerade das funkelnagelneue Schild mit dem smaragdgrünen Schriftzug FAITH’S über ihrem Laden an. Der Anblick machte sie stolz und aufgeregt zugleich.
Sie reichte Nick seinen Kaffee, dann betrat sie den kühlen Laden und stellte fest, dass ihre beste Freundin Seite an Seite mit ihrem … – sie wusste nicht, wie sie Ethan bezeichnen sollte – die Regale einräumte und mit ihm plauderte, als wären sie alte Freunde.
Ethan wirkte in den abgetragenen Jeans und dem ausgebleichten hellblauen T-Shirt geradezu verboten sexy. Er hatte Kate gerade einen Stapel Bücher gereicht, den sie auf ein Regal stellte, dann steckten sie die Köpfe zusammen und flüsterten etwas miteinander, das sie nicht hören konnte.
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