Ich will doch nur küssen
würde.
Dr. Tina Sinclair war ihm auf Anhieb sympathisch. Sie war ungefähr so alt wie Ethan – jung genug also, um einigermaßen »cool« zu wirken. Bei ihr musste er nicht befürchten, dass sie das Mädchen mit irgendwelchen konservativen Vorstellungen abschrecken würde. Nachdem er sich von ihren Qualitäten überzeugt hatte, brachte er seine vor Wut schäumende, aber schweigsame Schwester zum ersten Termin.
Dr. Sinclairs erster Vorschlag lautete, Ethan und seine Brüder sollten eine geschlossene Einheit bilden, eine Familie, auf die sich das Mädchen verlassen konnte und in der das Leben einem gewissen Rhythmus folgte. Leichter gesagt als getan, wie Ethan fand, aber heute Abend kamen seine Brüder zu einem ersten Familienessen vorbei, gekocht und serviert von Rosalita. Seine Haushälterin hatte auf seine Enthüllungen in Bezug auf Tess genau so reagiert, wie Ethan es erwartet hatte.
Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und geschnaubt: »Ich bin nicht überrascht, dass ein böser Junge wie Sie hat eine böse Schwester, Mr. Ethan.«
Ethan glaubte kurz, ein amüsiertes Glitzern in ihren Augen wahrzunehmen, als sie das sagte, aber er hatte sich bestimmt geirrt. Sie hasste ihn nach wie vor.
»Tess wird oft missverstanden, genau wie ich. Geben Sie ihr eine Chance«, hatte er gesagt.
Sie hatte ihm recht gegeben, hatte das Kind nicht nach dem ersten Eindruck beurteilt und sich überdies bereit erklärt, ihre Arbeitszeit zu verlängern. Jetzt kam sie um zehn und ging abends erst, nachdem sie ihnen das Essen serviert und die Küche aufgeräumt hatte. Natürlich hatte es anfangs zwischen Rosalita und Tess ordentlich gekracht. Sie waren sich wegen jeder Kleinigkeit in die Haare geraten, aber wie Faith bereits angedeutet hatte, kam Rosalita mit dem Mädchen bestens zurecht, und ihre starke Hand war genau das, was Tess brauchte.
Und Faith? Er hatte ihr versichert, dass er keine Beziehung wollte, auch wenn alles in ihm lauthals protestiert hatte. Er wollte sehr wohl mehr als nur eine unverbindliche Affäre, denn im Augenblick bedeutete »unverbindliche Affäre«, dass Faith, seitdem er mit ihr das Paradies auf Erden entdeckt hatte, sich weder blicken noch etwas von sich hören hatte lassen.
Zugegeben, sie hatte sich einmal per E-Mail nach seinen Wünschen bezüglich der Stoffe und Farben für das Wohnzimmer erkundigt, aber ansonsten: kein Ton von ihr. Eine unverbindliche Affäre war ganz und gar nicht das, was er anstrebte. Sobald diese Familienzusammenkunft überstanden war, würde er sich darauf konzentrieren, Faith wieder in seine Welt zurückzuholen.
Er machte sich nichts vor – dass seine Brüder bereit waren, vorbeizukommen, bedeutete noch lange nicht, dass sie ihm verziehen hatten. Er hatte signalisiert, dass er in der Stadt zu bleiben und für Tess da zu sein gedachte, aber abgesehen davon hatte er keine Ahnung, was er noch unternehmen sollte, um die Sache mit ihnen wieder einzurenken. Er wusste auch nicht, wie er mit Faith umgehen sollte oder was er in Bezug auf seine geschäftlichen Probleme unternehmen sollte. Franklin hatte ihn vorhin angerufen und ihm mitgeteilt, dass sein ehemaliger Partner Dale Conway der Chefsekretärin seines Büros in Washington D. C. Avancen machte. Amelia war für alle Regierungsverträge zuständig – und damit für höchst vertrauliche Informationen, die vom New Yorker Büro nach D. C. geschickt wurden. Franklin wollte Amelia nun eine Weile beobachten und ihm bald wieder Bericht erstatten, aber Ethan hatte das dumpfe Gefühl, dass ihm da noch einiger Ärger ins Haus stand.
Das Bimmeln der Türklingel riss ihn aus seinen Gedanken.
Das mussten seine Brüder sein.
Ethan hatte Rosalita gebeten, die beiden direkt in die Küche zu bringen. Sie hatten beschlossen, sich vor dem Essen keinen Aperitiv zu genehmigen, denn sie wollten Tess nicht den Eindruck vermitteln, dass sie für den Konsum von Alkohol waren. Außerdem war die Vorstellung, dass sie – jeder mit einem Glas in der Hand – verkrampft im Wohnzimmer herumstanden, nicht gerade angenehm. Da konnten sie stattdessen genauso gut in einer angespannten Atmosphäre essen. Blieb nur zu hoffen, dass sich Nash und Dare um der Kleinen willen mit ihren Feindseligkeiten ihm gegenüber etwas zurückhielten. Nun, das würde er ja gleich herausfinden.
Er gesellte sich zu seinen Brüdern in die Küche. Dare war wie Ethan leger gekleidet; er trug verwaschene Jeans und ein Fan-T-Shirt der New York Yankees. Der stets korrekte
Weitere Kostenlose Bücher