Ich will doch nur küssen
Ziel, in Serendipity dazuzugehören, wieder einen Schritt näher gekommen war.
Ein paar Tage darauf betrat eine ältere Dame mit dunklen Haaren ihren Laden. Ihre erste Laufkundschaft! Faith schöpfte neue Hoffnung. Zugegeben, sie war noch nicht lange im Geschäft, aber bislang hatte sie sich nicht gerade über einen zu großen Andrang beklagen können.
Faith hatte gerade einen Zeitplan für den Einbau von Schränken und Regalen in Ethans Haus ausgetüftelt. Sie erhob sich vom Schreibtisch, und als die Frau ein paar Schritte näher kam, erkannte Faith, wen sie vor sich hatte. »Mrs. Bretton!«
Caroline Bretton gehörte demselben Club wie Faiths Mutter an und war, schon seit Faith denken konnte, mit Lanie Harrington befreundet. Sie hatte keine Kinder bekommen können und beschäftigte sich in ihrer Freizeit mit Tennis, Golf, Mahjong und allerlei anderen sozialen Aktivitäten.
»Faith, meine Liebe, willkommen in der Stadt!«, sagte Caroline.
Faith lächelte. »Danke.«
Faith war überrascht von Carolines Besuch. Sie wusste nicht, ob Caroline eine der Frauen war, die nichts mehr mit ihrer Mutter zu tun haben wollten, oder ob Lanie ihr die kalte Schulter gezeigt hatte. Lanie war in Bezug auf ihr Privatleben seit dem Skandal äußerst verschlossen.
»Was führt Sie hierher?«, erkundigte sich Faith.
»Ich habe deine Anzeige in der Zeitung gelesen. Und wie es der Zufall will, möchte ich mein Wohnzimmer umgestalten lassen, und ich dachte, das wäre doch eine gute Gelegenheit für dich!«
Faith blinzelte verblüfft. »Im Ernst? Das ist ja großartig. Danke!«
»Wenn mir deine Arbeit zusagt, engagiere ich dich auch für die Umgestaltung des restlichen Hauses.« Sie tätschelte Faith die Hand.
Faiths Herz begann schneller zu schlagen. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.« Faith war Caroline für den großzügigen Vertrauensvorschuss dankbar.
»Ich weiß, dass du es nicht leicht hattest. Das ist doch das Mindeste, was ich als alte Freundin der Familie für dich tun kann.« Caroline lächelte.
Sie gehörte also zu den wenigen, die sich nicht von den Harringtons abgewandt hatten. Lanie hatte ihr bloß nicht erzählt, dass sich ihre Tochter als Raumaustatterin selbstständig gemacht hatte. Faith war gekränkt, aber es überraschte sie nicht. Ihre Mutter hatte ihren Standpunkt zu Faiths Geschäft bereits klargemacht.
»Ich hoffe, meine Mutter weiß, was für eine gute Freundin Sie sind.«
Die ältere Frau schüttelte den Kopf und sah Faith an. »Nein, das weiß sie nicht, aber ich schätze, das ist dir nicht neu.«
Faith seufzte. Ihre Mutter hatte nie viele richtige Freundinnen gehabt. Soweit sie wusste, waren es hauptsächlich Frauen gewesen, die ihren Wohlstand und ihren sozialen Status teilten. Aber Caroline war immer schon anders gewesen. Sie hatte sie oft zu Hause besucht und Interesse an Faith bekundet, wann immer sie einander begegnet waren. Lanie wusste zwar, dass sie sich auf Caroline verlassen konnte, aber sie war nicht fähig, eine echte Freundschaft zu erwidern, so wie sie auch nicht fähig gewesen war, Faith eine echte Mutter zu sein. Trotzdem hatte Caroline sie so akzeptiert, wie sie war, und daran schien sich nichts geändert zu haben.
Vielleicht sollte ich mir an ihr ein Beispiel nehmen , dachte Faith.
»Mrs. Bretton … «
»Bitte sag Caroline zu mir, schließlich werden wir bald viel miteinander zu tun haben.«
Faith nickte. »Sag, Caroline, wie geht es meiner Mutter wirklich ?«
»Sie lebt völlig isoliert. Ja, die meisten Leute aus deiner sozialen Schicht halten sich von ihr fern, weil sie glauben, dass Lanie über die illegalen Geschäfte deines Vaters Bescheid wusste, oder weil sie befürchten, in den Skandal hineingezogen zu werden, wenn sie weiterhin mit ihr verkehren. Aber es gibt auch solche wie mich, die wissen, wie es wirklich war. Deine Mutter war viel zu sehr mit sich und ihrem Lebensstil beschäftigt, um sich Sorgen oder Gedanken darüber zu machen, woher das Geld kam.«
Faith biss sich auf die Unterlippe und nickte. »Das bringt es wohl ziemlich gut auf den Punkt«, pflichtete sie ihr bei. »Ich glaube auch nicht, dass sie informiert war – was nicht heißt, dass sie nicht hätte Bescheid wissen sollen. Aber es war genau so, wie du gesagt hast. Solange ihr Leben nach ihren Vorstellungen verlief, war ihr alles andere egal.«
»Richtig.« Caroline musterte sie mit ihren haselnussbraunen Augen. »Ich mochte deine Mutter immer gern. Sie kann zwar sehr oberflächlich sein,
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