Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich will doch nur normal sein!

Ich will doch nur normal sein!

Titel: Ich will doch nur normal sein! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina J.
Vom Netzwerk:
soll. Eine ganze Weile habe ich es sogar fast vergessen, bis ich dann immer öfter an dieses Bild denken musste und es dann später auch immer wieder in die Hand nehmen und ansehen musste – ich wusste nicht, wer das ist. Aber dieses Bild ließ mich nicht in Ruhe und ich hatte auch Angst davor. Manchmal im Einzel habe ich dieses Bild erwähnt, doch dann wieder gedacht – nein, das kann nicht sein. Nicht noch einmal, ich halte das nicht aus. Gesagt habe ich nicht viel wegen dem Bild vom 14.02.05 – obwohl mich dieses Bild immer mehr beschäftigt und belastet hat. Ich hatte auch den Gedanken, es einfach zu zerreißen, damit es eben weg ist. Es wäre nicht einfach so weg gewesen.
    Ich habe das Bild jetzt vor mir liegen. Nicht das Mädchen macht mir Angst. Da ist etwas Schlimmeres. Sie ist auch tot. Ich weiß es jetzt.
    Jetzt sind es drei Mädchen von deren Tod ich weiß und ich wäre lieber tot, als das alles zu wissen und so ohnmächtig zu sein, wie ich es bin.
    Es ist so grauenvoll, dass ich es kaum beschreiben kann und ich habe, als der Flashback kam nur geschrieen, immer nur geschrieen. Wie können Menschen so etwas tun? Wie ist das möglich? Mein Opa und die vier Männer, sie haben auch dieses Mädchen umgebracht. Alle zusammen haben sie sie fürchterlich gequält, bis sie gestorben ist und ich stand neben meinem Opa, als das alles passierte – ich wollte das nicht sehen. Ich wollte das nicht hören. Ich wollte helfen. Ich stand nur still und bewegungslos da und konnte es nicht fassen. Als es still war, sie nicht mehr schrie und ich auch spürte, sie wird nicht mehr schreien, sah ich hin.
    Sie sah nicht mehr so aus, wie ich sie vorher gesehen habe, sie sah schrecklich entstellt und blutig aus. Dann habe ich gesehen, wie die Männer das Mädchen losgebunden haben vom Tisch und in die Ecke auf den Boden warfen. Einfach so, wie eine kaputte Puppe haben sie sie dorthin geworfen.
      Heute habe ich laut geschrieen und ich habe gedacht, ich werde verrückt, halte das nicht aus und habe geschrieen und geschrieen. Dann war Herr Dr. S. da und ich habe ihm erzählt, was da passiert. Am Abend zuvor hatte ich mir meine Arme noch fürchterlich zerschnitten, weil ich so unerträgliche Schmerzen hatte, heute bekam ich sofort Medikamente und habe fast zwei Tage durchgeschlafen. Geschlafen, ohne diese Hölle im Kopf zu haben.
    Und doch muss ich sagen, es ist besser, mir die Arme zu zerschneiden, als diese Erinnerungen zu sehen, zu erleben und zu spüren.
    Als ich Samstagmorgen aufstand, dachte ich, es kann nicht sein, es geht mir gut. Ich habe erwartet, wenn ich munter werde, weiter die Hölle zu erleben und nicht mehr leben zu wollen. Stattdessen war mein Kopf leer und ich fühlte mich wie befreit. Klar war ich dankbar, dass es mir nicht mehr so schlecht geht, aber irgendwo in mir drin, war auch ein schlechtes Gewissen. „Wie kann es mir jetzt so gehen, wie es mir geht? Was bin ich für ein schlechter Mensch, wenn ich daran nicht verzweifle, sondern herumlaufe und mich wie normal fühle?“
    5 Tage ging es mir so, sogar fast jeden Tag besser und ich konnte es von Tag zu Tag weniger glauben, dass es so bleibt, habe aber gleichzeitig sofort daran gedacht, endlich heim zu können.
    Während dieser 5 Tage hat sich viel verändert. Ich wusste jetzt, ich muss mich nicht schämen, dass ich noch da bin und ich will mich auch nicht für meinen Opa schämen. Ich war zu klein um etwas ändern zu können. Ich habe keine Verantwortung für das, was mein Opa getan hat und, ich konnte es nicht verhindern.
    Wie habe ich mich geschämt, dass mein Opa dies alles getan hat, zugesehen hat, nichts verhindert hat. Er war doch mein Opa und mir hat er geholfen, damit ich am Leben blieb und es mir nicht so ging, wie den 3 Mädchen. Ja, ich habe mich verantwortlich gefühlt, weil es eben mein Opa war, mein Verwandter. Am liebsten hätte ich mich wegen dieser Schande umgebracht.
    Am schlimmsten war es für mich, zu akzeptieren, dass ich damals nicht in der Lage war, den Mund aufzumachen und jemand zu erzählen, was ich erlebt habe.
    Es ist immer noch schwer, damit zurechtzukommen, dass ich geschwiegen habe, ob aus Angst oder weil ich es weit in mir vergraben hatte und es nicht mehr zugänglich für mich war. Damit umgehen ist schwer, weil ich es nicht verstehen kann, dass es nun nach so langer Zeit da ist und ich nichts mehr tun kann – rein gar nichts.
    Jetzt nach dieser langen Zeit ist nichts mehr herauszufinden und wenn, dann würde ich vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher