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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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von Sven zu Line, zieht eine enttäuschte Grimasse und folgt Emelie zu den Schränken. Clara beeilt sich, den Anschluss nicht zu verlieren. Lina bückt sich und hebt ihr Federmäppchen auf.
    »Was für Schlampen«, faucht Silja, den Blick auf die drei Rücken geheftet.
    »Komm«, sage ich. »Wir brauchen nicht noch mehr Probleme.«

In der Mittagspause sitze ich mit Sven, Leo und Silja an einem Tisch. Sie beziehen mich immer wieder in ihr Gespräch ein. Zwischendurch vergesse ich fast, wie absurd es ist, dass ich hier zusammen mit ihnen sitze, aber die meiste Zeit ist mir das nur allzu bewusst. Ich sehe Sven und Leo an, registriere, dass alle, die eine Position an dieser Schule haben, die beiden grüßen, wenn sie an dem Tisch vorbeigehen, wie die Mädchen aus der Siebten Sven heimlich beobachten. Und ich registriere die fragenden Blicke etlicher Schüler aus der Neunten. Was hat die denn da zu suchen? Ich weiß es ja selbst kaum.
    Ein paar Meter hinter mir an einem andern Tisch sitzen Lukas, Nils und Tonja. Der vierte Stuhl am Tisch ist leer, und ich bin froh, dass ich mit dem Rücken zu ihnen sitze, damit ich nicht die ganze Zeit den leeren Platz vor Augen habe und mich fragen muss, worüber sie wohl reden. Lästert Tonja über mich? Als ob Silja meine Gedanken liest, nickt sie unauffällig in Tonjas Richtung.
    »Ist sie sauer?«, fragt sie.
    Ich nicke. »Ich hab sie angelogen und bin zu der Fete gegangen, ohne dass sie es wusste.«
    »Sie wollte doch nicht mit.«
    »Stimmt, aber sie hat nicht damit gerechnet, dass ich trotzdem gehe.«
    Silja schnauft. »Albern. Lass sie schmollen. Das geht auch vorüber.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    Sie sieht mich forschend an mit ihren grauen Augen.
    »Bist du traurig?«, fragt sie.
    Ich ziehe die Schultern hoch und weiche ihrem Blick aus. Es kommt mir falsch vor, mit jemand anderem über Tonjas und meine Beziehung zu reden.
    Nach dem Essen sitzen wir auf einer Bank in der Spätsommersonne. Es bläst ziemlich kalt über den asphaltierten Streifen zwischen den Gebäuden und Leo zieht seine blassen Arme in das ausgewaschene AC/DC-Shirt. Der braun gebrannte Sven mit seinen eher hellen Klamotten und Leo mit seiner durchsichtigen Blässe und dem immer schwarzen Outfit sind wirklich ein ungleiches Paar. Wo hat Leo sich wohl vor dem sonnigen Sommer verkrochen?
    Es sind noch zwanzig Minuten bis zur nächsten Stunde, als wir uns auf den Weg machen. Aus dem Musiksaal sind Geigenklänge zu hören. Eine Polka. Silja bleibt stehen und lauscht.
    »Das ist Ingela«, kläre ich sie auf. »Sie übt immer, wenn der Raum frei ist.«
    »Oh«, sagt Silja beeindruckt. »Sie ist ja richtig gut! Können wir da rein?«
    »In den Musiksaal? Das … ich denke schon.«
    Ich werfe Sven einen fragenden Blick zu, der mit den Schultern zuckt.
    »Klar«, sagt er. »Wir kommen mit.«
    Er sieht mich amüsiert an, und ich denke, dass es ihm wahrscheinlich Spaß macht, mich verwirrt zu sehen, weil er sich plötzlich von einer ganz anderen Seite zeigt als der, die ich bisher kannte. Oder ich habe ihn vorher einfach falsch eingeschätzt. Vor einer Woche hätte er mich noch nicht mal gegrüßt, wenn wir uns in der Stadt über den Weg gelaufen wären. Das kann ich mir jetzt gar nicht mehr vorstellen.
    Ich weiß, dass ich mich für einiges, was mit dem Fest am Samstag zu tun hat, schämen sollte, aber an manche Sachen denke ich trotzdem mit einem kribbeligen Glücksflattern im Bauch. Die Technomusik, mein im Rhythmus pulsierender Körper, mit welcher Begeisterung er getanzt und wie er mich mit seinen blauen Augen angestrahlt hat. Seine warme Hand, mit der er mich durch das Gedränge manövriert hat. Und selbst bei den Erinnerungen, die mir innerlich die Schamesröte ins Gesicht treiben, gibt es Momente, die ich nicht missen möchte. Zum Beispiel, als ich, peinlich, peinlich, auf allen vieren im Sand hocke und meinen Mageninhalt von mir gebe und denke, jetzt verdrückt er sich angeekelt, und er kurz darauf mit einem Handtuch zurückkommt, um mir zu helfen. Das hätte ich ihm niemals zugetraut. Wirklich nicht.
    Und wir haben sogar zusammen in einem Bett gelegen. Unter widrigen Umständen und einer unappetitlichen Dunstglocke aus Alkohol und Kotze, aber immerhin. Da war auch Nähe und Wärme.
    Aber im Grunde genommen weiß ich herzlich wenig über Sven, bis auf eins. Bis jetzt dachte ich, Sven würde sich und sein cooles Image todernst nehmen, auch dass er nichts tun würde, was seinen Ruf ankratzen könnte, so

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