Ich will es hart
lernte Leyla alle Facetten des BDSM kennen. Sie war überrascht, wie viele weibliche Kunden zu Helen und Steve kamen. Sie nahm abwechselnd bei jedem von ihnen an Sitzungen teil. Dabei fiel ihr auf, dass Bello mehr als ein Kunde war und viel häufiger zu Besuch, als Steve gesagt hatte.
Helen befahl ihm entweder vor der Tür zu warten oder spannte ihn als Handlanger ein. Besonders gern forderte sie, dass er den Kundinnen die Scham leckte und sie zum Orgasmus brachte, was zu Leylas Verblüffung bei Bello auf mäßige Begeisterung stieß und eine Strafe zu sein schien, mit der er sich seine persönliche Belohnung verdienen musste. Nicht immer waren die Frauen dabei gefesselt. Manchmal verlangte Helen, dass sie ihren Höhepunkt unterdrückten und die Kunstfertigkeit seiner Zunge regungslos hinnahmen, was de facto ein Ding der Unmöglichkeit war und Helen einen Anlass zu erotischen Züchtigungen gab.
Leylas Abscheu gegen diese Praktiken sank von Tag zu Tag. Es ging den Kunden gut dabei, und sie sehnte sich danach, dass jemand genau das, was ihr gefiel, für sie tun würde, in demselben Maße, mit derselben Aufmerksamkeit, wie Steve, Helen und die anderen ihren nächtlichen Job versahen. Allerdings konnte sie sich nicht vorstellen, dafür einen Termin zu machen und zu bezahlen. Es müsste jemand sein, dem sie vertraute, dem sie auch Gefühle entgegenbrachte und der dies in ihrem eigenen Schlafzimmer mit ihr machen würde.
Bei alledem vergaß Leyla jedoch nicht ihren Auftrag. Sie hielt Augen und Ohren offen, aber das Einzige, was auffällig war, war Bellos Verhalten. Nie verlor er seine Herrin aus den Augen. Wie ein echter Hund folgte er ihr treu überall hin, und Steve erzählte Leyla, dass Bello zu Anfang klaglos blutige Knie riskiert hatte, bis Steve auf Kniepolstern bestand. Bello sprang stets im letzten Augenblick zur Seite, wenn er Helen im Weg war, und er beobachtete geradezu eifersüchtig, wie sie ihre Kunden bediente, vor allem wenn diese männlich waren. Helen hatte sich offensichtlich längst daran gewöhnt, denn sie beachtete Bello nicht weiter.
»Irgendwelche News?«, fragte Frank wie jeden Vormittag, wenn sie telefonierten, bevor Leyla schlafen ging.
»Nicht wirklich.«
Sie erzählte ihm in groben Zügen, welche Kunden ein und aus gingen, behielt jedoch ihren Verdacht für sich. Bevor sie keine schlüssigen Indizien dafür hatte, dass dies nicht nur ein Hirngespinst war, ausgelöst durch die erregenden Erlebnisse im Sklavendom, wollte sie nicht mit ihm darüber reden.
»Leider habe ich auch nichts Brauchbares herausgefunden. Nun ja, wenn sich in den nächsten drei Tagen keine weltbewegenden Erkenntnisse ergeben, brechen wir das Experiment ab.«
Eigentlich hätte Leyla darüber erleichtert sein müssen, aber dieses Gefühl wollte sich nicht einstellen. Sie war sich fast sicher, dass der Mörder noch einmal zuschlagen würde. Aber mit Gefühlen ließ sich schlecht argumentieren.
Um sich abzulenken, öffnete sie eine Tür ihres Kleiderschrankes, die sie nur selten aufmachte. Dort befanden sich die Kleidungsstücke für besondere Anlässe, darunter auch zwei Kleider. Sie erinnerte sich nicht, wann sie diese zuletzt getragen hatte, und es war ohnehin erstaunlich, dass sie nicht längst in einer Kleidersammlung gelandet waren. Am Nachmittag hatte Leyla plötzlich diese Eingebung gehabt, dass sie noch existieren könnten. Das eine Kleid gefiel ihr überhaupt nicht mehr, und sie stopfte es spontan in eine Tüte. Aber das andere war gar nicht so übel. Sie zog es an und drehte sich vor ihrem Spiegelbild. Das Oberteil bestand aus einem V-Ausschnitt und Spaghettiträgern. Der Saum endete handbreit oberhalb ihrer Knie und gab ausreichend Sicht auf ihre schlanken Beine frei. Die Erlebnisse und die Arbeitskleidung im Club schürten auf einmal ihr Bedürfnis, auch im Alltag von anderen als attraktive Frau wahrgenommen zu werden. Mit neuen Strümpfen und schönen Schuhen, ein wenig Modeschmuck dazu, konnte sie sich in dem figurbetonenden Kleid durchaus sehen lassen.
*
Laute Schreie, Winseln, das Klatschen eines Paddels. Dann ging die Tür auf, und Bello landete genau vor Leylas Füßen, die gerade von einem Zimmer in ein anderes wechseln wollte. Wimmernd schabte er mit seiner Pfote an der Tür, die jedoch verschlossen blieb.
Leyla räusperte sich. »Was hast du angestellt?«
Bello sah zu ihr auf. Sein Gesichtsausdruck spiegelte Verzweiflung wider, Demütigung, aber auch eine Spur von Hass. Er schüttelte den Kopf
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