Ich will es hart
wissen. Du kannst Marina nicht haben. Alles hängt davon ab, ob sie dich haben will!«
Justin verstand kein Wort, tat aber so, als ob alles klar wäre. Schließlich stand Thalhammer auf, entnahm seiner Schublade einen Kalender, blätterte darin und schrieb dann etwas auf einen Notizzettel, den er Justin reichte.
»Die nächsten drei Tage ist sie noch in Barcelona, ich schreib dir die Tanzschule auf. Dann in Wien. Was sie danach vorhat, weiß ich nicht.«
In den folgenden Stunden las Justin wieder und wieder die Adresse des Hotels in Barcelona. Das Glück schien mit ihm zu sein. Im Flieger am nächsten Morgen um zehn Uhr war ein Platz frei gewesen. Er hatte seine Mitarbeiter informiert, dass er auf dem Weg in einen spontanen Kurzurlaub sei. Alle wussten, was zu tun war. Die Aufgabenverteilung funktionierte genauso, als ob er zu einer Geschäftsreise unterwegs war. Mit einem Unterschied. Er hatte ausdrücklich erklärt, dass er nicht erreichbar sein würde, auch nicht auf seinem Handy.
Er fühlte sich stark genug, Marina gegenüberzutreten, und zugleich schwach. Das Bild von ihr in seinem Kopf machte ihn unsicher. Noch wusste er nicht, was er zu ihr sagen sollte, ob er ihr offen gegenübertreten oder sich an sie heranschleichen würde. Nur eines wusste er genau: dass etwas geschehen musste. Irgendwie musste dieses eine Treffen ihm helfen, von ihr loszukommen.
Mit jedem Schritt, mit dem Justin sich der Tanzschule näherte, die auf Thalhammers Zettel stand, wuchs seine Nervosität. Sein Spanisch reichte kaum aus, um sich mit der resoluten Dame an der Kasse zu verständigen, aber so viel verstand er immerhin, dass er keine Eintrittskarte mehr bekam. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als die nächsten zwei Stunden entweder durch die Altstadt von Barcelona zu bummeln oder in einem Restaurant einzukehren. Er entschied sich für Letzteres, bestellte Paella und Wein, rührte das Essen letztlich jedoch kaum an. Alle fünf Minuten schaute er auf die Uhr, nur um festzustellen, dass die Zeit an diesem Abend quälend langsam verging. Die letzte halbe Stunde stand er unschlüssig in der Nähe des Eingangs und wartete. Sein Kopf war wie leergefegt, und falls er jemals einen Plan gehabt hatte, so war dieser zwischen den komplizierten Verknüpfungen seiner Gehirnzellen verlorengegangen.
Endlich sah er Marina, umringt von heißblütigen Spaniern. Kein Wunder, dass die Augen der Männer an ihr hingen, denn sie war attraktiver denn je. Zähneknirschend folgte Justin dem Pulk, der eine Nachtbar aufsuchte, nach zwei Stunden in kleinerer Runde in eine andere wechselte. Er suchte sich stets einen Sitzplatz, von dem aus er gut beobachten konnte, und starb fast vor Eifersucht, wenn einer der Männer Marina zu eng umarmte oder ihr etwas ins Ohr flüsterte.
Dann löste sich die Runde auf. Offensichtlich hatten alle bis auf einen eingesehen, dass sie nicht zum Zuge kamen. Mit diesem einen im Schlepptau steuerte Marina schließlich morgens um vier auf ein Hotel zu.
Justin trat ihr in den Weg.
»Hallo Marina. Schick ihn weg und nimm mich.«
Er wusste selbst nicht, was er da sagte oder was er erwartete. Es war, als stünde er neben sich und würde ferngesteuert. Adrenalin raste durch seine Adern. Er würde es nicht ertragen, dass sie vor seinen Augen mit diesem Kerl in ihrem Zimmer verschwand.
Marina kniff die Augen zusammen und schaute ihn prüfend an, dann, als sie ihn erkannte, erhellte sich ihre Miene. »Ah, da schau her. Ich hätte nicht gedacht, dich wiederzusehen.«
Der Spanier drängelte, machte einen unsicheren Schritt auf ihn zu, wirkte verärgert. Justin verstand kein Wort von dem, was der andere ihm entgegenschleuderte. Seine Alkoholfahne schwängerte die Luft.
»Du bist doch nicht meinetwegen hier, oder?«
Justin spürte, wie das letzte Quäntchen Selbstsicherheit, das er zu besitzen glaubte, rasend schnell dahinschwand.
»Doch«, krächzte er und hasste sich dafür, so ein jämmerliches Bild abzugeben.
Auf einmal stieß Marina den Spanier von sich, dieser stolperte und fing sich im letzten Moment. Er fluchte laut, ging auf Marina zu, doch ihr strenger Gesichtsausdruck und ein Schwall energischen Spanischs ließen ihn innehalten, erneut fluchen, dann drehte er ab und schwankte davon.
Sie wartete nicht ab, ob Justin ihr folgen würde, und betrat das Hotel. Es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als ihr hinterherzugehen.
»Hey, ich möchte mit dir reden.«
Sie lief die Treppe hinauf, schloss ihr Zimmer auf und ging
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