Ich Will Ihren Mann
deren Flüstern so deutlich verstand. David lachte und wechselte die Stellung, so daß nun das Mädchen über ihm lag. Er stemmte ihren Körper in die Höhe, ihr wogender Busen und der straffe Leib bogen sich zurück, und dochwiegten sich die beiden wieder im selben Rhythmus. Sie schüttelte das schwarze Haar aus dem Gesicht und lachte. Langsam, ganz langsam wandte sie den Kopf und sah Lilian in die Augen. Es war ihre Mutter. Mit einem Ruck saß Lilian aufrecht im Bett. Sie keuchte heftig und starrte mit weit aufgerissenen Augen ins Leere. David fuhr erschrocken hoch. »Mein Gott, Lilli, was ist los? Ist dir schlecht?« Sie blickte suchend in das entsetzte Gesicht ihres Mannes. Es war bleich vor Schreck.
»Lilli?« drängte er. »So sag doch was! Ist dir nicht gut?« Sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, daß sie mit David allein in ihrem Bett lag und daß alles, was sich zugetragen hatte, nur ein sonderbarer Traum gewesen war. »Ich hatte einen ganz verrückten Traum«, sagte sie langsam, so als könne sie es immer noch nicht fassen. »Du meine Güte«, seufzte David und ließ sich in die Kissen zurückfallen. »Ach, du meine Güte.« »Hör mal, ich hab's doch nicht mit Absicht getan«, verteidigte sich Lilian. »Puh, es war grauenhaft. Und so deutlich, in allen Einzelheiten.«
»Wie spät ist es?« fragte David und zog die Decke über den Kopf.
Sie schaute auf den Nachttisch neben ihrem Bett. Der Radiowecker war verschwunden. »Wo ist das Radio?« fragte sie aufgeregt. David schoß hoch und starrte auf das Tischchen zu seiner Rechten. »Was ist los mit dir? Hier steht's doch. Genau an seinem Platz.« Sie blinzelte hinüber. »Du lieber Himmel, erst fünf vor sechs! Ich hätte noch fünf Minuten schlafen können.« Er sah seine Frau besorgt an. »Gibst du mir die Chance, mich noch mal rumzudrehn und aufs Ohr zu legen?«
»Ich hätte wissen müssen, daß es bloß ein Traum war, als der Wecker auf der falschen Seite stand«, sinnierte sie und sah zu, wie David sich wieder in seine Decke wickelte.
»Daran hätte ich's erkennen müssen.« Sie legte sich neben ihn und kuschelte sich an seinen Rücken. »Ganz abgesehen von meiner Mutter.«
»Was murmelst du da?« kam seine Stimme dumpf aus den Kissen.
Es war eine Frage, die keiner Antwort bedurfte, ja, die sogar jegliche Erwiderung ausschloß, eine Warnung, ihn nicht noch einmal zu stören. Sie kannte den Tonfall. Er bedeutete: Sei still, und laß mich schlafen! Lilian versuchte, sich ihre Traumbilder in Erinnerung zu rufen, doch sie flohen aus ihrem Bewußtsein wie Seifenblasen, die im Wind zerplatzen. Als Davids Hand nach dem Radiowecker tastete und die Musik ausschaltete (Barbra Streisand und Barry Gibb sangen »Guilty«), da hatte der ganze Traum sich aufgelöst und war verflogen, bis auf ein Bild, das sich nicht auslöschen ließ: das Gesicht ihrer Mutter über Nicoles Körper - sie wußte, daß es Nicoles Körper war -, der mit dem Davids verschmolz.
David setzte sich auf und streckte sich. Lilian erwartete, daß er wie üblich schnell aus dem Bett springen und sie allein lassen würde, aber plötzlich fror sie, und sie fühlte, wie sich statt der warmen Decke ein Luftzug über ihren ganzen Körper breitete.
»Raus aus den Federn!« scherzte er und zerrte an ihren Armen. Ihr völlig entblößter Körper krümmte sich in instinktiver Abwehr zusammen. »Komm schon! Du hast mir fünf kostbare Minuten meines wohlverdienten Schlafs gestohlen. Dafür mußt du büßen.« Er ließ ihre Arme los und zog sie an den Füßen aus dem Bett.
»Was machst du da?« jammerte sie und trat nach ihm. »Hau ab! Du weißt doch, daß ich noch anderthalb Stunden Zeit hab'! Was soll das?« schrie sie und lachte wehrlos, als er sie auf den Boden zerrte. Seine Finger umspannten ihre Knöchel. »Was machst du denn? Wo willst du hin?« Sie öffnete die Augen, Lachtränen liefen ihr über die Wangen. Sie betrachtete seinen nackten Körper (prachtvoll,selbst um sechs Uhr morgens, dachte sie) und sah zu, wie er ihren nackten Körper (alles andere als prachtvoll, fand sie und versuchte, den Bauch einzuziehen) über den Schlafzimmerteppich schleifte. »Paß auf meinen Kopf auf!« jammerte sie, als er um die Ecke bog und sie in den Flur hinauszog. »Wo bringst du mich hin?« »Du mußt unter die Dusche«, antwortete er. »O nein!« protestierte Lilian und begann, sich ernsthaft zu wehren. »Nicht um sechs Uhr morgens. Nein!« brüllte sie nochmals, als David sie in das
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