Ich Will Ihren Mann
sie uns zusammen ...«
»Sie glaubt, ich verbringe den Tag mit einer Mandantin. Ich werd' ihr sagen, ich hätte dich grade nach Hause gebracht.«
Lilian spürte einen stechenden Schmerz in der Magengrube, und ihre Augen brannten. »Ich, deine Mandantin«, wiederholte sie dumpf.
»Aber Lilli, um Himmels willen, was soll ich ihr denn sagen? Daß ich den ganzen Tag lang bumsen würde wie 'n Preisbulle? Entschuldige. Es tut mir wirklich leid«, sagte er zerknirscht, und er wirkte ehrlich bestürzt. »Das war dumm von mir. Echt blöd. Aber weißt du, ich bin ein bißchen durcheinander. Es ist mir so peinlich ...« »Und erniedrigend«, setzte sie, ihre eigenen Empfindungen beschreibend, hinzu. »Und beschämend.« Er fuhr an den Straßenrand und hielt. »O Lilli, du brauchst dich doch nicht erniedrigt zu fühlen oder dich zu schämen. Dazu hast du wirklich keinen Grund. Ich liebe dich doch.« »Warum bist du dann so wild drauf, ihre Gefühle zu schonen? Warum denkst du nicht auch mal an mich?« Er gab keine Antwort. »Am besten bringst du mich jetzt heim, deine Frau erwartet dich sicher bald zu Hause, wo sie doch weiß, daß du fertig bist mit deiner... Mandantin.« »Was soll das heißen?« »Genau das, was ich gesagt hab'.«
»Laß den Quatsch, Lilli. Ich hab' weder die Zeit noch die Nerven zum Rätselraten. Sag', was los ist.« »Ich will bloß heim«, antwortete sie tonlos. »Und warum? Was steckt dahinter?« »Ich bin müde und gekränkt und gedemütigt, und ich schäme mich, weil ich's trotz allem nicht fertigbringe, dir zu sagen, du sollst dich zum Teufel scheren. Das steckt dahinter. Und daß ich dich immer noch mehr liebe als hasse, und daß ich immer noch verrückt nach dir bin.« Sie holte tief Luft. »Weißt du was? Ich nehm' mir 'n Taxi. Ich muß jetzt einfach allein sein.« Sie öffnete die Wagentür und stieg aus. Er versuchte nicht, sie zurückzuhalten. »Ich fühl mich wie 'n mieses Schwein, wenn du so redest«, sagte er.
»Du bist 'n mieses Schwein.«
»Ich ruf dich an«, rief er ihr nach und wartete, bis sie ein Taxi gefunden hatte.
Laß es bleiben, hätte sie gern zurückgeschrien, aber sie wußte, daß sie nicht die Kraft dazu hatte; und er wußte es auch.
»Hallo, kann ich bitte Irving Saunders sprechen?« Lilian preßte den Hörer fest ans Ohr. Während sie auf die Verbindung wartete, glitt ihr Blick skeptisch hinüber zu der winzigen Eßecke und blieb auf dem Tisch haften, an dem sie heute abend das Festessen servieren wollte. Wie sollte sie bloß neun Leute an einem Vierertisch unterbringen? »Wie bitte? Entschuldigen Sie, ich hab' nicht ganz verstanden. Oh, mir war gar nicht bewußt, daß es noch so früh ist.« Sie schaute auf die Küchenuhr. »Wann kommt er ins Büro? Umelf?« Es war erst Viertel nach neun. »Schön, ich versuch's später noch mal. Oder nein, warten Sie. Bitten Sie ihn doch, so bald wie möglich Lilian Plumley, nein, ich meine Lilian Listerwoll anzurufen. Listerwoll«, wiederholte sie und buchstabierte langsam und deutlich, so als wolle sie nicht nur der Stimme am anderen Ende, sondern auch sich selbst klarmachen, daß es wirklich ihr Name war. Es kommt mir vor, als wär's eine Ewigkeit her, dachte sie, als sie der Sekretärin ihre Telefonnummer durchgab. »Es ist dringend«, sagte sie noch, ehe sie auflegte. Sie blickte sich um. Der Kuchen war im Backofen; den Salat brauchte sie bloß noch zu mischen; aber sie mußte noch die Einkäufe erledigen. Vielleicht am besten gleich, ehe Irvings Rückruf kam. Nein, sie konnte ja nicht weggehen, solange der dämliche Kuchen im Rohr war... Ihre Augen wanderten zurück zum Eßtisch. Am besten deck' ich ihn schon mal probeweise. Lilian zog die Schublade heraus, in der sie das Besteck aufbewahrte, und starrte auf die ordentlich sortierten Fächer mit Gabeln, Messern und Löffeln. »Neun Personen«, sagte sie laut vor sich hin und blickte über die Schulter zurück auf den winzigen Teil des L-förmigen Wohnraums, der sich als Eßzimmer gerierte. Zur Not könnte man vielleicht sechs Leute an dem kleinen Tisch zusammenpferchen. Aber neun? Warum hab' ich mir das nicht vorher überlegt?
Entmutigt lehnte Lilian im Türrahmen. Wo sollte sie bloß neun Personen unterbringen? Zum Glück machte ihr Bruder mit seiner Frau Urlaub in Florida (»Wer um alles in der Welt fährt im Sommer nach Florida?« hatte ihre Mutter wiederholt gefragt, seit die beiden abgereist waren), sonst hätte sie sich mit elf Personen herumschlagen müssen.
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