Ich Will Ihren Mann
Vielleicht könnten wir alle zusammen zu Elaine gehen, dachte sie. Schließlich hat das Haus auch mal David gehört. (»Gib ihr um Himmels willen alles, was sie verlangt«, hatte sie ihn gedrängt. »Hauptsache, wir haben's so schnell wie möglich hinter uns und können endlich unser eigenesLeben anfangen!«) Na wennschon, damals hatte das sehr vernünftig geklungen.
Lilian durchquerte die Eßecke und sah sich im Wohnzimmer um. Es war einigermaßen geräumig, oder wenigstens erweckte die große Fensterfront den Anschein. Der Raum lag nach Süden, mit Blick auf den Grant Park, und sie hatten eine herrliche Aussicht auf den prachtvollen Buckingham-Brunnen. Bei dem Mietpreis kann man auch 'ne schöne Aussicht erwarten, dachte sie. Die Wohnung hatte zwei Schlafzimmer, von denen sie eines als Arbeitsraum benutzten. Doch Lilian hatte insgeheim gehofft, daß sie eines Tages den Fernseher, die alte, schäbige Schlafcouch und den Ledersessel mit einer Wiege und einem Wickeltisch vertauschen würde. Der Gedanke war ihr unangenehm, denn er erinnerte sie daran, daß sie Beths Rat, sich mit David auszusprechen, immer noch nicht befolgt hatte. Also versuchte sie sich abzulenken und ordnete die Kissen auf der eleganten Polstergarnitur. Ich könnte sie alle hierhersetzen, schoß es ihr plötzlich durch den Kopf. Sie zählte die Sitzgelegenheiten. Drei aufs Sofa, zwei in die Ohrensessel, und dann könnte ich noch die vier Eßzimmerstühle dazustellen. Großartig. Sie würde ein Büffet anrichten, und jeder konnte sich selbst bedienen. Hoffentlich würde niemand Boeuf Stroganow auf den weißen Berber kleckern. Als sie in die Küche zurückging, war sie so in Gedanken versunken, daß sie über ihre neueste Errungenschaft, eine moderne Plastik, stolperte. Es war ein quadratisches Objekt, in dem vertikale, bewegliche Stahlelemente melodisch gegen festverankerte, horizontale Stifte schlugen. (»Was ist das? 'ne Art Luftbefeuchter?« hatte ihre Mutter gefragt.) Die feinen Stahlstifte verhedderten sich ineinander, und Lilian bemühte sich geraume Zeit vergeblich, sie zu entwirren. Das wird David in Ordnung bringen müssen, entschied sie, richtete sich auf und ging in die Küche. Hoffentlich kommt er nicht zu spät zu seiner eigenen Party. Bisher war er jedesmal, wenn sie ihre Eltern eingeladenhatte, spät nach Hause gekommen, was ihren Vater veranlaßte, sich laut und vernehmlich darüber zu wundern, wann Lilian ihren Mann wohl zu Gesicht bekäme. (»An Wochentagen arbeitet er bis nachts um zehn«, hörte sie ihn sagen. »Und er arbeitet sogar samstags und sonntags. Wann hat er denn mal Zeit fürs Privatleben?«) Lilian blockte solche Fragen (Anklagen?) in der Regel mit der Erklärung ab, die David ihr gegeben hatte, und sagte, ihr Mann sei momentan etwas überlastet, doch das sei nur vorübergehend. Aber wie lange dauert es, bis aus einer vorübergehenden Situation ein Dauerzustand wird? In ihren beiden ersten Ehejahren hatte er selten länger als bis sieben gearbeitet. Zu der Zeit war sie selbst unheimlich beschäftigt gewesen. Oft hatte sie bis spätabends im Studio zu tun, und wenn sie heimkam, wartete er schon ungeduldig auf sie. Sie ließen sich eine Pizza kommen, und David zog sie damit auf, daß ihr Beitrag zu den Mahlzeiten sich darauf beschränke, einen Tisch zu bestellen. Wie kam es also, daß sie plötzlich Boeuf Stroganow und Heidelbeerkaltschale machte?
Das Telefon klingelte. Lilian nahm den Hörer ab. »Hallo?«
»Lilian?« Die Stimme war tief und männlich, und ihr Klang versetzte Lilian in die Vergangenheit zurück. »Irving?« rief sie fröhlich.
»Du klingst so überrascht. Hast du denn nicht angerufen? Man hat mir ausgerichtet, daß du mich sprechen wolltest.«
»Stimmt. Ich hab' angerufen. Aber man sagte mir, du kämst nicht vor elf ins Büro.«
»Es wurde mir zu langweilig, zu Hause dem Baby beim Schreien zuzuhören«, erklärte er mürrisch. »Da setz' ich mich schon lieber an den Schreibtisch.« »Baby?! Irving, ich wußte gar nicht, daß ihr ein Kind habt!« »'nen Jungen. Er ist schon sechs Monate.«
»Aber das ist ja wunderbar. Wie geht's Cindy?« »Gut. Ihr geht's ausgezeichnet. Sie geht ganz auf in ihrer Mutterrolle.« »Und du?«
»Ach, weißt du, Janet und ich, wir hatten ja schon vier Söhne, da war's für mich nicht mehr ganz so aufregend.« »Und sonst?« fragte sie. »Wie geht's sonst?« »Wunderbar. Könnte nicht besser sein. Der Sender treibt mich zur Verzweiflung wie gewöhnlich. Aber was ist
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