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Ich will keine Blaubeertorte, ich will nur raus

Ich will keine Blaubeertorte, ich will nur raus

Titel: Ich will keine Blaubeertorte, ich will nur raus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Heim
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so zu rechnen, wenn ich von drüben bezahlen würde, also man kugelte sich und beneidete mich. Und Komplimente hörte ich, wie hübsch ich aussähe mit der Frisur.
    (Die deine ist übrigens endlich mal kleidsam, und wie hübsch ist der markierte spitze Einschnitt in die Stirnmitte!) Ich hatte mir eine hinten hochgekämmte Frisur, mit Locken auf dem oberen Kopf gemacht, steht mir gut; und nach dem Beifall werde ich mir vom Frisör die Form richtig einrichten lassen, die Haare kriegt man noch geschnitten. Ich fahre dazu in die Kurfürstenstraße, vis-à-vis Eden . Ich kann bloß die Tortur der Dauerwellen nicht aushalten. Also, Puppchen, nur gesund, ich hatte toi, toi, toi, heute einen guten Tag, möge er ein gutes Omen für die Zukunft sein.

    Berlin, den 28.

Mai 1941
    Liebste Ille,

    also es geht los mit Massel!
    Ich war gestern auf dem Hilfsverein [Hilfsverein der Juden in Deutschland: Institution zur Unterstützung der Auswanderung nach Übersee], und nach Pfingsten wird hoffentlich dorthin die Bestätigung der Bezahlung eintreffen, denn ich bin sicher, dass mir das Louise prompt erledigt. Dann beantrage ich einen Pass, und alle nötigen Schritte kommen ins Rollen. Zuerst muss ich, wenn das Geld eingezahlt ist, erfahren, wann ich auf einen Platz rechnen kann.
    Hoffentlich zum Herbst […] Hoffentlich ist Onkel Willi bald reisefertig und alles geht schnell in Ordnung. Bitte schreibe ihm genau von mir, und er möchte auch mir Nachricht geben. – Dass ich zu Dir kann, ist ausgeschlossen. Die Sammeltransporte nach Lissabon bedingen das. Aber vielleicht kannst Du es erfragen, ist ja noch lange hin. Sieh erst mal zu, schnellstens Deine Arbeit zu beenden. Die Wohnungsauflösung danach ist auch noch eine große Last, aber bei den steigenden Preisen und Knappheit an Material wird es nicht ungünstig sein.
    B[endix] war bei mir, und ich bestellte ihm Deine Grüße etc. Meine Frage, was seine Mühe kosten würde, konnte er mir nicht sagen, es käme auf die notwendige Zeit an. Wegen Passagebuchung hatte er immer noch nichts getan, wo doch das Konsulat erst mal als Erstes diese vorgelegt haben will, wie es mir schrieb. Da ich ja nun noch vorläufig Zeit genug habe, schlug ich B. vor, meinerseits zum Hilfsverein zu gehen, dort, wie meistens alle, meine Auswanderung in Bearbeitung zu geben. Mit meiner guten Unterstützung von USA ist mein Fall kein schwieriger mehr, denn ich gebrauche gottlob den Hilfsverein nicht finanziell, nur dann kommt man dort nicht vorwärts.

    Berlin, den 7.

Juni 1941

    Gestern habe ich die Meissener Tassen aus der Vitrine und verschiedenen Schmonzes für ca.

100

M. verkauft und werde auch für das Mobiliar, das mir ein Kommissionär verkaufen wird (gegen 10

%) ganz gute Preise kriegen. Nur raus, so schnell als möglich, aber vor Sept. bin ich nicht fertig und werde auch früher keine Passage haben. Was ist mit Onkel Willi? Es sollen doch dort so viele ins Konzentrationslager gekommen sein. Gott behüte, er nicht, geht er denn nun nach New York?
    Die Antwort auf Maries Frage liegt in Ilses Briefkasten:

    WILLI EISENBERG
CAMP DE LA VISCOSE, BARAQUE 6
ST. ANTOINE PAR ALBI (TARN)

    20.

Mai 1941
    Ma bien aimée Illemaus,

    enfin j’ai la possibilité de te donner un signe de vie.
    Seit meiner erneuten Internierung habe ich sehr harte und bittere Wochen durchlebt. Besonders beschwerlich waren die beiden zurückliegenden Wochen, in denen wir – immer auf der Flucht vor den deutschen Truppen – von einem Lager ins nächste, quer durch Frankreich transportiert worden sind. Wir wurden wie Sardinen in Viehwaggons gepfercht oder mussten tagelang zu Fuß marschieren. Ich habe auf dieser Reise fast mein ganzes Gepäck »abwerfen« müssen.
    Nun warten wir auf unsere Befreiung. Aber was mache ich dann? Ich werde nicht nach Croissy zurückkehren können, wo ich immerhin noch die »schönen Überbleibsel« meiner Habe vorfinden könnte.
    Wie Du Dir denken kannst, bin ich sehr geschwächt und auch sehr verzweifelt. Gibt es denn keine Möglichkeit, mit der Hilfe eines jüdischen Komitees in die Schweiz zu gelangen?
    Marie ahnt noch nichts von Willis Schicksal. Ihre Euphorie über die »1a Verwandtschaft« hält an:

    Berlin, den 10.

Juni 1941

    Aber bevor ich auf Deinen Brief näher eingehe, muss ich doch schnell erwähnen, dass ich heute Vormittag eine Passage für den 12.

Sept. fest gebucht habe, II. Klasse auf der Niosser ab Lissabon, ein […] gutes Schiff. Dieses Papier ist vor

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