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Ich will keine Blaubeertorte, ich will nur raus

Ich will keine Blaubeertorte, ich will nur raus

Titel: Ich will keine Blaubeertorte, ich will nur raus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Heim
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allem für das amerikanische Konsulat, welches mir doch schon am 17.

Mai schrieb, dass eine zum bestimmten Termin belegte Passage vorzuzeigen ist und erst dann meine Sache berücksichtigt werden kann. Diese Bescheinigung habe ich heute gleich erst zum Fotokopieren gegeben, weil ich das Original nicht aus den Händen gebe, und morgen geht es mit einem Schreiben an den Konsul, worin ich um einen baldigen Arzttermin zur Erteilung des Visums bitte.
    Mit Bendix bin ich gar nicht überworfen; habe ihm eben geschrieben, dass ich eine Passage gebucht habe und er mich besuchen möchte. Bei seinem letzten Besuch bat er um Auslagen v. 30

M., die ich ihm sofort gab. Der Zweck seiner Bekanntschaft mit mir war für mich s. Zt. Hilfe für schnelles Fortkommen und wegen der hohen Quoten-Nummer. Letzteres Hindernis besteht aber inzwischen nicht mehr bei 1a Papieren, wie ich sie habe.
    Also 12.

September, mein Gutes, wenn mein Stern mir hold ist, bin ich vielleicht gar vordem bei Dir und feiere Deinen Geburtstag mit Dir! In diesen Tagen gehe ich zum Hilfsverein (noch keine Bestätigung über Louises Zahlung dort eingegangen, aber es dauert dahin immer so, da die Kabel gesammelt werden).
    Wenn meine Passbilder gut geworden sind, schicke ich eines.
    Mitte Juni erlässt das State Department in Washington das »close relatives edict«. Damit verschärfen sich die Bedingungen zur Einreise in die USA drastisch. Maries Papiere werden über Nacht wertlos.

    Berlin, den 18.

Juni 1941
    Liebste Ille,

    aus der Traum! Es gibt bis auf Weiteres keine Visa. Ich bin also wieder mal »ferner liefen«, wie man so sagt. Was nun? Wie ich heute morgen auf die [jüdische] Auswanderungsstelle kam, um meine Steuerbescheide abzugeben, unterhielt ich mich lange mit dem Herrn über den neu eingetretenen Fall und beriet mich mit ihm dahingehend, dass jetzt nur zu Dir meine Zuflucht sein könnte, was er nicht für unmöglich hält und auch Bearbeitungen mit Erfolg in seiner Praxis hatte, allerdings waren die Anfordernden Schweizer.
    Er riet mir, jetzt erneut von Deiner Seite anhand Deiner Beziehungen eine Einreise[erlaubnis] für mich nach Bern zu richten. Wie und durch wen das zu machen ist, weißt Du ja selbst. Es hängt nur von dort ab, denn der Herr sagte, dass man von hier aus keine Schwierigkeiten machen wird, da es ein neutrales Ausland sei. Also versuche noch einmal mit allen Dir zu Gebote stehenden Mitteln, mir meine Reise zu ermöglichen, sonst weiß ich nicht, was werden soll. Erleichtert und 100

% verwirklicht wird das Gesuch natürlich, wenn Du Schweizerin bist, und ich hoffe, dass das jetzt eine Selbstverständlichkeit werden wird. Jede weitere Bemerkung erspare ich mir in Anbetracht meiner Verfassung, denn Du kannst Dir ja wohl vorstellen, wie mir zumute ist? Und Onkel Willi wird natürlich nun ebenfalls festsitzen. Ob Leute mit erteilten Visen ab Lissabon evtl. weiterkommen, ist auch fraglich, morgen werde ich zu Zorniganski gehen, um mich zu erkundigen, ob diese nun noch abfahren mit ihrem Sammeltransport.
    Ja, ja, es ist eine Freude, zu leben, kann man wohl sagen, und doch gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass vielleicht Du es noch für mich schaffen wirst, und es kommt nur auf Dich an, und wenn Du persönlich an den Bundespräsidenten ein Bittgesuch machst. […] Kann Sommer da seinen Einfluss nicht verwenden? Oder Edgar? Depots aus USA zu stellen ist ja nun ebenfalls wohl unmöglich, oder doch in die Schweiz? Was vielleicht Mrs.

Mills für mich tun würde, wenn es davon abhängen sollte? Jedenfalls kümmere Dich sofort bitte energisch um dieses Gesuch und lass es von der Stelle befürworten, die auf Erfolg schließen lassen kann: Ausgeschlossen ist es wie gesagt nicht, da vor nicht langer Zeit Juden dahin einreisten. Jetzt muss ich zur Paketpost in der Pfalzburger Str., mir mein Paket aus Freiburg abzuholen, denn man muss sich alle Pakete selbst holen wegen Wagen- und Personalmangel. Bin schon neugierig, was alles drin ist, bin aber sicher, dass mir die Schneiderin die Sachen sehr brauchbar ändern wird.
    Herzl. Dank, Puppchen, schreibe Dir morgen Näheres darüber.
    Bleibe mir gesund und versuche noch einmal, Deine Mutter zu retten.

    Mit innigsten Küssen –
Deine Mutti

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    »Hoffentlich bist Du gesund und befreit von den Männern. Mit herzhaften Küssen, Deine Mutti«
    MARIE AM 28.

APRIL 1941
    Am 31.

Mai 1941 – inmitten der euphorischen Postsendungen Maries – liegt ein neuer Mann in Ilses Briefkasten:

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