Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
hatten noch gar nicht über den gestrigen Nachmittag und das, was zwischen ihm und Ethan vorgefallen war, gesprochen. Und Nash hatte keine Lust gehabt, darüber nachzudenken.
Doch nun war er gezwungen, es zu tun, und die Antwort fiel interessant aus. Seit er Ethan geschlagen hatte, war ein Großteil seines verzehrenden Hasses verraucht. Zurückgeblieben waren eine seltsame Leere in seiner Brust und noch mehr Verwirrung als bisher. Alles in allem fühlte es sich jedoch besser an als der Groll, mit dem er so viele Jahre gelebt hatte.
Florence lächelte. »Das freut mich zu hören. Familie ist und bleibt Familie.« Genau das hatte sie ihm immer wieder gepredigt.
»Ja, das ist toll«, sagte Kelly, und in Anbetracht ihrer aufrichtig wirkenden Freude darüber wurde Nash warm ums Herz. Er wusste, wie sehr sie sich – nicht nur für Tess, sondern auch für ihn – wünschte, er möge sich mit Ethan versöhnen.
Weil ihr etwas an ihm lag.
Er bekam keine Gelegenheit mehr, noch länger darüber nachzudenken, denn Florence sagte: »Tja, ich muss morgen früh raus – ich leiste Freiwilligendienst im Altersheim, und meine Schicht fängt um acht an. Wenn es euch also nichts ausmacht … «
»Ich helfe noch beim Aufräumen«, erbot sich Kelly sogleich.
Doch Florence schüttelte den Kopf. »Du hast bereits die Teller in den Geschirrspüler geräumt. Der Rest kann warten, bis morgen früh meine Haushälterin kommt.«
Wenn sie das sagte, dann meinte sie es auch so. Nash hatte sie seit jeher für ihre Eigenschaft bewundert, keinen Stress aufkommen zu lassen und trotzdem alles unter einen Hut zu bringen.
»Aber … «
»Lass gut sein, Kelly.« Nash erhob sich, weil er wusste, es würde ohnehin nichts nützen, wenn sie Einwände erhob. Er nahm ihre Hand, um ihr zu signalisieren, dass sie ihm folgen sollte.
»Also, gut, wenn Sie wirklich meinen … «
»Das tue ich«, sagte Florence.
»Das tut sie«, sagte Nash in derselben Sekunde, und sie lachten alle drei.
Beim Abschied beteuerte Florence, es habe sie sehr gefreut, dass Kelly mitgekommen sei. Nash konnte selbst noch nicht so recht fassen, dass er Kelly eingeladen hatte. Abgesehen von Annie hatte er den Rossmans keine seiner weiblichen Bekanntschaften vorgestellt. Doch der heutige Abend war äußerst angenehm verlaufen, und die Reaktion seiner Mutter zeigte ihm, dass er richtig gehandelt hatte, als er Kelly gebeten hatte, ihn zu begleiten.
Die Fahrt zu Kellys Wohnung dauerte nicht lange; in Serendipity lag eben alles ziemlich nah beieinander. Nash parkte seinen Wagen hinter Joes Bar, stellte den Motor ab und stieg aus, um Kelly zur Tür zu bringen.
Inzwischen wurde es jeden Tag kühler, und er legte ihr den Arm um die Taille – natürlich nur, um sie zu wärmen. Wer’s glaubt, wird selig, dachte er. Er verzehrte sich nach ihr, hatte aber keine Ahnung, wie der Abend enden würde.
Ihre Wohnungstür befand sich am Ende einer langen Treppe, die zumindest von einer hellen Lampe ordentlich beleuchtet wurde. Er musste sich also keine Gedanken machen, wenn sie nachts alleine nach Hause ging.
Er sah sie an und konnte kaum fassen, wie sehr er sie begehrte. »Danke, dass du mitgekommen bist«, sagte er. »Ich weiß, es gibt interessantere Arten, den Abend zu verbringen.«
Sie blinzelte. »Warum sagst du das? Ich habe in diesen paar Stunden mehr über dich erfahren als in all der Zeit davor.«
Ihr vielsagendes Grinsen machte ihn nervös. »So? Was denn?«
»Ach, das behalte ich lieber für mich.« Kelly schob den Schlüssel ins Schloss. »Dann hast du mal etwas zum Grübeln.« Sie lachte und öffnete die Tür.
Er folgte ihr nicht hinein, sondern verharrte zögernd an der Schwelle. Den ganzen Abend über hatte er sie beobachtet und seine Sehnsucht nach ihr genährt. Hatte das Warten nun ein Ende?
»Nash?« Kelly schlüpfte aus dem Mantel und stellte ihre Tasche auf einem Stuhl ab. »Was ist los?«
»Naja, jetzt, wo ich weiß, dass du sicher zu Hause angelangt bist, sollte ich wohl gehen.« Er fragte sich immer noch, ob sie wollte, dass er blieb.
Zumal seine Gefühle für s ie heute Abend eine neue, er schreckende Dimension erreicht hatten, nachdem er gesehen hatte, mit welcher Leichtigkeit sie sich in seinen verschiedenen Leben zurecht fand – in dem als Barron-Bruder, und in dem als Adoptivsohn wohlhabender Eltern.
» Willst du denn gehen?«, fragte Kelly heiser.
Ihre Bluse war von demselben Zartrosa wie ihre Wangen, und als sie nun begann, einen Knopf nach dem anderen
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