Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
Kelly rief sich den gestrigen Vormittag in Erinnerung, als Nash ihr gesagt hatte, dass es ihm nichts mehr ausmachte, wenn seine Ex einen neuen Verehrer hatte. Sie dachte daran, wie überrascht er selbst gewesen war, und wie er danach über sie hergefallen war und sie auf dem Schreibtisch im Hinterzimmer der Kanzlei geliebt hatte.
»Gott sei Dank«, stieß Annie erleichtert hervor. »Ich bin echt froh darüber, und du sicher auch.«
»Oh, ja.« Kelly hatte nicht vor, sich in Details zu ergehen, schon gar nicht im Gespräch mit Nashs Ex-Frau. »Und wie war dein Date mit Joe? Was wurde aus der Frau, die behauptet hat, sie bräuchte keinen Babysitter?«
»Sie ist ein Häufchen Elend und hat klein beigegeben.« Annie lachte. »Das Date hatte ich total vergessen. Als er mich neulich Abend abholen wollte, bin ich ihm quasi bewusstlos in die Arme gesunken. Und stell dir vor, als ich am nächsten Tag aufgewacht bin, war er immer noch da – er lag neben mir im Bett!«
Kelly quietschte begeistert auf. Wie gut, dass Annie einen so fürsorglichen Verehrer wie Joe hatte!
»Aber ich will nicht, dass er nur aus Mitleid mit mir zusammen ist, oder weil er meint, dass ich nicht allein zurechtkomme.«
»Mit Mitleid hat das garantiert nichts zu tun«, versicherte ihr Kelly. Ihr war nicht entgangen, wie Joe ihre Freundin angesehen hatte. Er war bis über beide Ohren in sie verschossen.
»Jedenfalls möchte ich, dass er auch die andere Annie kennenlernt – die, die nicht tagelang das Bett hüten muss. Ich würde ihn gern überraschen, ich weiß nur noch nicht genau, wie. Es soll eine Entschädigung sein, weil ich unser Date vergessen habe, und ein Dankeschön dafür, dass er für mich da war.«
»Hast du schon irgendeine Idee?«
»Nein. Es soll etwas sein, mit dem er nicht rechnet.«
»Der Mann ist zu beneiden.« Kelly lachte. »Und für wann hast du diese Überraschung geplant?«
»Wenn ich das wüsste.« Annie seufzte erneut. »Ich muss abwarten, bis es mir wieder besser geht.«
Sie unterhielten sich noch ein paar Minuten über Richard, dann versprach Kelly, sich später noch einmal zu melden und beendete das Gespräch.
Mittlerweile war es kurz vor neun; die Arbeit rief. Auf dem Weg in die Kanzlei legte sie einen kurzen Zwischenstopp im Cuppa Café ein, und wenig später setzte sie sich mit ihrem Becher Kaffee ins Archiv und öffnete den ersten Karton. Sie würde sämtliche Akten durchsehen, um zu prüfen, ob sie vollständig und ordentlich beschriftet waren, ehe sie sie in chronologischer Reihenfolge in eine neue, stabile Box schichtete.
Die Zeit verflog. Als ihre Beine zu schmerzen begannen, sah sie auf die Uhr und stellte überrascht fest, dass es gleich halb eins war. Sie spähte in die Schachtel, die nur noch einen kleinen Stapel Unterlagen enthielt. Die würde sie sich noch vorknöpfen, und nach der Pause konnte sie sich dann mit frischem Elan an den nächsten Karton machen.
Als sie nach dem Stapel griff und ihr Blick den Namen streifte, der auf dem Deckblatt stand, setzte ihr Herz einen Takt aus. Sie blinzelte und las ihn ein zweites Mal.
Barron.
Kelly begann die Unterlagen durchzublättern, wie sie es auch bei allen anderen Akten getan hatte, um sicherzugehen, dass alles zu ein- und demselben Fall gehörte. Doch sie kam nicht umhin, sich diesmal etwas mehr auf den Inhalt zu konzentrieren.
Richard Kane war bis kurz vor Ethan Barrons Verhaftung Bezirksstaatsanwalt von Serendipity gewesen und hatte wenig später seine Kanzlei eröffnet. Kelly wusste, dass er den drei Jungs hatte helfen wollen – er hatte ihr erzählt, er habe sich mit ihnen identifizieren können, weil er früher selbst ein ziemlicher Rowdy gewesen sei. Eigentlich ging es in den meisten Akten, die sie bis jetzt durchgesehen hatten, um Jugendliche, die sich irgendwelche Schwierigkeiten eingehandelt und Hilfe benötigt hatten. Da Richards Vater erfolgreich im Immobiliengeschäft tätig gewesen war, hatte es sich Richard leisten können, mittellose Klienten kostenlos zu vertreten, wofür ihn Kelly sehr bewunderte.
Die Barron-Brüder hatten also auch zu seiner Klientel gehört. Sie wusste zwar von Nash, dass sich Richard für ihn eingesetzt hatte, aber die Details waren ihr bislang nicht bekannt gewesen. Jetzt lagen sie alle vor ihr. Kelly hatte Bedenken, rief sich dann aber in Erinnerung, dass sie alle anderen Akten ja auch ohne zu zögern durchgeblättert hatte.
Sie atmete einmal tief durch, dann klappte sie die Mappe auf und begann die
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