Ich will nur dein Glück: Roman (German Edition)
Unterlagen zu studieren. Als sie fertig war, konnte sie nicht fassen, was sie da eben gelesen hatte. Sie hatte Dinge erfahren, von denen vermutlich nicht einmal Nash wusste, und ihr war klar, dass die Informationen, die sie nun hatte, seine Perspektive nachhaltig verändern würden.
Nashs erste Amtshandlung an diesem Vormittag bestand darin, Bill Manfredi zum Junior Partner zu ernennen. Bill war wie erwartet hocherfreut und nahm das Angebot dankend an, und Nash war überzeugt, dass sie beide von diesem Schritt profitieren würden. Schon das Bewusstsein, dass er von nun an nicht mehr die alleinige Verantwortung für die Vorgänge in seiner Kanzlei trug, war eine ungeheure Erleichterung.
Gegen Mittag rief Kelly ihn an und bat ihn, er möge sofort zu ihr kommen. Sie klang ziemlich aufgeregt, und da das eher ungewöhnlich für sie war, ließ Nash alles stehen und liegen und machte sich auf der Stelle auf den Weg.
Kaum hatte er Richards Kanzlei betreten, da wurde er sich Kellys Anwesenheit auch schon überdeutlich bewusst. Ihr Geruch stieg ihm in die Nase und weckte Erinnerungen an das, was sie gestern hier getan hatten. Doch jetzt war er nicht hier, um mit ihr zu schlafen, auch wenn sein Körper zu allen Schandtaten bereit gewesen wäre.
»Kelly?«, rief er.
»Ich bin hier hinten.«
Er begab sich ins Archiv, wo sie am Schreibtisch saß, vor sich einen Stapel Akten.
»Was gibt’s?«, fragte er.
Sie trommelte mit den Fingernägeln auf die Mappe. »Richard hat dich doch gebeten, mich bei der Arbeit zu unterstützen, falls es nötig sein sollte, richtig?«
»Richtig. Bist du auf ein Problem gestoßen?« Er legte das Sakko ab und breitete es über eine Kiste mit Akten.
Kelly schüttelte den Kopf. »Im Moment kümmere ich mich nicht um die aktuellen Fälle, sondern archiviere alte Akten.«
Nash runzelte die Stirn. Dabei würde sie wohl kaum seine Hilfe benötigen.
»Einige dieser Fälle sind noch aus den 1980er Jahren.«
»Und?« Nash wusste noch immer nicht, worauf sie hinauswollte oder warum sie ihn zu sich gebeten hatte.
Sie holte tief Luft. Ihre Anspannung übertrug sich auch auf ihn; er spürte, wie er feuchte Hände bekam.
»Nehmen wir mal an, ich hätte Bedenken, dir eine Akte zur Durchsicht zu übergeben, bei der es keinerlei Verbindung zu einem aktuellen Fall gibt«, sagte Kelly. Die Verwendung des Konjunktivs ließ Nash aufhorchen.
Als Anwalt wurde er laufend mit Hypothesen konfrontiert, aber diesmal hatte er dabei ein ungutes Gefühl.
»Aber es wäre etwas anderes, wenn ich bei der Archivierung all dieser Akten deine Hilfe benötigen würde und wenn du im Zuge dessen die entsprechenden Akten überfliegen müsstest, um sicherzugehen, dass sie sich in der richtigen Mappe befinden. Dann wäre das einfach ein Teil der zu erledigenden Arbeit.«
Sein Blick wanderte von ihrer besorgten Miene zu der Mappe, die vor ihr auf dem Tisch lag und die sie nach wie vor mit einer Hand bedeckte. Diese Mappe enthielt ganz offensichtlich Unterlagen, die er sich anschauen sollte, aber Kelly zögerte, sie ihm auszuhändigen, weil es sich um vertrauliche Inhalte handelte.
»Hab ich recht?«, fragte sie.
Er nickte. Sie versuchte, ihn auf die Spur einer wichtigen Information zu bringen, aber er sollte selbst herausfinden, worum es ging. »Was auch immer in diesen Unterlagen steht, dir wird kein Schaden daraus entstehen, dass du sie mir überlassen hast«, versprach er ihr. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, obwohl er keinen blassen Schimmer hatte, was ihn erwartete.
»Okay.« Sie atmete aus. »Dann lege ich jetzt eine Pause ein und lasse dich allein. Ich bin nebenan, falls du mich brauchst.« Sie trat näher und legte ihm eine Hand auf die Wange. »Und ich glaube, das wirst du«, flüsterte sie, ehe sie hinausging.
Mit einem flauen Gefühl im Magen nahm Nash die Mappe zur Hand und setzte sich.
Das Schild auf der Vorderseite war mit seinem Nachnamen beschriftet. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, als er die Mappe aufschlug. Er starrte auf die erste Seite, auf der es um Ethans Verhaftung ging. Den Gerichtsunterlagen folgte ein zusammengehefteter Stapel Briefe und Notizen, aus dem hervorging, dass Richard Ethan angeboten hatte, ihm bei der Suche nach einem Arbeitsplatz sowie einer Unterkunft für ihn und seine Brüder behilflich zu sein. Doch Ethan war untergetaucht, sodass sich der Staat um Dare und Nash hatte kümmern müssen, wie Nash bestens bekannt war. Auch das war umfassend dokumentiert.
Nash
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